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Feb.2008

 

Februar 2008

29.02.08

Der Linkspartei geht es momentan prächtig. Nach der Wahl in Hamburg scheint es wirklich zum allgemeinen Trend zu werden, dass sie zukünftig als 5te Partei auch in den westlichen Landesparlamenten vertreten ist.
Die anderen Parteien sind stinksauer. Sie wollen mit Ekel im Gesicht die Linke auch nicht mit spitzen Fingern anfassen, so ähnlich, wie die junge Prinzessin den nassen Frosch.

Man kann nun wirklich nicht sagen, dass die Linke mit einem schlüssigen politischen Konzept aufgefallen wäre. In erster Linie sagt sie nein, und dies ist schon der größte Programmpunkt. Ansonsten bietet sie Rezepte, die auch von der SPD schon mal eifrig proklamiert wurden, vor längerer Zeit, bis hin zu Ideen aus dem sozialistischen Lager. Sie will mehr soziale Gerechtigkeit, indem die Hartz4-Gesetze gestrichen werden sollen, sie ist gegen den Einsatz der Bundeswehr im Ausland und sie will die Reichen sehr viel stärker zur Kasse bitten, und dieses Geld dann in irgend einer Form den Schwächeren zu Gute kommen lassen.

Warum aber entwickeln die anderen Parteien keine besseren Argumente gegen diese neue politische Gruppe, als die bloße Stigmatisierung unter Hinweis auf die SED- und DKP-Vergangenheit?
Auch im Politischen Feuilleton von gestern auf Deutschlandradio, einem zwischendurch mal wieder eher banalen Beitrag, ist der Autor Hans Christoph Buch auf diesem schon völlig zerschlissenen Gaul dahergeritten.
Buch wies, wie tausend andere Kommentatoren vor ihm, auf die Vorgeschichte der Linkspartei hin. Er hält es für sehr problematisch, dass die Mehrheit der Deutschen allzu vergesslich seien und nichts mehr von Stasi, innerdeutscher Grenze mit Todesschüssen, Knebelung der Rede- und Reisefreiheit, Menschenrechtsverletzungen und Zensur in der ehemaligen DDR wüssten, und dass die damalige SED für diese Verbrechen verantwortlich war.
Er suggeriert gar, die Linke stände auf der selben Stufe, wie andere "Feinde und Verächter der Demokratie" und nennt Auschwitzleugner, Neonazis und Islamisten.
Nach seiner Verteufelung sagt Buch dann: "Offensive Auseinandersetzung ist nötig, aber wutschäumende Verteufelung wäre Wasser auf die Mühle der Extremisten, die dadurch noch mehr Zulauf erhielten," und plädiert dafür, durch "vorgelebte Toleranz" Extremisten zu Demokraten zu machen, auch wenn ein "gewisser Prozentsatz von Unbelehrbaren als Bodensatz übrig bleibt."

Vielleicht haben die Linken gerade deshalb Zulauf, weil die Leute dieses schwache Geschwafel von der angeblichen Demokratiefeindlichkeit, wie Buch es wieder anstimmt, nicht mehr hören können. Allmählich merkt auch der gewöhnlichste Bürger, dass die anderen 4 Parteien außer den üblichen Verteufelungen kaum etwas an nachvollziehbaren Argumenten vorzubringen haben.
Was die Linke verlangt, ist zwar kaum finanzierbar, und es ist zum großen Teil auch wenig einzubetten in ein umfangreicheres soziales Konzept. Die Linke bringt keine moderne Analyse zu den Gründen für die wachsenden Probleme in allen Gesellschaftsbereichen. Indem man den Schwachen mehr Geld zuschiebt, sind diese Probleme nicht zu lösen. Ebenfalls vergeblich wartet man von der Linkspartei auf einen Entwurf für eine nachhaltig funktionierende Wirtschaftsform, in der nicht einfach nur ein Großproblem durch ein anderes ersetzt wird.

Doch, wie sieht es denn hierzu bei den anderen Parteien aus?
Zu keiner der Fragen, die von der Linkspartei unbefriedigend beantwortet werden, findet sich bei den Etablierten eine bessere Antwort. An dem Schlamassel, in welchen uns CDU, SPD, FDP und Grüne gebracht haben, konnten die Linken jedenfalls nicht mitwirken. Besser hätten sie es sicher nicht gemacht, wenn sie in der Position gewesen wären, aber schlechter, innerhalb eines demokratischen Rahmens, auch nicht.
Selbst wenn die Linke über eine Koalitionsbeteiligung teilweise Regierungsmacht in einem Bundesland bekäme, was würde sie denn kaputt machen können? Wohl nicht mehr, als es die anderen deutschen Parlamentsparteien tagtäglich tun.

Bleibt zu hoffen, dass immer mehr Wählerinnen und Wähler die heuchlerische Schmutzkampagne der Altparteien gegen die Linke erkennen. Hier will nur eine Gruppe von 4 Platzhirschen verhindern, dass noch ein Hirsch ins vertraute Revier kommt und sie mit ihm teilen müssen.


28.02.08

In der nachfolgenden Szene kommt`s mal anders als geglaubt, - gewissermaßen eine Mischung aus zwei Themen: Einschränkung der Onlinedurchsuchung und Steuersünderskandal.

Er: Mensch, wenn ich das so lese mit der CD, auf der alle Daten drauf sein sollen, und mit den Hausdurchsuchungen bei uns Leistungsträgern, dieser Undank dafür, bei dem erreichten Wohlstand, und jetzt schnüffeln sie jedem Cent von uns hinterher.

Sie: Sag mal Friedrich, ich hoffe, du hast dich um diese Anlagen gekümmert, die du damals in Luxemburg hattest und die dein Freund dir dann nach Lichtenstein umgebucht hat.

Er: Ja meinst du, das geht so schnell? Ich mach dann womöglich unnötig Wind, und dann kämen sie vielleicht erst recht suchen.

Sie: Das soll also heißen, das Geld liegt immer noch dort? Stell dir doch mal vor, wenn die morgen hier bei uns vor der Tür stehen, vielleicht um 5 Uhr in der Früh, die Frau Schneider von drüben kriegt das doch mit, und dann weiß es am Mittag die ganze Straße.

Er: Du bist gut, was soll ich denn tun? Soll ich jetzt zu Günther auf die Bank gehen mit der Pistole und ihn dazu zwingen, das Geld unauffällig aus der Stiftung zu ziehen? Du hast doch auch in den Nachrichten gehört, dass die schon eine Liste aufgestellt haben von Leuten, die sie durchleuchten wollen. Kann sein dass die bluffen. Kann aber auch sein dass die das machen, bei 150 waren sie ja schon. Kann aber auch sein, dass wir da gar nicht dabei sind. Waren ja ohnehin nur knapp zwei Millionen, was glaubst du, da gibt es viel dickere Fische.

Sie: Du könntest dich doch selbst anzeigen, immerhin brauchst du doch dann nur nachzuzahlen und kriegst keine Strafe. So haben es jedenfalls die Endermanns vorgestern gemacht. Die dreiviertel Million können wir doch verkraften, wenns damit gut ist.

Er: Na prima, das funktioniert doch nur, wenn den Steuerbehörden von dem Sachverhalt noch nichts bekannt ist und die hinterzogene Steuer sofort bezahlt wird. Weiß der Endermann, ob er nicht auch auf der Liste steht? Vielleicht haben die seine Hausdurchsuchung schon vor gehabt. Dann wars eh zu spät.

Sie: Aber Friedrich, wir können doch nicht einfach abwarten bis etwas passiert.

Er: Was, passiert? Soll ich jetzt alles hinschmeißen und hinterher haben die von uns gar nichts gewusst?

Sie: Es heißt doch, sie haben auch Banken im Visier. Und wenn sie dem Günther auf die Schliche kommen? Auf unserem letzten Hausfest hat mir die Frau Endermann erzählt, dass auch Kösels, Grunwalds und Osters bei Günther eine Nummer haben.

Er: Auch der Fewinger geht zum Günther, und dem haben sie vorgestern die Firma durchsucht, die Computer und die meisten Akten abtransportiert und die Sekretärinnen vorgeladen. Ihn haben sie gleich mitgenommen und befragt. Aber er hat mich angerufen, von Günther hat er denen nichts erzählt.

Sie: Hättest du doch damals diesen Schiffsfonds abgeschlossen. Mir war das sowieso suspekt, das Geld einfach ganz zu verstecken. Hättest du...

Er: Jetzt hör aber auf! Hättest du, hättest du, Wie hätte ich denn erklären sollen, wo das Geld her war? In einen Schiffsfonds kannst du doch kein Schwarzgeld stecken. Und schon gar nicht konnte ich die Provision, für die Baugenehmigung für das Industrielager im Retentionsgebiet damals, angeben. Hatte uns eine Menge Arbeit gekostet, über den Jochen im Ministerium die Idioten in der Bezirksregierung dazu zu bringen, die gravierenden Bedenken der Fachbehörde in Auflagen und Bedingungen im Planfeststellungsbeschluss umzuformulieren. Zur Not kann ich das aber als nicht verbuchte Firmeneinnahme angeben. Jetzt geh ich aber erst mal hoch und vernichte die Unterlagen davon, gut dass dies nicht auf Festplatte oder CD kopiert ist. Also ich bin dafür, abzuwarten. Alles was passieren kann, ...

Sie: Es klingelt! Oh Gott, wer kann das sein?

Er erstarrt, beide sehen sich an, sie geht langsam zur Tür und öffnet.
Einer der beiden Herren draußen, die sich als Ermittler ausweisen, verlangt Friedrichs Handy, spricht hinein, ohne eine Taste zu drücken und sagt:
Wir sind jetzt drin.


27.02.08

Heute vor 75 Jahren nutzten die Nationalsozialisten den Brandanschlag des niederländischen Kommunisten van der Lubbe zu verstärkten Repressalien gegen politische Gegner. Hitler ließ, mit einem, nur einen Tag später, verabschiedeten Gesetz, die wichtigsten Grundrechte außer Kraft setzen.
Die wichtigste Lehre daraus ist die Erkenntnis, dass eine Gewalttat gegen ein Gewaltregime dieses nur dazu veranlasst, die Gewalt zu verstärken. Hierzu gibt es auch aus der Geschichte fast keine Gegenbeispiele.
Auch der gezielte Tyrannenmord hat selten irgend eine Verbesserung gebracht. Würde Georg Elser, der mutige Schreiner, der Hitler mit dem Einbau einer Bombe in einem Münchner Versammlungssaal töten wollte, damit eine andere Entwicklung erreicht haben? Sehr wahrscheinlich nicht, die Nebentyrannen standen schon Schlange, die die Position Hitlers gerne eingenommen hätten.

Solche Taten, so schlüssig und notwendig sie auch für die Aktivisten selbst erscheinen mögen, mildern nur das Ohnmachtgefühl des Einzelnen und erschweren dann aber die Möglichkeiten für die Gemeinschaft.
Was aber, wenn die Gemeinschaft ebenfalls nicht in die Gänge kommt und ihre Überzahl nicht zur rechtzeitigen Wendung des Blattes nutzt? Wie kann die Gemeinschaft zu einem effektiven Widerstand motiviert werden? Wie kann dabei die Angst vor Repressalien, Strafe und Tod so abgeschwächt werden, dass ein Handeln trotzdem möglich wird?

Heute haben wir eine andere Situation, eine völlig andere. Nicht die offensichtliche Gewaltherrschaft eines Despoten und seiner Clique ist unser Problem. Nicht der öffentliche Mord an Andersdenkenden und Minderheiten ist die Tat, gegen die wir uns stellen müssen.
Und zum Glück: Nicht Folter und Tod haben wir zu fürchten.
Dafür aber steht eine gründliche, allumfassende und nachhaltige Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen auf dem täglichen Plan der momentanen Machthaber und dies nicht absichtlich, was einen Widerstand erleichterte, sondern als tolerierte Begleiterscheinung während dem Festhalten an einer perversen ökonomischen Ideologie.
Die nachfolgenden Generationen sind am beginnenden 21ten Jahrhundert die diesmal betroffene Minderheit. Diese Minderheit wird nicht nur finanziell mittels der Schuldenpolitik der Regierung ausgebeutet, sondern in sehr viel stärkerem Maße durch den Raub ihrer unbeschadeten Umweltbedingungen. Diese Minderheit wird nicht dazu befragt, ob ihr diese nie da gewesenen Bürden tragbar erscheinen und sie diese wollen.
Übertragen wir diesen Skandal eine Generation zurück, so müssen wir feststellen: Auch wir, als jetzige Generation wurden von den Handelnden vor 30 Jahren nicht gefragt, ob wir deren Schulden, ob finanziell, ökologisch oder sozial tragen wollen. Wir müssen ohnmächtig mit den Hinterlassenschaften zurechtkommen und mit ansehen, wie die Zinsen dieser Schulden, Milliardenbeträge, Umweltschäden, Arbeitslosigkeit und soziale Probleme unsere Handlungsmöglichkeiten immer mehr einschränken.

Hierin liegt die gegenwärtig praktizierte Gewaltherrschaft der ach so demokratisch legitimierten Machthaber und ihrer Clique in der Wirtschaft.
Wie kann dagegen ein Widerstand aussehen?
Die Aktionen der "Weißen Rose" in der NS-Zeit wären in der heutigen Zeit sehr viel ungefährlicher. Die Geschwister Scholl geben uns für heute ein Beispiel, so kann Widerstand in der heutigen Zeit geführt werden.
Nur: Damals saugten die nachdenklichen Teile der Bevölkerung die Texte in den Flugblättern förmlich auf. Heute ist es schwer, die Leute, in Ihrer quantitativen Sattheit, in ihrem Beschäftigtsein mit Brot und Spielen überhaupt aus dem Sessel zu locken. Auch diese einschläfernde Wirkung ist Teil der heutigen Gewaltherrschaft. Was kann das Rezept dagegen sein?

 

26.02.08

Auf Deutschlandradio-Kultur sprach gestern im Politischen Feuilleton der Historiker und Journalist Eberhard Straub über die Redlichkeit in der Zivilgesellschaft und ob mit schärferen Gesetzen der Rechtschaffenheit im Rechtsstaat Nachdruck verliehen werden sollte.

Sitte und Anstand, so Straub, könnten nicht mit Gesetzen erreicht werden. Gesetze seien damit überfordert, "was Pfiffikussen auf der Suche nach ihrem schnellen Vorteil Mut macht". Rechtschaffenheit erschöpfe sich so in einer bloßen Angst vor Strafe.

Straub unternimmt einem kurzen Ausflug zu den wahren Wurzel der Rechtschaffenheit. Diese sind seit Anbeginn in der Philosophie zu finden, angefangen bei den alten römischen Größen etwa Seneca und Cicero. Sie finden einen Höhepunkt, aber nicht ihr Ende, bei Kant oder Tocqueville.
Er erwähnt: "Der Geist der goldenen Regel: Was Du nicht willst, dass man Dir tu', das füg auch keinem andern zu, wurde ins positive gewendet: Leiste dem anderen, was Du von ihm als Leistung erwartest. Immanuel Kant fasste solche Absichten zu seinem Kategorischen Imperativ zusammen: "Handle so, dass die Maxime Deines Handelns jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte"."
Doch schließlich, in der modernen Industriegesellschaft, blieb übrig: "Der Anstand selber beschränkte sich endlich auf den Benimm."

Wenn dann einer der vielen Ackermanns und Zumwinkels, regelmäßig wie McDonaldsbecher in der Landschaft, auftauchen und an den Pranger der momentanen Berichterstattung gestellt werden, dann, sagt Straub: "In den Augenblicken vorübergehender Empörung tritt allerdings eine Art Heimweh nach den guten Sitten zu Tage, nach einer Rechtschaffenheit, die sich gesetzlicher Normierung entzieht."
Straub weist auf Alexis de Tocqueville, der "weniger die Sittenlosigkeit der Reichen und Mächtigen, als die Sittenlosigkeit der allgemeinen Zustände" fürchtete. Dieser "misstraute der Ökonomisierung aller menschlichen Beziehungen".
Heute ist dies hoffnungslos ausgeufert, denn: "Alle werden in kapitalistischen Zeiten dazu angehalten, erfolgreich zu sein, ihren Vorteil wahrzunehmen, also andere um ihren Vorteil zu bringen."

Tocqueville, so Straub, wusste nicht, "wie einer solchen Entwicklung ohne guten Sitten abgeholfen werden könne...da die Lehren des Christentums oder der klassischen Philosophen von den Ökonomen zunehmend als private, griesgrämige Meinungen eingeschätzt und entmachtet würden, um den fröhlichen Markt in seiner Freiheit nicht etwa einzuengen." Er hätte sich "mit der recht bescheidenen Gewissheit" begnügt und für die Demokratie entschieden, "dass diese neue Elite würdeloser Erfolgreicher wenigstens nicht zu großen Verbrechen fähig wäre."

Dieses, so muss man hier Tocqueville verbessern und Straubs Text ergänzen, gilt heute nicht mehr.
Die immer dramatischer werdenden ökologischen und sozialen Schäden in der Gesellschaft sind diese großen Verbrechen würdeloser Erfolgreicher bzw. der von diesen zum persönlichen finanziellen Vorteil und Machtgewinn genutzten übergeordneten Dynamik des herrschenden Wirtschaftssystems.
Wäre Tocqueville heute angesichts der großen, von naiven Politikern gar noch als "Leistung" charakterisierten Verbrechen, zum Antidemokraten geworden? Nein, er wäre Anhänger der Idee von der Kategorischen Marktwirtschaft. In dieser verwirklicht sich die unmöglich erscheinende Symbiose aus geforderter Rechtschaffenheit einerseits und gesetzlichem Regelement andererseits.

 

25.02.08

Nach den Bürgerschaftswahlen in Hamburg ist die Bilanz noch ernüchternder als es den Anschein hat.
Die Wahlbeteiligung ist auf 62,2 % gesunken. Rund 80.000 Wahlberechtigte mehr als 2004 haben sich am Sonntag entschlossen, nicht zu wählen.

Offiziell haben die Parteien von den abgegebenen gültigen Stimmen erhalten:
CDU: 42,6 %, SPD: 34,1 %, Grüne: 9,6 %, Linke: 6,4 %, FDP: 4,8 %.

Bereinigt von der Unterschlagung des Nichtwählerverhaltens sieht das Ergebnis anders aus. So viel Prozent erhielten die Parteien von allen Wahlberechtigten:
CDU: 26.5 %, SPD: 21,2 %, Grüne: 6 %, Linke: 4 %, FDP: 3 %

Vor vier Jahren, 2004, bekamen die Parteien offiziell:
CDU: 47,2 %, SPD: 30,5 %, Grüne: 12,3 %, FDP: 2,8 %

Auf alle Wahlberechtigten bezogen waren dies 2004:
CDU: 32,4%, SPD: 20,9 %, Grüne: 8,4 %, FDP: 1,9 %

Die zweiten Zahlen ergeben, miteinander verglichen, andere Aussagen als dies, was heute morgen zum Wahlausgang verbreitet wird:
Von allen Wahlberechtigten
verliert die CDU 5,9 %
(offizielle Angabe minus 4,6 %),
die SPD gewinnt 0,3 %
(offizielle Angabe plus 3,6 %),
die Grünen verlieren 2,4 % (offiziell minus 2,7 %) und
die FDP gewinnt 1,1 % (offiziell plus 2 %)

 

24.02.08

Heute möchte ich ganz kurz eine Meldung des Büros gegen Altersdiskriminierung weitergeben. Sie lautete:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Versicherten zahlen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Diese Frechheit geht aus einer Mitteilung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 18.2.08 hervor. Demnach haben sich Spitzenverbände und Bundesvereinigung "auf die erste Stufe einer Finanzierungsvereinbarung beim Aufbau der Telematik-Infrastruktur im Gesundheitswesen geeinigt". Wir werden nicht nur gläsern, wir müssen es auch noch selbst bezahlen! Mehr dazu unter http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2423
Gruß Hanne Schweitzer Büro gegen Altersdiskriminierung


23.02.08

Dieser Tage wird eifrig über die Zumwinkels dieser Republik und ihre Gier debattiert.
Heute steht in einer deutschen Zeitung, Zumwinkel, der 6 Millionen verdiente, könne neidisch werden auf seinen Kollegen Ackermann von der Deutschen Bank, der 12 Millionen bekommt, der wiederum vergleiche sich mit seinen Investmentstrategen, die 20 Millionen einkassieren, diese schauen auf die Einkünfte der Hedge-Fonds-Kapitäne, die eine Milliarde bekommen, und die schließlich messen sich an Dagobert Duck in Entenhausen, dem Trilliardär, Comikekel, Geizhals und Ausgeburt der absoluten Gier.

Gier ist eine Sucht, die vor allem Dritte schädigt. Die hohen Herrn Spitzenverdiener, die routinemäßig und ehrfurchtsvoll unter dem perversen Leistungsbegriff unseres Zeitgeistes gehandelt werden, schädigen massiv die Gesamtgesellschaft.
Ihr Tun kann im Prinzip genauso psychologisch gedeutet und analysiert werden, wie die Antriebskraft eines chronischen Diebes oder Gewalttäters. Die frühkindlichen Ursachen würden bei dem Einen bestimmt ganz ähnlich aussehen wie bei dem Anderen.
Nur, beim Manager wäre eine solche Beweggrundrecherche heutzutage absolut tabu. Hier ist bei Politikern und Medien viel zu lange die tiefe Verbeugung, wie bei einem Herren Grafen im 19ten Jahrhundert, angesagt gewesen.
Einer Lösung kämen wir aber nur näher, wenn wir die Managergehälter als Auswirkungen der ernsten psychischen Krankheit einer Wirtschaftskaste interpretierten, und unter völliger Ausblendung von reinen Bilanzzahlen betrachten. Man widerlege mir die Feststellung, dass gierige Menschen nur deshalb Manager werden, weil sie dort am besten ihre Sucht befriedigen können und nebenbei damit sogar noch Ansehen erringen.

Zum Thema Suchtursachen und zweierlei Maß bei der Beurteilung Süchtiger, habe ich einen Leserbrief vom Jahr 1997 aus der Rhein-Zeitung gefunden, den ich hier wiedergeben will. (Name und Anschrift der Autorin oder des Autors waren damals nicht veröffentlicht.) Er bezog sich auf zwei Kommentare der Zeitung über die Fernsehsucht und den Alkohol- und Drogenkonsum bei Jugendlichen.
"In letztgenannten Kommentar ist von -TV-Junkies- die Rede, welche durch das schlechte Vorbild der Eltern und die immer neuen Kinderprogramme und -kanäle herangezüchtet werden. Dieser Ausdruck ist völlig zutreffend. Man sollte noch ergänzen, dass die weit verbreitete Unart(kleine und kleinste) Kinder einfach mit dem Fernseher ruhig zu stellen, nicht nur die Entstehung von -Fernsehsucht-, sondern auch die nach anderen Drogen zwangsläufig begünstigt. Das Fernsehen ist die Einstiegsdroge Nummer 1 in unserer Gesellschaft, weil hier schon bei Kleinstkindern der Konsum als Ersatz für Zuwendung und Lebensfreude antrainiert wird.
So weit, so schlecht. Warum man aber den Einstieg in die Sucht auf der einen Seite fördert und den Gebrauch von einer ganzen Reihe von Drogen (wie etwa Alkohol) duldet, auf der anderen Seite aber durchaus ähnlich wirkende Drogen kriminalisiert, dies wird meinem bescheidenen Denkvermögen vermutlich für immer verschlossen bleiben. Zumal der einzig zählbare Effekt der Kriminalisierung die massive Förderung von riesigen Verbrecherorganisationen ist, die man möglicherweise nie wieder los wird.
Was macht den Kiffer so viel schlimmer, als den Trinker? Warum übt man beim saufenden Entertainer selbst nach dem hundertsten Fehltritt noch Nachsicht, während der koksende Liedermacher in den Knast muss? Warum gilt der 80 Stunden in der Woche arbeitende Manager, der mit Aufputschmitteln, Magenpillen und Kopfschmerztabletten sich selbst und seine Familie zerstört, als Held, während der Ecstasy-Konsument, der sich fit fürs Vergnügen dopt, polizeilich verfolgt wird?"

 

22.02.08

Heute ist der Verein Zukunftslobby genau ein Jahr alt. Am 22.Februar 2007 wurde er von 11 Leuten in Heimweiler gegründet.
Zukunftslobby will einerseits den Skandal verdeutlichen, dass wir Gegenwartmenschen unseren quantitativen Wohlstand fast ausschließlich mit der Schädigung Dritter erlangen. Statt ihn zu erarbeiten, stehlen wir ihn quasi von der weltweiten Allgemeinheit, also teilweise auch von uns selbst, aber vor allem stehlen wir ihn von den nachfolgenden Generationen. Entsprechend war der Wohlstand unserer Väter mit einem Diebstahl an uns Gegenwartsmenschen, also mit der Entwertung unserer heutigen Lebensgrundlagen erkauft.
Andererseits will Zukunftslobby den genauen Mechanismus des verantwortlichen ökonomischen Räderwerks beleuchten, will darlegen, warum die herrschende zerstörerische Dynamik funktioniert und ihren eigenen Fortbestand sichert.
Darauf aufbauend will Zukunftslobby eine wirklich nachhaltige Wirtschaftsform skizzieren, die die immer größere Gemeinschaft der Nichteinverstandenen zu einer ermutigenden Lebensform fortentwickeln kann.

Nach diesem einen Jahr hat sich gezeigt, was beim Kern der Vereinsarbeit die größten Schwierigkeiten sind.
Das Thema ist zu komplex, als dass es relativ schnell von anderen Menschen nachvollzogen werden kann. Nur wer sich damit ausführlich beschäftigt sieht, dass das Konzept von der Kategorischen Marktwirtschaft alle Facetten unseres Lebens, unseren gesamten Alltag betrifft und dort weitreichende Veränderungen in Gang setzen würde.
Auch deshalb ist es besonders schwierig, die Presse zu begeistern, damit sie über das Anliegen von Zukunftslobby berichtet.
Sie ist noch viel zu sehr damit beschäftigt, sich über die Auswirkungen des herrschenden Wirtschaftssystem zu empören. Jede einzelne Schädigung, momentan die Problematik durch das Treibhausgas CO2, wird zum Thema genommen und dabei bleibt der Blick auf eine mögliche übergeordnete Ursache für den Skandal von heute, von morgen und von übermorgen außen vor. Genau auf diese übergeordnete Ursache, auf die hier wirkende Dynamik, muss aber die Aufmerksamkeit gelenkt werden, um effektive Möglichkeiten zum Gegensteuern überhaupt erst zu erkennen.

Zukunftslobby braucht dringend Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die den Kern des Konzepts zunächst für sich selbst zu erschließen bereit sind, es dann mit eigenen Worten wiedergeben und weitertragen und mit eigenen Ideen weiterentwickeln.
Diese Leute zu erreichen ist die Aufgabe des Vereins in den nächsten Monaten. Zukunftslobby muss möglichst bald den Fuß in die Tür zum öffentlichen Bewusstsein bekommen, auch damit der Widerstand vieler bereits lange tätiger Gruppen und Einzelpersonen ein neues Ziel und damit eine neue Effektivität bekommt.

Heute vor 65 Jahren wurden die Geschwister Scholl und ein Mitstreiter von den Nazis hingerichtet, weil sie Flugblätter gegen das mordende NS-Regime verteilt hatten.
Das, wogegen sie kämpften, hatte eine völlig andere Dimension, als der heutige Widerstand. Die drei Studenten damals wollten nicht tatenlos einer Dynamik zuschauen, die planmäßig Massen von Menschen umbringt oder in den Tod schickt.

Heute wenden wir uns gegen eine andere Art von destruktiver Dynamik, die sehr viel subtiler und von weiten Teilen der Mächtigen akzeptiert wirkt. Sie tötet nicht direkt und tötet auch keine Massen offen durch aktive Gewalt.
Deshalb bleibt die Empörung darüber auch so begrenzt, deshalb ist die wahre Summe aller Wirkungen dieser Dynamik nur schwer überschaubar. Aber diese Dynamik bereitet eine unumkehrbare Grundlage für dramatisch verschlechterte Lebensbedingungen letztendlich für die gesamte Menschheit. Hierdurch werden ebenfalls Millionen von Menschen weltweit getötet, aber eben nicht durch Gas, Gewehrkugel oder Bombensplitter und nicht sofort und unmittelbar.
Ein Widerstand heute ist sicher sehr viel ungefährlicher für die Aktivisten als zu Zeiten der "Weißen Rose". Noch können wir im Internet publizieren ohne Angst, morgen erschossen zu werden.
Doch dies liegt sicherlich vor allem an der noch bestehenden Ohnmacht und fehlenden Zielstrebigkeit des Widerstands, an der momentanen Aussichtslosigkeit für eine Veränderung, bzw. an der absoluten Ungefährlichkeit für die Profiteure des Frevels. Diese erachten es einfach nicht als notwendig, gegen eine Bewegung, die sie entmachten will, vorzugehen, weil diese Entmachtung nicht in Sicht ist und ihre Position auch von den meisten Medien und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im Grundsatz des Tuns nicht in Frage gestellt wird.
Diese Selbstsicherheit gilt es am Anfang des 21ten Jahrhunderts fundamental zu untergraben, damit die Notwendigkeit eines grundsätzlichen Wandels und die Ahnung, wie dieser aussehen könnte, dauerhaft oben auf die Tagesordnung rückt.

 

21.02.08

Es kommt nicht oft vor, dass man einer Ansicht der CSU zustimmen kann, wenngleich auch aus anderen Gründen. Die bayrische Unionspartei will ihr Ja zur neuen Regelung verweigern, dass dem Benzin an Tankstellen ein Anteil von 10 % Bioethanol beigemischt werden soll. Die Bundesregierung will mit dieser Neuerung einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Die CSU begründet ihre Haltung mit den erhöhten Kosten, die damit auf die Autofahrer zukämen und liegt damit auf Linie mit dem ADAC. Etwa 1,5 Millionen Fahrzeuge in Deutschland würden die Beimischung nicht vertragen und wären gezwungen, das teurere Superplus zu tanken, das nur 5 % Ethanolbeimischung erhalten soll.

Tatsächlich gibt es aber eine sehr viel wichtigere Begründung, die Beimischung von biologischem Kraftstoff abzulehnen. Die Politiker wollen lediglich für die Öffentlichkeit den grünen Anschein bewahren und scheinbar etwas gegen den hohen CO2-Ausstoß tun.
Statt jedoch generell alle Prozesse zu vermindern, die das Klimagas produzieren, weichen sie auf einen Ersatzstoff aus, auf erneuerbare Energieträger, dessen CO2-Potential nicht aus fossilen Lagerstätten stammt.
Deren Produktion gefährdet aber in großem Stil einerseits die Nahrungsmittelproduktion weltweit und regt die Vernichtung weiterer Naturräume zur Flächengewinnung an, und andererseits erfordert sie eine neue Form der agrartechnischen Intensivierung und lässt den globalen Transportbedarf weiter ansteigen, weil Bioethanol aus Weltmarktgründen billigst aus Drittweltländern angeboten wird.
Der Teufel CO2-Ausstoß aus fossilen Lagern wird mit dem Belzebub Agrar- und Naturflächenverlust, sowie verstärkter Chemikalieneinsatz und Abgasausstoß ausgetrieben.

Hier verdeutlicht sich eigentlich einmal mehr, wie weit die Politik mit dem Rücken zur Wand steht. Sie hält an einem Wirtschaftskonzept fest, in dem ein WENIGER nicht eingeplant ist. Das CO2-Problem lässt sich aber nur mit einem drastischen Weniger lösen, genau wie fast alle anderen Probleme der Industriegesellschaft auch.
Die Wachstumsideologie ist lebensfeindlich, weil sie mittel- und langfristig nichts anderes als eine mächtige Anregung zur Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen darstellt. Lebenserhaltend kann nur die Abkehr vom Wachstumsdenken wirken und keinesfalls eine Verlagerung auf neue Felder zur Zerstörung lebensnotwendiger Bereiche.
Und, die CO2-Problematik kann nicht mit einzelnen Verordnungen und Gesetzesfantasien der Politik gelöst werden, sondern nur von einem marktwirtschaftlichen Mechanismus, indem die Grundbedingungen des Wirtschaftens so verändert werden, dass die Vermeidung von fossilem Kohlendioxid und ein allgemeines SEHRVIELWENIGER sich finanziell lohnt, bzw. die Beibehaltung des jetzigen Standards unrentabel wird.

Deshalb sei der CSU an dieser Stelle empfohlen, sich doch einmal mit dem Konzept der Kategorischen Marktwirtschaft zu beschäftigen. Eventuell aber könnte dies für die Strukturkonservativen zu viel Marktwirtschaft sein, der man zu Gunsten von vordergründigem Profit für die eigene Klientel nicht zustimmen mag.

 

20.02.08

Wie verteilen sich eigentlich die ökologischen Schadkosten, hauptsächlich verursacht von den westlichen Industrienationen, auf die jeweiligen Länder des Globus? Ein internationales Forscherteam hat dies in einer umfangreichen Studie, veröffentlicht von der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS), untersucht.
Auf Telepolis berichtet Matthias Gräbner über diese Studie: "Der vom Kohlendioxidausstoß der Industrieländer in der Dritten Welt verursachte Umweltschaden wiegt, monetarisiert, schwerer als die Summe aller Auslandsschulden der Dritte-Welt-Staaten. Eine Studie zeigt, wie ungleich Ursache und Wirkung verteilt sind."
Für sechs Bereiche haben die Forscher hierzu Daten von 1961 bis 2000 untersucht nämlich: "...den Klimawandel durch Treibhausgas-Emissionen, die Verarmung der Ozonschicht, die Intensivierung der Landwirtschaft, die Zerstörung der Wälder, die Überfischung und den Verlust von Mangrovenwäldern."
Die Veränderungen in diesen sechs Bereichen haben allein Verluste in Höhe von 47 Billionen Dollar (47.000.000 Millionen) verursacht.

Aufgeteilt nach drei Länderkategorien, niedriges, mittleres und hohes Pro-Kopf-Einkommen, verteilen sich die Schäden wie 20 zu 60 zu 20 Prozent, obwohl der Löwenanteil der Verursacher in den letztgenannten Ländern sitzt.
Berücksichtigt man dann aber, dass die Pro-Kopf-Schäden bei Menschen in wenig entwickelten Ländern sehr viel gravierendere Auswirkungen zeigen, verändert sich das Verhältnis dramatisch auf 45 zu 52 zu 3 Prozent der zu verkraftenden Schäden.
Die Studie enthält noch mehrere alarmierende Zahlen.
Beispielsweise haben die Wissenschaftler berechnet, dass allein die Kosten durch die Klimaveränderung etwa ein Drittel des weltweiten Bruttosozialprodukts im Jahr 2000 beträgt. Oder: "Die reduzierte Ozonschicht kostet die Menschheit weltweit bis zu 220 Millionen Jahre Lebenszeit - ungefähr so viel wie Krebs- und Atemwegserkrankungen im Jahre 2002 zusammen gekostet haben."

Langsam, aber leider wenig beachtet, setzt sich das Puzzle zusammen. Es zeigt aber jetzt schon: Nur mit der Externalisierung von gewaltigen ökologischen und sozial-gesellschaftlicher Schadkosten auf die weltweite Allgemeinheit ist die westliche Ökonomie kurzzeitig profitabel. Wenn auch die weniger entwickelten Länder gegenwärtig die von uns angerichteten Schäden, ebenso wie die nachfolgenden Generationen, ohnmächtig zu verkraften haben, wird das Verhängnis auch bald uns selbst mit voller Härte betreffen.
Auch die angesprochene Studie zeigt die Notwendigkeit für die Weltgemeinschaft, in eine entsprechend weit nachhaltigere Wirtschaftsform umzuschwenken.

 

19.02.08

Heute vor 535 Jahren wurde Nikolaus Kopernikus geboren. Er begründete mit seinen intensiven Himmelsbeobachtungen und neuartigen mathematischen Berechnungen zum Verhältnis der Planeten zur Sonne, ein neues Weltbild.
Bis Kopernikus war die Erde der Mittelpunkt der Welt. Um sie herum drehten sich die Planeten und die Sonne. Kopernikus war als Naturwissenschaftler höchst unzufrieden mit dem bestehenden Weltsystem, dem geozentrischen nach Ptolemäus, weil die Übereinstimmung mit tatsächlich gemachten Planeten- und Sternbeobachtungen sehr mangelhaft war.

In ausschließlich privaten Studien versuchte er, einem realistischeren System auf die Spur zu kommen. Konnte es sein, dass nicht die Erde der Mittelpunkt der Welt war, sondern die Sonne der Mittelpunkt eines Planetensystems, zu dem auch die Erde gehörte?
Kopernikus: "Weil kein Teil zum anderen passt, ähnelt das Ergebnis eher einem Monstrum, als einem Menschen." Und: "Ich dachte oft darüber nach, ob sich nicht vielleicht eine vernünftigere Art von Kreisen finden ließe, von denen alle sichtbare Ungleichheit abhinge, wobei sich alle, in sich gleichförmig bewegen würden, wie es die vollkommene Bewegung an sich verlangt."
Er hielt sein Manuskript "De revolutionibus orbium clestium libri VI", zu deutsch: "Über die Kreisbewegungen der Weltkörper", zunächst jahrelang unter Verschluss und zeigte seine Entwürfe zunächst nur in engsten Kreisen. Erst der Mathematiker Rheticus überredete Kopernikus zu einer Veröffentlichung. Im Erscheinungsjahr seiner revolutionären Thesen 1543 verstarb Kopernikus. Er soll auf dem Totenbett kurz vorher noch ein erstes druckfrisches Exemplar seines Werkes in Händen gehalten und sich darüber gefreut haben.

Seine Thesen hatten noch einige Lücken und Schwächen, die erst später von anderen Astronomen ergänzt und berichtigt wurden. So änderte Johannes Kepler etwa 60 Jahre später die Theorie von den kreisförmigen Planetenbahnen. Mit ellipsenförmigen Bahnen waren die Berechnungen und Beobachtungen ungleichförmiger Bewegungen schlüssiger. Galileo Galilei bestätigte Kopernikus Überlegungen, als er zum ersten Mal die Himmelskörper mit dem gerade erst erfundenen Fernrohr beobachtete. Isaak Newton erst festigte mit seinem Gravitationsgesetz endgültig das Kopernikanische Modell.

Was heute vor allem auch von Kopernikus bleibt, ist der Ausdruck der "Kopernikanischen Wende".
Diese ist zum Synonym für eine grundlegende Änderung einer weltweit als gefestigt angesehen Überzeugung geworden, für einen epochalen Wandel, eingeleitet durch neuartige und unvoreingenommene Analysen, Beobachtungen und Schlussfolgerungen.
Wenn wir heute die etablierten, ökonomischen Lehrmeinungen des weltweiten Wirtschaftens, den so dramatischen Auswirkungen für unsere natürlichen Lebensgrundlagen gegenüber stellen, muss man, wie damals Kopernikus, ins Grübeln geraten. Etwas Grundsätzliches kann hier nicht stimmen.
Und so kommen wir wieder zur Überlegung im Konzept von der Kategorischen Marktwirtschaft, dass nur mit der Einberechnung aller produktionsbedingt verursachten Schadkosten in die Preise der jeweiligen Produkte, unser Wirtschaftssystem menschen- und gesellschaftsdienlich funktionieren kann.
Zu Erkennen, dass das herrschende Wirtschaftssystem der Kapitalistischen Subventionswirtschaft von den Grundfesten her fehlerhaft und destruktiv ist, und ihm ein, dieses Manko ausgleichendes, ökonomisches Konzept entgegenzuhalten, wäre gewissermaßen die Kopernikanische Wende im weltweiten Ökonomieverständnis.

 

18.02.08

Durch die Zumwinkelaffäre ist die deutsche Staatsanwaltschaft so richtig in Schwung gekommen. Angeblich lägen ihr 1000 Verdachtsfälle auf großangelegte Steuerhinterziehung vor, die in der nächsten Zeit untersucht werden sollen. Jeden Tag will man 25 Wohnungen durchsuchen.
Die Betroffenen können zuhause ja in der Zwischenzeit schon mal aufräumen. Immerhin könnte es 40 Tage dauern, bis sie an der Reihe sind. Und, will man dem BND hier auch erlauben mit Millionenbeträgen Beweismittel zu erwerben, wie in Lichtenstein im Falle des Postchefs geschehen?
So kann es dauerhaft jedenfalls nicht funktionieren. Wenn die Gesetzeshüter immer nur Nachsorge betreiben können, also immer nur hinter den Steuersündern herlaufen, wird die Fahndung immens teuer und die Schlauesten der Betrüger kommen sowieso davon.
Neben der normalen Steuerhinterziehung gibt es doch genügend legale Methoden, um das Geld dem Staat, im Prinzip also den Menschen in Deutschland vorzuenthalten.

Hier will ich an den völlig legalen Diebstahl erinnern, der tagtäglich praktiziert wird. Wenn in unserer deutschen Ökonomie dreistellige Milliardenbeträge an ökologischen und sozialen Schadkosten jährlich auf die Allgemeinheit und die nachfolgenden Generationen abgewälzt werden, stellt dies ebenfalls einen unvorstellbar großen Diebstahl an der Bevölkerung dar. Nur, dieser ist fest als Produktionsfaktor der Wirtschaft eingeplant. Ohne die Nutzung dieses Produktionsfaktors Diebstahl durch Externalisierung, würde das westliche Wirtschaftssystem überhaupt nicht funktionieren.
Derzeit funktioniert es noch, wird aber immer deutlicher von den abgewälzten Schadkosten eingeholt. Es wird dadurch auch sein Ende finden und die Basis für einen Neuanfang zum großen Teil gleich mit zerstört haben.

Hierum kümmert sich keine Staatsanwaltschaft. Ja es besteht noch nicht einmal das Bewusstsein für diese Straftat, die jeden Tag von Neuem Gewinne in die eigene Tasche leitet und verursachte Schäden der Allgemeinheit überlässt.
Und wir alle sind daran beteiligt, die Unternehmen im großen und die Konsumenten im kleineren Ausmaß. Das gesellschaftliche Regulativ Staatsanwaltschaft hätte hier nur eine Handhabe, wenn wir alle, neben Frevlern an der Zukunft, auch unser eigener Ankläger wären und uns beim täglichen Handeln kritisch umfassend beobachteten. Dieses wäre alles andere als handhabbar.
Deshalb brauchen wir die konsequente Internalisierung aller unterschlagener Gelder in die Preise der Produkte, wie im Konzept der Kategorischen Marktwirtschaft gefordert.
Es wäre präventive Verhinderung von gesellschaftlichem Schaden, und nicht nur halb effektives Hinterherfahnden der Staatsanwälte.

 

17.02.08

In unserem Haushalt werden beim Bauen und Renovieren andere Maßstäbe angelegt, als heute üblich. Auch in diesem Bereich versuche ich, auf die Verursachung von ökologischen Schadkosten so weit es geht zu verzichten. Zu etlichen Ausführungsarten, zur Materialauswahl oder zu Detaillösungen gibt es umweltfreundliche Alternativen.

Heute möchte ich ein Rezept für Innenwandfarbe weitergeben. In der Regel wird zum Streichen von Innenraumwänden eine Kunststoffdispersionsfarbe im Baumarkt gekauft. Etwas anderes gibt es meist nicht, oder ist sehr viel teurer, wie beispielsweise Silikatfarbe.
Kunststoffdispersionsfarbe ist sehr billig und einfach zu verarbeiten, hat aber einige entscheidende Nachteile.

Kunststoffdispersionsfarbe ergibt immer Restmüll. Ihre ganze Sustanz ist nicht biologisch abbaubar oder nicht im natürlichen Kreislauf assimilierbar. Wenn Putz damit gestrichen war, gilt dieser im Entsorgungsfall als belasteter Bauschutt, auch wenn er meist unter unbelasteten Bauschutt gemischt wird. Es ist und bleibt eine Verbindung von mineralischen mit anhaftenden Kunststoffbestandteilen, also Restmüll.
Auf eine Tapete gestrichen wird diese zu Restmüll, auch wenn sie alleine betrachtet aus reinem Papier bestehen sollte.
Jedes Jahr werden in Deutschland tausende von Tonnen Kunststoffdispersionsfarbe abgesetzt und eingesetzt. Diese enden, nachdem sie einige Jahre als frischer Anstrich die Innenräume verschönert haben, schließlich auf Deponien oder in Müllverbrennungsanlagen.
Ebenso ist die Herstellung nicht unschädlich. Wo der beigemischte Kunststoff herkommt, wissen wir. Er stammt aus Erdöl, welches problematisch gewonnen, transportiert und chemisch umgewandelt werden muss. Als Weißpigment wird meist Titandioxid verwendet, bei dessen Herstellung große Mengen von Dünnsäure anfallen. Diese wurden in der Vergangenheit nur zum geringen Teil verwertet. Meist hat man sie mit Schiffen auf hohe See gebracht und ins Meer geleitet.

Als Alternative zu käuflicher Farbe aus dem Kunststoffeimer mischen wir selbst Kalkkaseinfarbe an. Gegenüber konventioneller Farbe hat sie zwar den Nachteil, dass sie nicht so leicht zu verarbeiten ist, jedoch überwiegen die Vorteile insgesamt gesehen bei weitem.
Kalkkaseinfarbe ist sehr billig herstellbar und ergibt als Abfall kein Problem. Das Kasein ist vollständig biologisch abbaubar, der Kalkbestandteil kann in haushaltsüblicher Menge im Garten entsorgt werden, wo er noch zur Bodenverbesserung beiträgt. Im Innenraum wirkt die gestrichene Fläche antibakteriell. Im Gegensatz zur Kunststofffarbe können sich darauf keine Keime ansiedeln. Für Allergiker oder sonstige Leute mit Überempfindlichkeiten ist Kalkkaseinfarbe die optimale Wandbeschichtung. Die Farbe ist wischfest, ja wir haben sie auch zum Anstreichen von Wandflächen im Außenbereich erfolgreich eingesetzt. Eine gestrichene Westwand, die gelegentlich vom Regen nass wird, zeigt nach 6 Jahren noch keine Abwaschspuren.

Wie geht man zur Herstellung der Farbe vor? (--Wenn die Fotos unter Firefox verutscht sind, bitte mit InternetExplorer öffnen--)

Kalkkaseinfarbe besteht aus dem Bindemittel Kalkkaseinleim und dem Weißpigment Kalk. Der Leim wiederum besteht aus Kasein und ebenfalls Kalk.


Als erstes kauft man im gut sortierten Bauzubehör einen Sack trocken gelöschten Branntkalk, sogenanntes Weißkalkhydrat. Auf dem Foto stammt er von dem Hersteller Schäfer, weshalb man dazu in unserer Gegend auch Schäferkalk sagt. Es gibt diesen Kalk aber auch von anderen Herstellern. Wichtig: Der Kalk ergibt bei Kontakt mit Wasser oder auch mit der Hautfeuchtigkeit eine agressive Lauge. Man muss stets sehr vorsichtig damit hantieren, keinen Kalk einatmen und ihn von der Haut sofort abwaschen.

 


Bei einer Malerfirma besorgt man sich leere Kunstoffeimer mit Deckel und reinigt diese sorgfältig. Diese dienen zur Aufbewahrung des Kalks und zum einsumpfen. Man braucht für einen 25kg-Sack Kalk etwa 3 bis 4 Eimer. Kalk in die Eimer umfüllen, etwa 3/4tel voll, dann Wasser dazugeben und mit dem Quirl auf der Bohrmaschine verrühren. Es sollte einen nicht zu dünnen Brei ergeben, man spricht auch von Kalkteig. So lässt sich der Rohstoff für unsere Farbe, mit dem Deckel fest verschlossen, beliebig lange aufbewahren. Der Kunststoff des Eimers sollte aber keiner UV-Bestrahlung ausgesetzt sein, und der Kalkbrei keinen Frost abbekommen, weil er körnig werden kann. Deshalb am besten im Keller aufbewahren.

 


In einem zweiten Eimer mischt man zunächst den Leim. Dieser ist das Bindemittel unserer Farbe, also das, was bei Baumarktfarbe der Kunststoff übernimmt. Man kauft gewöhnlichen billigsten Magerquark und rührt 4 Teile davon mit einem Teil Kalkbrei an. In Magerquark ist ein hoher Kaseinanteil enthalten, das, was unsere Farbe braucht. Beim Verrühren wird die Mischung sehr viel dünnflüssiger als es die beiden Bestandteile alleine waren. Man sollte keine fetten Quark verwenden, weil das Fett für den Zweck unbrauchbar ist. Den gut verrührten Leim sollte man eine halbe Stunde stehen lassen und dann noch mal umrühren.

 

 

Im rechten Eimer des Bildes ist der fertige Leim. In einem dritten Eimer mischt man einen Teil Leim mit 4 Teilen Kalkbrei an.

 

 

 

 


 


Zur verhütung von zu viel Schaum beim Rühren kann man einen Schuss Leinölfirnis hinzugeben. Umrühren dann mit dem Quirl auf der Bohrmaschine möglich.

 

 

 

 

 

 

 

 


Am besten streicht man die Farbe mit der Quaste, da sie etwas dünnflüssig ist. Mit der Walze geht eventuell auch, sollte man aber ausprobieren. Problem: Wenn der Untergrund stark saugt, trocknet die Farbe schon beim Streichen an und ist schlecht verteilbar. Abhilfe:
a--Man sollte die Quaste nur einen Zentimeter in die Farbe eintauchen und entsprechend nur kleine Fächen streichen, etwa 50 mal 30 cm.
b--Man kann mit einem Blumensprüher kurz vorher die zu streichende Fläche etwas nass spritzen.
c--Man kann auch die ganze Fläche vorher grundieren. Dazu mischt man einen Teil Leim mit 4 Teilen Wasser.

 


Eine andere Schwierigkeit besteht darin, dass man während des Streichens die Farbe oft umrühren muss. Der Kalk als Pigment ist schwerer als Wasser und auch schwerer als konventionelle Weißpigmente wie Titandioxid. Mit dem Umrührstock bemerkt man den Bodensatz und rührt ihn alle 3 bis 5 Minuten wieder auf. Ist der Eimer nicht so voll, kann man ihn auch am Henkel haltend hin und her drehen, um den Bodensatz aufzuwirbeln.
Die gestrichene Oberfläche wird nur selten ganz glatt (nur bei nicht saugenden Untergründen). Dieses ergibt aber eine interessante Pinselstruktur, waagerecht oder senkrecht, ist aber Geschmacksache.
Weitere Schwierigkeit: Die Farbe deckt erst, wenn sie vollständig trocken ist. Beim zweiten Anstrich wird die erste Schicht auch wieder transparent, was jemanden irritieren kann, der Baumarktfarbe gewohnt ist.


Auch als Außenwandfarbe eignet sich dieses Eigengemisch. Auf dem Foto sieht man die Westwand eines Nebengebäudes, das im Jahr 2002 gestrichen wurde. Obwohl sie immer wieder mal Regen abbekommt wird die Farbe nicht abgeschwemmt. Die Bruchsteine darunter sind sauber.

Will man farbig streichen gibt es zwei Möglichkeiten. a--Man kann das Farbpigment direkt in die weiße Farbe mischen. Dann bekommt man einen pastelligen Ton. Man muss darauf achten, das Farb-Leim-Verhältnis nicht zu verändern, das heißt, je nach dem wieviel Erdfarbpulver man dazu gibt, muss man genauso viel Weißpigment weglassen. b--Zweite Möglichkeit: Man streicht die Fläche zunächst weiß und bringt den Farbton als Lasurfarbe auf. Hierbei ist wichtig, den Leim anders herzustellen, und zwar statt mit Kalk, mischt man den Magerquark mit Borsalz an. Dieses ergibt, statt einem milchigen Bindemittel ein relativ klares. Diesen Lasurleim vermischt man mit dem Pigmentpulver und streckt ihn mit Wasser, bis wieder das Verhältnis 1-zu-4 erreicht ist. Die Lasur kann man mit dem Pinsel auf die trockene Weißschicht auftragen aber auch mit einem Handtuch beispielsweise in Wickeltechnik, den gestalterischen Möglichkeiten sind hier keine Grenzen gesetzt.
Als Farbpigmente eignen sich Erd- oder andere Mineralfarbpulver. Gibt es in älteren Drogerien oder im Malerzubehörgeschäft.
Auch das Streichen von Rauhfasertapete ist machbar. Hier wieder Saugverhalten beachten. Verbrauch: Man kann mit der Farbmenge aus einem Kilo Magerquark etwa 20 bis 30 qm Fläche einmalig streichen, abhängig von Streichtechnik und Untergrund. In der Regel muss zwei mal gestrichen werden.

Wer noch Fragen dazu hat, bitte mailen, (siehe unter Kontakt)

16.02.08

Ist es erstaunlich oder beruhigend zu beobachten, wie verlässlich der Empörungsmechanismus in Deutschland funktioniert? Die Zumwinkelaffäre hat wieder mal Diskussionen über die Vorbildfunktion politischer und wirtschaftlicher Eliten verursacht.
Der Selbstbediener Zumwinkel, dem sein Millionengehalt nicht genug ist, fand es notwendig, das Finanzamt zu umgehen und Steuergelder dem Staat vorzuenthalten. Im Prinzip nichts Neues, im Prinzip eine altgekannte, wenn auch nicht gerne gesehene Variante von Auswirkungen von Gier, wenn auch in einer ziemlich dummen und naiven Variante.

Dass viel Geld und günstige Gelegenheiten, an es heran zu kommen, die Gier verstärkt, sehen wir auch an ganz legalen Beispielen, siehe die Diskussionen um Managergehälter. Doch lässt sich bei den Herren in den feinen Anzügen, die sich mit ganz gesetzeskonformen Mitteln bereichern, irgend ein vorbildliches Verhalten feststellen? Selbst diejenigen, deren Gehaltshöhe noch nicht öffentliches Aufsehen erregt hat, können doch unmöglich als Vorbild gelten.
Natürlich wird immer wieder und bis zum Erbrechen die Mär von den Leistungsträgern der Gesellschaft aufs Tapet gebracht und Leistung gebetsmühlenhaft anhand des wirtschaftlichen Erfolgs, des Unternehmensgewinns, der Beschäftigtenzahl oder sonstiger vordergründiger ökonomischer Parameter orientiert.
Ebenso routiniert bleibt die langfristig und gesamtgesellschaftlich gesehen negative Bilanz bis heute ausgeblendet, wenn die Leistung einer Führungspersönlichkeit definiert wird.
Allen Möchtegernführern ist gemeinsam, dass sie sich sehr viel mehr nehmen, als ihnen von allem, was die Gesellschaft zu verteilen hätte, zusteht. Ob sie es legal oder illegal tun, ist vernachlässigbar.
Würden wie die Sache mit den Kriterien der Kategorischen Marktwirtschaft betrachten, bekämen wir einen völlig anderen Begriff von gesellschaftlicher Leistung. Die langfristigen Folgen der Entscheidungen von Managern und Politikern würden in die Waagschale geworfen, und auf einmal gälten die sogenannten Leistungsträger von heute plötzlich die Hauptfrevler an den natürlichen Lebensgrundlagen.

Um ein Bild zu bemühen:
Sehen wir doch mal ganz plastisch die Tätigkeit des Führers einer Menschengruppe, die über weites und unbekanntes Gebiet zu einem ruhigen Ort ziehen will.
Das Gebiet ist gefährlich und unberechenbar, überall lauern Überraschungen und Abgründe. Dem Führer obliegt es, den besten Weg zu finden, sei es indem er von einem Hügel in die Ferne blickt, oder ob er mit seinem Gefühl eine lauernde Gefahr erkennt.
Wer wäre hier der beste Führer? Doch wohl der, der am weitesten blicken kann, der vom Hügel aus mit scharfen Augen die gefährlichen Hindernisse in der Entfernung möglichst früh sehen kann und den Weg der Menschengruppe entsprechend daran vorbei festlegt.
Oder noch besser der, welcher auch hinter dem vom Hügel aus noch sichtbaren Gebiet, durch Vorausahnen und Kombination bereits erfahrener Anhaltspunkte, das unbekannte Gelände beurteilen kann, um zu erkennen, ob es dort einen sicheren Weg gibt oder nicht.

Was heutzutage als Führungspersönlichkeiten gehandelt wird, wären in diesem Bild Leute, die sich eifrig auf den Hügel schwingen, um dann mit großen Worten den falschen Weg zu proklamieren. Sie verschweigen der zu führenden Menschengruppe ihre Kurzsichtigkeit, ja ihre Blindheit auf dem einen Auge. Voller Selbstüberschätzung und mit theatralisch vor die Stirn gehaltener Hand, sehen sie gleich unter dem Hügel ein kleines Stück ebenes Gelände und rufen: "Da lang!"
Was sie nicht sagen ist, dass ihnen gleich dahinter der Blick verschwimmt. So entgeht ihnen der Morast gleich hinter der Ebene. Da nützt auch kein Einspruch des Weitsichtigen, keine Warnung vor der Gefahr, zu versinken. Der Weitsichtige, der nicht den offiziellen Titel der Führungspersönlichkeit besitzt, wird nicht angehört, und die Menschengruppe wandert ins Verderben.

Wir brauchen nicht nur rechtschaffende Zumwinkels als Führungspersönlichkeiten. Wir brauchen überhaupt keine Repräsentanten der herrschenden Ökonomie als Vorbilder. Auch wenn diese selbstgerechten aus unserer Mitte keine Steuern hinterziehen, sind sie trotzdem zur Führung völlig ungeeignet. Gerade weil sie an der Ideologie der Kapitalistischen Planwirtschaft kleben, unter deren Regeln sie die Gewinne machen, werden sie die Gesellschaft mit ihrer Kurzsichtigkeit und ihrer Ignoranz ins Verhängnis führen.

 

15.02.08

Heute einige Links und Schnipsel:

Auf Dradio gab es diese Woche einige bemerkungswerte Politischen Feuilletons. Wie ich schon mal sagte, liegt in diesen ein besonderer Wert, weil oft unabhängige Fachleute in gut formulierter Form den Kern eines Problems auf den Punkt bringen. So etwas bekommt man selten aus der Presse oder dem Fernsehen mit.

Am Montag sprach Jürgen Kaube, Feuilletonredakteur bei der FAZ, in seinem Beitrag über die veränderte Bedeutung des Wortes "bürgerlich".
Unabhängig von den verschiedensten Instrumentalisierungen von Seiten der Parteien, die einen bezeichnen sich als bürgerliche Partei, die anderen entwickeln daraus ein Feindbild für ihre Gegner, solle man sich doch einmal überlegen, ob es unter den Menschen im Staat auch Unbürger gäbe. Im Prinzip sei das Wort bürgerlich überhaupt nicht für die Charakterisierung bestimmter politischer Ansichten geeignet.

Am Dienstag sprach der Pädagoge, Lehrer und Autor Michael Felten über den gravierensten Fehler bei der Diskussion über den schulischen Bildungsbereich.
Für ihn ist das wichtigste Kriterium zur Frage, unter welchen Bedingungen Schulbildung überhaupt bei den Kindern ankommt, die Erziehung im Elternhaus, der Umgang dort mit den Kindern und das frühzeitige Wecken von Interesse an der Realität durch konstantes elterliches Vorbild. Er bestätigt damit teilweise meine Kommentare zum wichtigsten, was Kinder von ihren Eltern mitbekommen sollten. nämlich "Wurzeln und Flügel" (Goethe).

Am Mittwoch behandelte Heribert Seifert, Germanist, Philosoph und Erziehungswissenschaftler, die Frage, ob das Internet für den Qualitätsjournalismus eine Bedrohung darstellt.
Es würde beklagt, hauptsächlich von den alteingesessenen Medien, den Zeitungsredaktionen, dass durch das Internet eine Banalisierung, eine Verflachung jeglicher Qualität in der Berichterstattung um sich greife. Seifert hält dem entgegen, dass es sehr wohl auch Zeitungen gäbe, die sich dieser Banalisierung schon seit vielen Jahren leidenschaftlich verschrieben haben. Allen voran die Bild-Zeitung lebt geradezu von der Banalität, von der Verflachung, der Subjektivierung, ebenso die Klatschpresse und viele andere Druckwerke oder Sendungen in Fernsehen und Radio. Der Anteil an Qualität ist viel mehr mit dem in den alten Medien durchaus vergleichbar.

Gestern, am Donnerstag, sprach Klaus Schroeder, Politologe und Professor am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin, über die verpasste Integrationsstrategie für die Türken in Deutschland.
Weil man in den sechziger Jahren annahm, der Aufenthalt im Land wäre nur befristet, machte man sich keine Gedanken über entsprechende Anforderungen über notwendige Regeln für ein dauerhaftes Zusammenleben mit den Deutschen. Dadurch bestünden auch hauptsächlich die heutigen Schwierigkeiten, die immer wieder aufflammen müssten.

Zum gleichen Thema gab es gestern auch ein interessantes Interview mit dem Islam-Wissenschaftler Bassam Tibi.
Tibi verdeutlichte den Unterschied zwischen Integration, die unbedingt notwendig sei, und der Assimilierung, die dagegen fatal wirke, von Muslimen in europäischen Ländern. Es mahnte einen Euroislam an, in dem einerseits die Pflege des Glaubens von Muslimen möglich bleibt, aber andererseits die strikte Trennung von Staat und Religion und die ausnahmslose Anerkennung und Befolgung europäischer Gesetze und Verfassungsgrundsätze eingehalten wird. Nur so sei ein Zusammenleben auf Augenhöhe möglich.

PS: Heute vor 76 Jahre erreichte die Arbeitslosigkeit in Deutschland mit 6 Millionen Erwerbslosen ihren Höchststand.
Im Jahr 2008 liegt die Erwerbslosenquote noch weit höher, wird aber mit entsprechenden Rechentricks und Statistikzerlegungen offiziell heruntergerechnet (Siehe Beitrag dazu im Januar).


14.02.08

Bezahlung nach Leistung, dieses Konzept hätte einen besonderen Charme. Würde man gleichzeitig den Begriff Leistung in diesem Zusammenhang auf ein objektives Fundament stellen, definierten wir Leistung im kategorisch marktwirtschaftlichen Sinne, also streng am Gesamtnutzen für die Gesellschaft orientiert, bekämen wir einen Anreiz um Zukunftsfähigkeit zu entwickeln.

Momentan ist der Begriff Leistung ausschließlich subjektiv entsprechend der herrschenden Wirtschaftsideologie geprägt. Eine gute Bezahlung genießen Leute, die Bilanzen in die Höhe schrauben, ohne Rücksicht darauf, ob diese Transaktionen der Gesellschaft nicht noch teuer zu stehen kommen können.
Da wird auf Firmengeschäfte geschaut, auf den Anteil am gesamtdeutschen quantitativen Bruttoinlandsprodukt des Unternehmens oder an der Zahl der Beschäftigten. Wenn die Unternehmensaktivitäten insgesamt gesehen auch große Schadkosten an der Gesellschaft verursachen, der Leistungsbegriff wird auf dieses Negative gar nicht ausgedehnt. Wenn die Beschäftigten zur Profitsteigerung entlassen werden, sind die Verantwortlichen trotzdem weiterhin angesehen. Das kurzfristig Positive wird bejubelt, das langfristig Negative unterschlagen.

Der Chef der Mittelstands- und Zockerbank IKB, die jetzt mit vorerst 1,5 Milliarden aus Steuergeldern gerettet werden soll, hat sich kürzlich noch eine neue Millionenabfindung verordnet.
Der Mann trägt die Verantwortung an weiteren Schulden, an weiteren Bürden für die Bevölkerung und unsere Nachkommen und genießt trotzdem hohes Ansehen und gigantisches Gehalt. Seine Pension ist jetzt schon sicher und wird ihn in Reichtum alt werden lassen.
Bezahlung nach Leistung würde aber auch bedeuten, bei fehlender Leistung die Bezahlung auf einen Minimalbetrag zu reduzieren.
Der IKB-Chef müsste im Prinzip auf eine Abfindung ganz verzichten. Als Pension wäre allenfalls die Durchschnittsrente angebracht, wenn überhaupt. Sein bisheriges Vermögen müsste herangezogen werden, um den angerichteten Schaden zu mildern, nicht weil damit viel zu begleichen wäre, sondern aus purer Konsequenz und Gerechtigkeit gegenüber den Geschädigten. Würde man mit den übrigen Managern im IKB-Vorstand ebenso verfahren, käme schon ein kleiner Millionenbetrag zusammen. Vor allem würde eine Abschreckungsbarriere aufgebaut, die zukünftige Bankchefs im eigenen Interesse zu umsichtigerer Führung des anvertrauten Geschäfts anregte.
Den zukünftigen Generationen würde die Pflicht zu ungerechtfertigten Pensionszahlungen genommen und damit deren finanzieller Spielraum ein größeres Stück weit erhalten bleiben. Warum sollten sie für frühere Fehler ewig bluten müssen?

Auch bei der BayernLB, bisher zugegebener Schaden durch Zockertätigkeiten 1,9 Milliarden Euro, müssten die Verantwortlichen konsequent zur Verantwortung gezogen werden. Da die zweitgrößte deutsche Landesbank zur Hälfte dem Staat Bayern gehört, wären hier auch aus der Landesregierung etliche Leute zu entfernen und persönlich haftbar zu machen. Ministerpräsident Beckstein beschwichtigt und Bundeswirtschaftsminister Gloß tadelt die vergangenen Praktiken der KfW, um von der Mitschuld ihrer eigenen bayrischen Parteifreunde abzulenken.

Bezahlung nach Leistung und Erneuerung des Leistungsbegriffs im langfristig gesellschaftsdienlichen Sinne entsprechend den Anforderungen der Kategorischen Marktwirtschaft. Dieses Konzept würde die Zocker, die Abzocker, die Egoisten und Opportunisten weitgehend aus entscheidenden Positionen fern halten.
Sie müssten sich mit ihren miserablen Charaktereigenschaften auf ungefährliche private Unternehmensfelder beschränken, wo sie nur ihresgleichen schaden könnten. Vielleicht aber auch würden sie zur Besinnung kommen und unter menschendienlicheren Anforderungen auch menschendienlicher wirtschaften.

Eben kommt die Meldung, Post-Chef Zumwinkel hat Steuergelder am Fiskus vorbeigeschleust. Sein Haus ist angeblich zur Durchsuchung freigegeben.
Was würde für Zumwinkel eine neue Auslegung der Regel "Bezahlung nach Leistung" bedeuten?

 

13.02.08

Zwei Meldungen und ein roter Faden:


Nokia bleibt hart. Das Bochumer Werk wird im Sommer geschlossen.
Alle Bemühungen von Politik, Betriebsrat und Beschäftigten, alles Hinterhertreten -"Nie mehr Nokiahandys!"-, alles Drohen mit Millionenrückforderungen, alle Empörung -"Diese Bösen, erst kassieren sie in Deutschland, jetzt kassieren sie EU-Gelder in Rumänien!"-, all die vieltausend geballten Fäuste, versteckt in ebenso vielen Taschen -"Das kann doch nicht wahr sein!"-, alle Peinlichkeit angesichts der Dummheit der Landesregierung "Wie kann man nur so naiv gewesen sein!"-, alles Schimpfen der Subventionsgeber -"Das nächste Mal werden wir das aber anders machen!"-, alle Tränen und abgehackte Lebensperspektiven -"Was wird nun werden?!"-, alle Scheinverhandlungsbereitschaft der Nokialeitung -"Wenn wir dabei besser aussehen, wenn wir dabei Zeit gewinnen, gehen wir auf Verhandlungswünsche ein!"-.

Alles umsonst, alles abgekartet, alles vorgeplant, eingeplant, vorausgeplant, zurechtgeplant.
Der Multi geht dorthin, wo er die niedrigsten Löhne an die Beschäftigten zahlen kann. Die Faust der Globalisierung hat diesmal in Bochum eingeschlagen, und die gewaltigen sozialen Schadkosten werden auf die Allgemeinheit abgewälzt, ganz legal, ganz nach den Regeln des Wirtschaftssystems, und, über Umwege, im Prinzip ganz nach den Wünschen der deutschen Politiker!

Was soll man drum herum reden, entweder hat man dieses Wirtschaftssystem ganz oder nicht. "Wir wollen aber bitte nur die Segnungen des Wachstums, nicht die Verhängnisse!"- sprachen die Politiker und mussten in die Röhre gucken. Und dem Volk stand der Mund offen, und es dachte noch bis zum Abend: "Das nächste mal geh ich nicht mehr wählen."


General Motors hat 40 Milliarden Verlust gemacht und will jetzt 74.000 Leute entlassen. Die meisten dieser Beschäftigten haben nach guter alter Tradition Ansprüche auf Betriebrente, Lohnfortzahlung, Zuschläge usw. Genau hier sieht General Motors den Grund für die Verluste. Jedem will man 100.000 Dollar zahlen, der auf seine angesparten Ansprüche verzichtet. Eingestellt wird in Zukunft nur noch ohne jeglichen Sonderleistungen. Deshalb seien japanische Firmen angeblich so effektiv.

Die Tendenzen sind klar: Menschen werden zu Arbeitsrobotern degradiert, die keinerlei biologische oder soziale Ansprüche mehr haben sollen. Da es weltweit keine Schranken gibt, um Menschen in der Produktion vor der Reduzierung auf den reinen Produktionsnutzen zu schützen, wird hier so schnell auch kein Ende erreicht sein. Die übergeordnete Dynamik frisst immer mehr Grundlagen der Gesellschaften weg. Kein Staat und keine Regierung wird dies auffangen können, ja Staaten und Regierungen werden daran zugrunde gehen. Aber, es wird doch so langsam geschehen, dass die Regierenden sich bis zum Schluss der Illusion hingeben werden, das herrschende Wirtschaftssystem der Kapitalistischen Planwirtschaft könne ja doch insgesamt segensreich sein.


12.02.08

Colsky: Am Sonntag beim Spaziergang, bin ich noch mal an der prächtigen Eiche vorbeigekommen, der ich vor fünf Jahren etwas mehr Licht verschafft hatte.

Tusnelda: Wie, mehr Licht verschafft?

Colsky: Na ja, neben der Eiche hat man eine Douglasienkultur angelegt, Bäume dicht an dicht, so dass sie zum Höhenwachstum gezwungen sind. Zwei der Douglasien wuchsen so nahe neben der Eiche, dass sie schon weit in die Krone hineinragten.

Tusnelda: Du hast doch nicht etwa dort was abgesägt?

Colsky: Also die Eiche stand schon lange vorher, ist als freistehender Baum gleichmäßig in die Breite gewachsen. Sie hat das Zeug, ein imposanter Einzelbaum zu werden, so etwas, was man nach weiteren 100 Jahren als Naturdenkmal bezeichnet.

Tusnelda: Nun sag schon, was hast du denn gemacht?

Colsky: In der Eichenkrone waren schon zwei große Lücken entstanden. Wären die beiden Douglasien weiter gewachsen, hätte die Eiche immer mehr Äste absterben lassen, weil diese kein Licht mehr bekommen hätten. Ich hab dann meine Kettensäge eingepackt, bin hingefahren und habe die eine Douglasie einfach gefällt, und die Andere zum Absterben gebracht.

Tusnelda: Ja und was hast du am Sonntag gesehen, wie sieht es denn jetzt aus?

Colsky: Prima, die Eiche hat wieder einen kugelförmigen Lichtraum. Die Krone kann sich nach allen Seiten entwickeln. Weil der Baum weitgehend gesund ist, stehen die Chancen nicht schlecht, dass er zu einem besonderen Blickfang für unsere Kinder und Kindeskinder wird, wenn nicht vorher irgend ein Idiot dem Baum selbst zu Leibe rückt. Es haben da auch mal irgendwelche Jäger einen Hochsitz am Baum befestigt, und die Reste davon müsste man vielleicht auch mal abmontieren, fault aber auch von selbst ab.

Tusnelda: Wer denkt schon über so was nach, früher hat man bestimmte Bäume einfach nicht gefällt, und wenn dies 200 Jahre gut ging, entstand ein Naturdenkmal. Ich frag mich, ob die Förster heute noch bewusst Bäume stehen lassen, bei all den wirtschaftlichen Zwängen.

Colsky: Man müsste an allen potentiell als Naturdenkmal geeigneten Bäumen entsprechende Schilder aufstellen oder diese in einem ewigen Verzeichnis im zuständigen Forstrevier eintragen.
Jeder bewundert stattliche Bäume, aber kaum einem ist bewusst, dass man diese auch über eine lange Zeit schützen und ruhig wachsen lassen muss, denn im jungen Stadium ist der Baum eben noch kein Naturdenkmal. Er muss aber von Anfang an so behandelt werden. Dies ist auch eine Form von Bewahrung von Schätzen für die nachfolgenden Generationen.

 

11.02.08

Sarkozy, Frankreichs Präsident, ist stolz auf sich. Der Mann mit dem gierig-lüsternen Blick hat Frankreich zurück nach Europa gebracht, wie er selbst meint. Der Ersatzvertrag für die gescheiterte europäische Verfassung wird dem Volk in Frankreich nicht zur Abstimmung vorgelegt, er könnte ja noch mal platzen. "Demokratie nein Danke", jetzt auch in Frankreich.
Die deutsche Windmacherin Kanzlerin Merkel klopft sich auf die Schulter, hat sie doch das vertragliche Machwerk während der EU-Ratspräsidentschaft auf den Weg gebracht. Zusammen mit ihrem französischen Kollegen erweist sie den Menschen in Europa einen Bärendienst, wenn sie die europäische Grundsatzökonomie nach ihren naiven und rein ideologischen Vorstellungen festschreiben will.
Europa braucht eine ganz neue, eine endlich realistische wirtschaftspolitische Grundlage, die zukunftsfähig ausgerichtet ist und die nicht irgendwelchen blinden Wachstumsvorstellungen, falsch verstandenen Wettbewerbsbedingungen und der Bevorzugung der Rücksichtslosen unterworfen ist.

Europa muss die Flucht nach vorne antreten. Wenn es lediglich versucht, mit der sogenannten Globalisierung Schritt zu halten, wäre dies ebenso aussichtslos, als würde der Igel sich auf einen Lauf mit dem Hasen einlassen. Er kann nur verlieren, es sei denn, er ändert die Taktik des Wettstreits.
Die einzige Chance für Europa ist das Ausscheren aus den eingeschliffenen weltökonomischen Bahnen, die sich verselbstständigt haben. Bloßes Befahren der schon lange nicht mehr selbst gespurten Loipen wird Europa in einen jähen Abgrund führen.
Die europäischen Staaten müssen sich auf eine Ökonomie einigen, in der sie führend sein können, die zu ihren ethischen Kulturgrundlagen passt. Die herrschende wirtschaftspolitische Ideologie kann sehr viel besser von autoritären Staaten, wie sie in Asien, in Russland oder dem Nahen Osten bestehen, zu vordergründigen Gewinnen genutzt werden.
Das demokratische Europa muss hierbei verlieren, oder soll Europa etwa seine demokratische Grundlagen zurückfahren, wie jetzt in Frankreich geschehen, nur um weiter beim Ausverkauf der Zukunftsmöglichkeiten dabei sein zu können?

 

10.02.08

Sonntags verzichte ich gerne aufs Nachrichtenhören. Die Nachrichten kommen mir da entgegen, denn Sonntags wird kaum Wichtiges gesendet. Auf Dradio bringen sie ab 8:00 Uhr Wiederholungen alter Hans-Rosental-Radiosendungen aus den 1960er Jahren, die damals die Leute vors Radio lockten, wie heute anlässlich einer Gottschalk-Show vors Fernsehen.
Die Sendungen hießen "Allein gegen Alle". Eine Kandidatin/ein Kandidat stellten einer Stadt fünf Fragen, welche diese innerhalb von 15 Minuten beantworten mussten.
Die Übertragungen strahlen eine Ruhe und Übersichtlichkeit aus, wie man sie von heutigen Sendungen nicht mehr kennt. Der besondere Humor von Hans Rosental, Wort- und Situationswitz in unaufdringlicher Art und Weise, wirkt heute noch angenehm.

Ein Gefühl beschleicht mich dabei, wie beim Anschauen alter Filme, ein Vertrautsein mit den Gegebenheiten der Zeit vor 40 Jahren, wo das Leben so schlank und überschaubar war, wo der Konsum beispielsweise den Alltag nicht prägte, sondern noch der Versorgung mit dem Notwendigen diente.
Die Kulissen in alten deutschen Filmen, so banal und klischeehaft ihr Inhalt manchmal auch sein mag, waren schlicht, ganz einfach und vertraut, weil so die Realität war. Die Ortsbilder waren geprägt von Baustilen, denen man ansah, gewachsen zu sein, sich mit den Menschen entwickelt zu haben, mit vertrauten Formen, Proportionen und örtlichen Baustoffen. Auf den Straßen wenige Autos, die Straßen in den Orten eng und unausgebaut. Man spürte bei den Ortsbildern noch, in erster Linie für die Bewohner da sein zu sollen und nicht wie heute vorrangig dem Verkehr dienen zu müssen.
Die Leute waren zu Fuß unterwegs oder mit dem Fahrrad. Autos waren kaum von Bedeutung. Es gab keine technischen Geräte wie Handys und Laptops, die heute den Alltag prägen mit all der Hektik und dem Diktat über den nächsten Augenblick. Alles hatte den Anschein, besser bewältigt werden zu können, war einschätzbar und schien mehr Geduld zu besitzen.

Heute ist der gesamte Alltag bereits stark an die wirtschaftlichen Erfordernisse angepasst. Die Durchökonomisierung sickert in unser Leben wie saurer Regen in den Walsboden. Seit Hans Rosenthals Radiosendung ist viel Ballast unter den Lockbegriffen Fortschritt und Wohlstand über die Leben der Menschen ausgeschüttet worden. Alles soll sich dem "Markt" öffnen. Jeder noch so kleine Private Bereich wird auf Profitmöglichkeiten abgeklopft. Den Menschen wurde jede bescheidene Autarkie geraubt, bzw. ihnen die Anleitung eingeflüstert, diese sich selbst zu rauben.
Heute beginnen wir langsam zu ahnen, welch hohen Preis wir für die Treibjagd in die neoliberale Moderne zu zahlen haben. Wir haben unsere Seelen verkauft, besser: wir wurden zum Verkauf überredet. Wir besitzen viele Dinge und sind ärmer denn je an Zuversicht. Wir errangen viel Bequemlichkeit und haben keine Ruhe mehr. Wir erkennen langsam, dass wir mehr hergaben, als wir bekamen, dass alle Versprechungen, auf die wir hereinfielen, Halbwahrheiten waren.
Jetzt stehen wir da mit dem ganzen kurzlebigen Pomp, ohne Halt, aber mit der Sicherheit, dass unser morgen nicht mehr von uns selbst bestimmt wird, sondern von Mächten, die wir nie bewusst dazu berechtigt haben, die sich unserer bemächtigen, die sich anmaßen, für uns zu sprechen und die offenbar nicht mehr zu stoppen sind.

Ich persönlich werde weiterhin den Strom vieler Dinge von außen weitgehend unterbinden, zumindest, was das Zuhause angeht, werde nicht nur verträgliche Alternativen zu Produkten konsumieren, sondern Konsum ganz allgemein möglichst vermeiden. Ich werde mich von keinem Zeitgeistphänomen zum Nachmachen nötigen lassen, weil mir daraus langfristig nichts Gutes erwächst. Ich werde weiterhin vieles von Hand und unter Einsatz körperlicher Arbeit tun und mir nicht von neuen technischen Errungenschaften helfen lassen. So bewahre ich mir meine Authentizität, meine geistige und körperliche Beweglichkeit und die Objektivität und Heilsamkeit meines Nachdenkens. Auch wenn es teilweise kostspielig sein mag, aber heute schon nach den Regeln der Kategorischen Marktwirtschaft zu leben, ist nicht nur schonend für die natürlichen Lebensgrundlagen, es beschert mir auch eine Zufriedenheit, die mit keinerlei Konsum erreicht werden kann. Ich kann mir sagen, ich lebe das schon jetzt, von dem ich rede und was ich auch für die Gesamtgesellschaft als das Beste erachte.

 

09.02.08

Vier Schlagzeilen:

Nach dem Brand eines Mehrfamilienhauses in Ludwigshafen und dem Tod von 9 türkischstämmigen Bewohnern, fordert der türkische Ministerpräsident Türkischunterricht an deutschen Schulen. Besser wäre bei dieser Gelegenheit eine Empfehlung an seine in Deutschland lebenden Landsleute gewesen, sich den Sitten des Gastlandes unterzuordnen. Die türkischen Parallelgesellschaften von stur konservativen Patriarchen und ihren Familien müssen aufgebrochen werden. Man sollte eher den Deutschuntericht für alle Türken, besonders für Frauen festschreiben, notfalls auch mit entsprechendem Druck.

Die Gewrkschaft der Polizei fordert mehr Geld, bessere Ausrüstung und mehr Personal und begründet dies in erster Linie mit den Gefahren durch den sogenannten internationalen Terrorismus. Wann aber geht die Polizei gegen die viel dominanteren Verbrechen im Inland vor? Wann wird den feinen Herren in Machtpositionen, die ihre Geschäfte zum Schaden der nachfolgenden Generationen machen, das Handwerk gelegt? Diese sind die eigentlichen Verursacher des Terrorismus aus dem Ausland und des noch schlimmer werdenden Terrorismus der Ausgestoßenen im Inland.

Die Finanzminister tagen in Tokio um über die internationale Finanzkrise zu beraten. Im Prinzip beraten Personen über die Abwendung einer globalen Finanzkatastrophe, die vorher über viele Jahre und mit wehenden Fahnen hineingesteuert sind. Diese Leute werden am eigentlichen Grund der Krise nichts ändern wollen. Deshalb wird außer vielen Spesen nichts dabei herauskommen.

Die Landesbanken werden jetzt mit Steuergeldern, also entweder mit Schulden oder Geldern, die eigentlich für soziale Bereiche bestimmt sind, gerettet. Ist auch vorgesehen, die Funktionäre heranzuziehen, die über Jahre in Risikogeschäfte investiert, das anvertraute Geld schlicht und einfach verzockt haben? Deren Privatvermögen müsste für den Verlustausgleich verwendet werden. Jedoch: hier urteilen Krähen über Krähen, ungerechtfertigte persönliche Bereicherung wird ausgeklammert. Das Volk ist wieder mal der Dumme.

 

08.02.08

Vom CO2-Problem in den Hintergrund gedrängt, kommt das weltweite Müllproblem immer mal wieder hoch.
Auf der Website restmuellnet.de habe ich jetzt das Manuskript einer Sendung zum Thema auf Dradio veröffentlicht, mit freundlicher Genehmigung des Senders.
Es handelt vom vielfältigen Müllexport aus Industriestaaten in Entwicklungsländer. Der Müll ist teilweise hochgiftig und gefährdet die Menschen dort, die meist gar nicht wissen, wie dramatisch sie sich in Gefahr bringen.
Im "Spiegel" ist gerade aktuell ein Artikel über die fortschreitende Meeresverschmutzung durch Müll zu finden. Werde den Link dazu nachliefern, wenn der Artikel freigegeben ist, bzw. vom Spiegel die Erlaubnis zur Veröffentlichung anfragen.

Als Sofortmaßnahme gegen das Müllproblem schlägt Zukunftslobby die Einberechnung aller Verwertungs- und Entsorgungskosten individuell in die Preise aller Produkte vor. Bei den meisten Konsumgütern ist zusätzlich eine Art Pfand auf die Materialsubstanz des Produkts notwendig, um zu verhindern, dass diese achtlos in die Bioshäre entsorgt werden. Über ein Pfand kann auch die direkte Zuordnung zu Verwertungsfraktionen sehr viel besser organisiert, die gesetzlich vorgeschriebene Getrennthaltung von Wertstoffen besser gewahrt werden.

Bei den Giftmüllexporten aus Industriestaaten entfiele der finanzielle Anreiz für die Verursacher, weil diese vorab schon alle Kosten, die zur schadlosen und ordnungsgemäßen Entsorgung notwendig sind, bezahlen und diese direkt auf die Preise ihrer Produkte aufschlagen müssten.
Wer schließlich diese Hinterlassenschaften, also die zu Abfall gewordenen Artikel nach der Benutzungsperiode, dann fachgerecht entsorgt, bekommt dieses Geld ausgezahlt. Der Pfandbetrag muss so hoch angesetzt werden, dass die unschädliche Verwertung vor allem für Betriebe in den Verursacherstaaten attraktiv wird, denn dort besteht das beste Knowhow und es sind keine Transporte über die Grenzen notwendig. Eine genaue Kontrolle über die Fähigkeiten und Praktiken der Verwertungsbetriebe ist im Inland am besten möglich.

Letztendlich aber wird die Mülllawine erst dann gestoppt werden können, wenn auch alle anderen, momentan noch externalisierten, Schadkosten auf den Artikelpreis aufgeschlagen werden müssten. Dann bekommt der Müll, sein Rohstoffgehalt, die bereits in ihn investierte Energie und Arbeit und die Summe aller schon geschehenen Transporte, einen Wert, der den Gebrauchtstoff gegenüber neuen Rohstoffen sehr viel attraktiver macht.
Für Hersteller muss es lukrativer sein, Gebrauchtstoffe in der Produktion zu verarbeiten, als Neurohstoffe. Dann wäre das Müllproblem marktwirtschaftlich gelöst. Statt mit Verboten und Vorschriften würden die Verursacher aus eigenem Antrieb den Müll nicht mehr auf Dritte abwälzen. Sie bräuchten ihn selbst und würden alles so gestalten, dass er auch zu ihnen zurückfließt.

 

07.02.08

Webmaster: Heute ist unsere Redaktionssitzung fast noch eine Karnevalssitzung, wenn ich uns auch nicht als Pappnasen bezeichnen würde.

Tusnelda: Ich hab nichts gegen Karneval. Hier im Westen haben wir doch dann so etwas wie kleine Ferien, auch wennde nicht auf eine Kappensitzungen gehst. Früher hab ich mir die sogar im Fernsehen angeschaut, also diese großen aus Mainz beispielweise. Da gab es noch zwei Übertragungen.

Colsky: Wenn ich das schon sehe, da hocken alle Jahre wieder ein ganzer Saal voll schunkelnder Prominenter und Besserverdiener mit Einheitsnarrenkappen und aufgetakelten Partnerinnen und alkoholisieren sich vor der Kamera, um das mittelmäßige Programm auf der Bühne besser ertragen zu können.

Tusnelda: Jetzt mach mal halblang mit deinem Spott. Früher war da mehr Pfeffer drin. Heute ist alles, was in Fernsehen kommt, politisch bereinigt. Immerhin gibt es auch Karneval abseits von dem, was so in die Republik gesendet wird, auch politischen, und dieser würde wahrscheinlich auch dir gefallen.
Aber das ist doch nicht Thema unserer Sitzung heute, oder?

Carlsen: Gestern musste ich mir sagen lassen, nach einem öfter mal witzigen Anfang würden unsere Blogbeiträge jetzt im Februar eher zu ernst ausfallen. Außerdem wären sie manchmal zu lang.

Webmaster: Dann müsst ihr eben ein paar unterhaltsamere Texte verfassen, ich stelle alles von euch rein.

Carlsen: Das mit dem zu lang, gut, seh ich ein. Manchmal kannst du es aber nicht kürzer machen, um auch die Aussage rüber zu bringen. Und zu ernst, dann müssten wir ein völlig anderes Thema wählen und auf eine Kommentierung des Alltagsgeschehens verzichten.

Colsky: Ja aber dieses Kommentieren wollten wir ja gerade. Das Thema muss natürlich bleiben, aber vielleicht solltet ihr auch mal ein bischen mehr Spott in eure Texte legen. Bisher überlasst ihr dies ja mir.

Tusnelda: Ja wenn wir dir den Blog überlassen würden, dächten die Leute, dies wäre ne Kabarett-Site.

Colsky: Hast du was gegen politisches Kabarett? Die Sendung im ZDF mit Priol und Schramm, -Neues aus der Anstalt- ist doch sehr erfolgreich. Und das noch dazu im ZDF, dort, wo die gleichen politisch Gefärbten das Sagen haben, die auch seit etlichen Jahren die Karnevalssitzungen zensieren.

Carlsen: Die richtige Mischung ist gefragt. Wir müssten auch Leuten wie Werner etwas bieten, den ich gestern in der Stadt getroffen habe. Der ist voll desillusioniert und depressiv drauf. Früher hat er sich stark kommunalpolitisch engagiert, hat die Ortsgruppe der Grünen mitgegründet, hat vier Jahre im Stadtrat gesessen und ist dort vom roten Filz verarscht worden.

Tusnelda: Aber ne grüne Partei gibt es doch gar nicht mehr dort.

Carlsen: Hat sich schon lange aufgelöst, es gab so gut wie keine Unterstützung aus der Bevölkerung, abgesehen dass man sie gewählt hat. Dann hat Werner noch die BUND-Ortsgruppe mit ins Leben gerufen und ist dort dann auch raus, als der Bürgermeister sich da zur grünen Profilierung reingemischt hat. Die gibt es heute auch nicht mehr. Dann hat Werner noch versucht, eine Greenpeacegruppe zusammen zu bekommen, auch vergebens. Systematisch haben sie ihn gemobbt. Seine Leserbriefe sind verpufft. Heute ist er ein überzeugter Anhänger der "Hat-ja-doch-alles-keinen-Zweck"-Bewegung.

Webmaster: Ich denke, solche Leute kannst du nicht bedienen, die suchen ja systematisch nach "Hat-ja-doch-alles-keinen-Zweck"-Artikeln.

Colsky: Wir können die Site ja umbenennen, etwa in "Die Hölle ist nah-Blog". Es gibt viele Leute, die fleißig im Netz nach Negativnachrichten suchen, nur um sich immer wieder ihr unvollständiges Weltbild zu bestätigen.

Carlsen: Solche Leute sind dann auch empfänglich für Verschwörungstheorien. Verdrängen wir aber nicht:
Hieran können wir uns auch messen, schaffen wir es mit neuen Argumenten, solche Leute positiver denken zu lassen? Kann man es schaffen, dieses Potenzial der Enttäuschten für einem überparteilichen Widerstand zu gewinnen?

Webmaster: Eben! Liebe Leute denkt daran, unser Verein will zwar die Gegenwartssituation kritisch darstellen aber vor allem auch Hoffnung geben. Denkt daran beim Texte schreiben, und, ein paar mehr Bilder brauchen wir. Strengen wir also unsere Köpfe an.

 

06.02.08

Am vergangenen Montag stellte im Politischen Feuilleton auf Deutschlandradio der Journalist, Sozialwissenschaftler und Autor Uwe Bork in seinem Beitrag die Frage, ob die Bezeichnung Dienstleistungsgesellschaft nicht eigentlich überholt ist. Er beleuchtete den immer häufiger anzutreffenden Abbau von Dienstleistungen, bzw. die Übertragung von Diensten weg von menschlichen Wesen und hin zu Automaten.
Bork: "Die modernen Gesellschaften industrieller oder gar post-industrieller Prägung scheinen sich immer schneller auf das Niveau von Do-it-yourself-Kommunen längst vergangener Pioniertage zurückzuentwickeln. Galt es bis in die jüngste Vergangenheit noch als ausgemacht, dass primärer und sekundärer Sektor fortgeschrittener Volkswirtschaften, also Landwirtschaft und Industrieproduktion, zugunsten des tertiären Sektors - sprich: Dienstleitung, Service und Beratung - schrittweise an Bedeutung verlieren würden, so scheint der simple Augenschein unseres Alltags inzwischen massiv gegen diese These zu sprechen."
Bork erinnert sich an den Philosophen Ivan Illich, der einst das Wort von der "zeitraubenden Beschleunigung" prägte. Illich meinte damit die damals zunehmende Rolle moderner Verkehrsysteme und stellte die Frage, ob der Zeitgewinn nicht durch den ganzen Aufwand wie Bau, Unterhalt und sonstige Investitionen wieder zunichte gemacht wird.
Bork überträgt die Ansicht Illichs auf die Gegenwart und stellt einen beschleunigten Abbau der Dienstleistungen fest.

Heute fällt mir zu Zeitraubender Beschleunigung der öde Kampf mit virtuellen Stimmen am Telefon ein, die mittlerweile jeder Telefonanbieter oder Internetdienstleister statt echter, freundlicher Menschen in seinen Servicecentern postiert hat.
Kürzlich war in einer Zeitung ein nützlicher Tipp abgedruckt, mit dem man in einem solchen Fall die Weiterverbindung zu einem lebenden Mitarbeiter erwirken könne. Man solle nur ein freundliches Liedchen singen, statt den Anweisungen zu folgen und siehe da: bald kapituliert der Automat. Es ist allerdings zu vermuten, dass von Seiten der Konzerne diesem Trick bald mit neuer Software begegnet wird oder dass das Gespräch einfach zum Abbruch kommt.
Im Prinzip müsste man vom Bundesverbraucherministerium eine gesetzliche Regelung verlangen, die solche Firmen dazu verdonnert, an eingerichteten Servicetelefonen richtige Menschen zu postieren, die Fragen beantworten und Gespräche weiterleiten.
Ebenso müsste verboten werden, mehr als eine Gesprächseinheit für eine Serviceanfrage zu berechnen. Momentan wird über teure kostenpflichtige Verbindungen enorm viel Geld verdient, was dem Ausdruck "Service" schon lange nicht mehr gerecht wird.
Welch ein Anreiz entsteht hier für die Firmen, wenn nicht nur an den Produkten selbst verdient werden kann, sondern auch kräftig an den Fragen der Kundschaft zur Mangelhaftigkeit der Produkte?
Auch müsste die Politik schlecht übersetzte und zu klein gedruckte Gebrauchsanweisungen verbieten, bzw. müsste die Produktzulassung auch vom Vorhandensein einer gebrauchsfähigen Gebrauchsanweisung abhängig machen.
Wird Bürgern der Umgang mit komplizierten Computermenüs über Touchpads oder Tasteneingabe zugemutet, etwa in Behörden und Banken oder bei der Bahn am Fahrkartenautomaten, müssen jegliche Fehler die dabei entstehen können zu Lasten des Unternehmens gehen, welches hier lebende Angestellte durch Apparate ersetzt hat.

In diesem Bereich läge ein enormes Potential für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Wenn Menschen Fragen stellen, sollen es auch Menschen sein, die antworten. Die Politik müsste nur den Unternehmen entsprechende Vorgaben machen. Diese sind auf die Einrichtung von Kommunikationsmöglichkeiten angewiesen, und diese sollen bitteschön lebende Angestellte sein.
Wenn dieses aber fahrlässig und technikgeil durch den elektronisch begünstigten Roboterwahn der Gegenwart ersetzt wird, hat dies weder etwas mit Dienstleistung, noch mit Fortschritt zu tun. Wer dies trotzdem behauptet, zeigt seine Bereitschaft, den Menschen als den Mittelpunkt allen Strebens durch einen Götzen zu ersetzen.

Analog zur Feststellung, dass der Mensch in der herrschenden Ökonomie eigentlich zunehmend für die Wirtschaft da ist, statt umgekehrt, kann man hier sagen:
Die Periode nach der Periode der Dienstleistungsgesellschaft, in welcher die Dienstleistung für den Menschen da war, hat begonnen, - fortan hat der Mensch immer stärker für die Dienstleistung da zu sein.
Wenn der Ersatz von Menschen durch Apparate den entsprechenden Unternehmen Kosten einspart, - nur deshalb wird dies ja praktiziert -, und die Maschinenkommunikation den Kunden letztlich aber mehr Ärger und Zeitaufwand beschert, haben wir es mit einem Fall von Profitsteigerung mittels Kostenabwälzung zu tun. Die Kosten sind ja nicht weg, sie wurden lediglich vom Unternehmen in den Bereich ihrer Kunden externalisiert, also der Allgemeinheit zur Last gelegt.

 

05.02.08

Heute sei noch der letzte Aspekt behandelt, der sich aus den Ergebnissen der Verzehrstudie ergibt. Von der Presse wurde eine sehr leichtförmige Schlussfolgerung gezogen, die zwar populär sein mag, aber ganz und gar nicht logisch. Die Süddeutsche Zeitung titelte einfach: "Bildung macht schlank." Dies war auch das Resultat anderer Medien, wenn sie sich mit dem Thema befassten.

Drei Phänomene in der Gesellschaft sind in Beziehung gesetzt worden: Bildungsgrad, Ernährungsgewohnheiten und Einkommenshöhe. Mehrere Kombinationen sind hier möglich, will man untersuchen, ob eines vom anderen abhängig ist.

Am ehesten nachvollziehbar ist der Zusammenhang, dass eine höhere Bildung (hier verstanden als Schulbildung und Grundlage einer höher qualifizierten Ausbildung) ein höheres Einkommen ermöglicht. Zu dieser Erkenntnis braucht man noch keine Verzehrstudie. Außerdem gibt es hierzu eine Menge Gegenbeispiele, Menschen, die mit einfacher Schulbildung wirtschaftlich sehr erfolgreich sind und solche, denen ihr Abitur zu keinem überdurchschnittlichen Einkommen verhelfen konnte. Hierbei sind sicherlich momentane Lagen auf dem Arbeitsmarkt oder in der betreffenden Branche, aber auch individuelle Charaktereigenschaften ausschlaggebender.

Außer diesen beiden Zusammenhängen( "Bildung macht schlank" und "Bildung ermöglicht hohes Einkommen") wäre im Bezug zur vorliegenden Studie kein dritter konstruierbar.
Würde man etwa sagen: "Hohes Einkommen führt zu besserer Bildung", wäre das zeitliche Aufeinanderfolgen auf den Kopf gestellt. Natürlich könnte ein gut verdienender Mitbürger einen Teil seines Verdienstes dazu verwenden, um sich in besonderen Kursen, Seminaren und Schulungen weiter zu bilden.
Auch ist die Folgerung, "Bessere Ernährung führt zu besserer Bildung", nicht ganz von der Hand zu weisen. Kinder, die zuhause gut gefrühstückt haben, können sich im Unterricht besser konzentrieren.

Aber: Letztlich wird man nicht an der Frage vorbeikommen, ob die drei Merkmale vielleicht eher von einem vierten Aspekt beeinflusst werden, der relativ früh in der menschlichen Entwicklung statt findet.
Gestern sprach ich von einem tieferen, psychologischen Grund für das Dickwerden bei Menschen. Von diesem Grund kann auch die Fähigkeit zu besserer Bildung, als auch die Befähigung zur Berufskarriere mit höherer Bezahlung entscheidend abhängen.
Die Verzehrstudie wäre dann nur ein kleiner Lichtstrahl in einen dunklen Raum unserer Gesellschaft, dessen Erhellungseffekt dazu noch fehlinterpretiert wird, weil wir von dem in diesem Raum befindlichen nur wenig Ahnung haben.
Soziologen, Pädagogen und andere Menschseins-Wissenschaftler könnten hierzu sicherlich mehr aussagen, doch deren Erkenntnisse sind subtiler, als es ein durchschnittlicher Bürger nachvollziehen kann, ja auch schwieriger, als es die Zeitungsschreiber zu interpretieren (eben reduziert auf: "Bildung macht schlank.")in der Lage sind.

Diese tiefere Voraussetzung beim Menschen für überdurchschnittlich gute Ernährungsgewohnheiten, Schul- und Ausbildung und berufliche Befähigung, hängt entscheidend davon ab, was Goethe mit seinem weniger bekannten Ausspruch gemeint hat. Goethe sagte:" Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel."
Was er hiermit gesagt hat, ist gerade in der heutigen Zeit der Schlüssel zur Erklärung der meisten Fehlentwicklungen unserer Gesellschaft.
Die verkümmerten Wurzeln und gestutzten Flügel von immer mehr Zeitgenossen führen vor allem nicht nur
- zu schlechterer Bildung, genauer: reduzierter Wissbegierigkeit als erster Aufnahmevoraussetzung im Unterricht,
- zu kontrabiologischen Ernährungsgewohnheiten, genauer: mangelhaftem bewusstem und intuitivem Wissen um die Notwendigkeiten für den eigenen Körper
- und zu geringem Einkommen, genauer: reduziertem Marktwert durch schlechte berufliche Qualifizierung, geringe Phantasie und Kreativität im Beruf, fehlende Charaktereigenschaften um auf Neues schnell und richtig zu reagieren.

Die unzureichend ausgebildeten Wurzeln und Flügel sind auch verantwortlich für schlechte soziale Intelligenz, mangelhafte Verantwortungsbereitschaft, Gleichgültigkeit bezüglich der natürlichen Lebensgrundlagen, Neigung zu Parteiischsein und ideologisiertem Denken, und, um wieder auf die Kategorische Marktwirtschaft zu kommen:
Verkümmerte Wurzeln und Flügel bei so vielen Menschen führen zu fataler Rücksichtslosigkeit, zur Verdrängung jeglicher Bedenken, ein Leben auf Kosten Dritter und einen Profit zum Schaden Dritter zu wählen!

 

04.02.08

In den vergangenen beiden Tagen behandelten wir die "Verzehrstudie" und den Waldzustandsbericht aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Die Ergebnisse dieser beiden Berichte lassen sich noch etwas tiefer untersuchen. Ich will nicht sagen, es gäbe Gemeinsamkeiten, aber gewisse Entsprechungen bei beiden Themen sind nicht zu leugnen.

Der Vorsitzende des BUNDs Hubert Weiger verglich die Bäume im Wald, die einerseits mit den Wurzeln in einem schadstoffbelasteten Boden stecken und andererseits mit Düngerüberschuss aus der Landwirtschaft und höheren CO2 Konzentrationen aus der Luft schneller wachsen, mit künstlich aufgeblähten Wassertomaten aus dem Gewächshaus.
Lediglich auf Größe getrimmt, lässt bei diesen Tomaten alles Qualitative zu wünschen übrig. Die Tomaten stecken in einem künstlichen Substrat, das ihnen Wasser und Flüssigdünger zuführt und nehmen genau den Zustand an, wie ihn die Gemüsebauer geplant haben, einen Zustand der einen niedrigen Kilopreis und entsprechenden Absatz und Profit bringt. Auf dem Weg zur Ernte muss die schwach und krank gefütterte Tomate noch dazu mit allerlei Pestiziden vor allen möglichen Schädlingen und Krankheiten geschützt werden.

Beim Wald wird die Überdüngung und Schwächung des Baumorganismus nicht absichtlich und gezielt eingeleitet. Dieses passiert hier eher mittels, beiläufig während entsprechender Produktionsprozessen ausgestoßener Stoffe, die nicht zurückgehalten werden können und letztlich in die Luft und auf die Böden "entsorgt" werden.
Die Freisetzung der schädlichen Stoffe geschieht beim Wald aber ebenfalls aus Profitzwecken, wenn auch nicht direkt. Die Schadstoffe wie Mineraldünger und Landwirtschaftsgifte, sowie Gase aus Verbrennungen wie CO2, Stickoxide, Schwefeldioxid, etc. sind externalisierte, also auf die Allgemeinheit abgewälzte Begleiterscheinungen der entsprechenden Produktionsprozesse.
Die im Waldzustandsbericht dokumentierten Waldschäden passieren nur deshalb, weil die Verursacher der Schadstoffe diese ohne eine Verantwortung ganz legal auf Dritte abwälzen können.
Würde man hier, wie es die Kategorische Marktwirtschaft fordert, die von den Giftstoffen zu erwartenden Schadkosten, gleich zu Anfang den Verursachern voll anlasten, so dass diese die Kosten auf die Preise ihrer Produkte aufschlagen müssten, würden die zugrundeliegenden Produktionsarten und Verfahrensweisen nicht wettbewerbsfähig werden können. In einem derart anders gestalteten, wirklich fairen Wettbewerb würden die Waldschäden deshalb gar nicht entstehen.

Schlagen wir die Brücke zum in der Verzehrstudie genannten und immer tragischer werdenden Problem mit der Übergewichtigkeit der Bundesbürger. Auch zu dieser Entwicklung tragen massive wirtschaftliche Interessen entscheidend bei.
Lässt man mal den tieferen, psychologischen Grund für das Dickwerden bei Menschen außer acht, so bleiben zwei Faktoren:
1. - Falsche Ernährung, also fehlende Qualität, und
2. - zu viel Nahrung, also übermäßige Quantität.
Beides ist von der Wirtschaftsstruktur gewollt. Die Nahrungsmittelindustrie hegt dementsprechend zwei Primärinteressen, mit welchen ihr Profit ständig gesteigert werden soll:
1. Man offeriert der Bevölkerungsmehrheit die Nahrungsmittel, die möglichst billig, also mit möglichst großer Gewinnspanne bereitgestellt werden können. Dadurch sinkt vor allem die Nahrungsqualität.
2. Man muss, um den Absatz zu steigern, immer mehr Nahrungsmittel absetzen. Wenn die Zahl der Kunden gleich bleibt, müssen diese also immer mehr konsumieren.

Der Zwang zu wirtschaftlichem Wachstum herkömmlichen Verständnisses in einer Gesellschaft, führt, ins Thema Ernährung übertragen, unweigerlich zur Übergewichtigkeit von immer mehr Gesellschaftsmitgliedern.
Die dadurch entstehenden Schadkosten, beispielsweise Verlust von Lebensqualität und Leistungsfähigkeit für Betroffene, Beeinträchtigung durch übergewichtsbedingte Krankheiten, oder auch die finanziellen Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, werden von der Nahrungsmittelindustrie als dem Hauptverursacher nicht getragen.
Eine Ernährungsstruktur, die sehr viel gesünder wäre und Übergewichtigkeit vermeiden würde, ist zwar denkbar, doch sie würde den momentan agierenden Unternehmen sehr viel weniger Gewinn in Aussicht stellen, ebenso, wie dem Staat weniger Steuern und Abgaben.

Die schlechte Ernährungs- und Gesundheitslage unserer Nation ist, mit anderen Worten, nichts anderes, als die direkte Folge der Abwälzung sozialer Schadkosten aus der Ernährungsindustrie auf die Allgemeinheit. Oder: Die sogenannte "wirtschaftliche Freiheit" in der herrschenden Kapitalistischen Planwirtschaft macht Millionen Menschen direkt und unmittelbar krank.
Auch hier lässt sich das Problem nur mit dem Wechsel zur Kategorischen Marktwirtschaft wirklich lösen.

 

03.02.08

Von der Klimadiskussion in den Hintergrund öffentlicher Aufmerksamkeit gedrängt ist der Wald in Deutschland kränker denn je. Sein Zustand verschlechtert sich unablässig und das rapider als bisher angenommen.
Dies geht aus dem neuesten Waldzustandsbericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums hervor.
Die Zeitschrift Stern interviewte den Vorsitzenden der Naturschutzorganisation BUND Hubert Weiger zum Thema. (Interview ist auch als Video verfügbar.)

Laut Weiger "wollte Seehofer die Daten des Waldzustandsberichts eigentlich gar nicht oder verspätet veröffentlichen - und hat sich nur unter dem Druck der anberaumten Bund-Pressekonferenz in Berlin am Mittwoch zur Publikation entschieden.
Die Daten wurden allerdings nur auf die Homepage des Ministeriums gestellt, eine öffentliche Präsentation - und die damit verbunden kritischen Nachfragen - hat sich das Ministerium erspart".
Weiger macht Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer für den schlimmen Zustand mitverantwortlich, dieser tue zu wenig gegen die Überdüngung in der konventionellen Landwirtschaft. Er habe auch kein großes Interesse daran, dies zu dokumentieren, weshalb der diesjährige Bericht der Öffentlichkeit nicht offiziell präsentiert wurde. Beim Thema Waldsterben könne Seehofer die Verantwortung nicht so leicht auf die Weltsituation schieben.
Wieder mal sind mehr Bäume krank, als im letzten Jahr.
Schuld sind
die Luftverschmutzung durch Abgase und Stäube und die Hinterlassenschaften der konventionellen Landwirtschaft. Durch die Überdüngung im Boden und durch die höhere CO2-Konzentration wachsen die Bäume schneller, sind aber empfindlicher. Sie nehmen mehr Schadstoffe auf und kommen so noch rascher in einen kritischen Zustand.
Der Anteil der leicht geschädigten Bäume ist laut des Berichts von 40 auf 45 % gestiegen. Bei den schwer erkrankten Bäumen ist der Anteil offiziell zwar von 28 % auf 25 % gesunken. Wie in jedem Jahr ist dies aber lediglich mit der verstärkten Rodung solcher Bäume, also faktisch mit Notschlachtung zu erklären. Das Holz wird vorzeitig geschlagen, um es wenigstens vor dem Verfaulen zu bewahren und noch als Brennholz absetzen zu können.

 

02.02.08

Zwei wichtige Papiere, die Auswirkungen von zwei Arten externalisierter Schadkosten unserer Ökonomie dokumentieren, sind in dieser Woche im Seehofer-Ministerium (auch genannt Bundesverbraucherministerium) veröffentlicht worden.
Sehr schnell waren sie aus dem Gespräch in die Versenkung abgedrängt worden, da sie der Politik abermals das immer gleiche Armutszeugnis ausstellen.

Für die sogenannte Verzehrstudie wurden bundesweit 20000 Menschen im Alter zwischen 14 und 80 Jahren in zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Das Ergebnis: In Deutschland sind 66 Prozent der Männer und 50,6 Prozent der Frauen zum Teil stark übergewichtig. 20 Prozent der Bundesbürger sind so dick, dass sie als fettsüchtig, als adipös bezeichnet werden müssen.
Sehr aufschlussreich dabei: Je nach Schulabschluss und der Höhe ihres Haushaltseinkommens pflegen die Befragten ein stark unterschiedliches Ernährungsverhalten.
Befragte mit geringer Bildung sind im Durchschnitt deutlich dicker als solche mit höherem Bildungsgrad. Ebenso finden sich in den niedrigen Einkommensgruppen mehr Dicke als in den oberen Einkommensgruppen.

Kurzerhand folgert man daraus: Ein niedriger sozialer Status erhöht das Risiko für Übergewicht.
So leicht wollen wir es uns nicht machen, wenn auch einige Zahlen hierauf hindeuten.
Männer mit Hauptschulabschluss waren zu fast 75 Prozent übergewichtig oder sogar fettsüchtig, während Männer mit Abitur hingegen nur zu knapp 55 Prozent in diese Gewichtsklasse fielen. Bei den Frauen war der Unterschied noch gravierender: Teilnehmerinnen mit Hauptschulabschluss waren zu 66 Prozent übergewichtig oder fettsüchtig, Frauen mit Abitur dagegen lediglich zu knapp 31 Prozent.

Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Bildungsstand ist sicherlich nur teilweise direkt zutreffend, genauere Rückschlüsse können nur über die Betrachtung mehrerer Faktoren gezogen werden.
Auch ist der Zusammenhang mit dem Einkommen zu oberflächlich hergestellt.
Wenn auch eine höhere Bildung bessere berufliche Möglichkeiten mit sich bringt und damit die Wahrscheinlichkeit zu höherem Einkommen, so kommt es doch auf die Qualität der Bildung an, wenn diese auch noch zu einer besseren Ernährung verhelfen soll.
Eine Bildung, die zu höherem Einkommen befähigt, führt nicht automatisch auch zu besseren Ernährungsgewohnheiten, bzw. ein Wissen um die richtige Ernährung befähigt nur selten gleichzeitig zu einer lukrativeren Erwerbsarbeit.
Wenn 55% der Männer mit Abitur zu dick sind, so kann man auch folgern, wirft dies kein gutes Licht auf die Qualität des Lehrstoffs in den deutschen Gymnasien. Er verhindert nicht das Dickwerden der Menschen mit Abitur, allenfalls befähigt er 45 % der Abiturienten, dazu sich das Wissen um eine gute Ernährung außerschulisch besser aneignen zu können. Hier sind dann Menschen mit Hauptschulabschluss, (zu 75 % übergewichtig) nur zu 25 % in der Lage.
Sollte man nicht besser sagen: Das, was einen Teil der Menschen zu besseren Ernährungsgewohnheiten bringt, befähigt sie auch stärker zum Besuch einer höheren Schule. Damit wäre die Bildungsfrage ganz außen vor und die Frage reduziert sich auf die Betrachtung des vorschulischen Bereichs, also auf die allgemeine Befähigung durch die Erziehung im Elternhaus. Ebenfalls plausibel: Wer hier überdurchschnittlich gut zum Annehmen gesunder Ernährungsgewohnheiten erzogen wird, taugt besser zum Besuch des Gymnasiums und kann seine Lebensplanung hin zu einem höheren Einkommen früher und effektiver planen.
Und: Wer im Elternhaus keine guten Anregungen zur gesunden Ernährung mitbekommt, dem fehlen verstärkt auch die Anreize zum Besuch der höheren Schule und das Durchsetzungsvermögen eine höhere berufliche Qualifikation zu erreichen.

Auch stimmt nur zum Teil, dass ein geringes Einkommen zu schlechterer Ernährung nötigt. Auch mit wenig Geld kann man sich gut ernähren, wenn man nur will, und wenn man bereit ist, seine Einkaufsmöglichkeiten im Umfeld genau auszuloten. Dafür wiederum braucht es eventuell besserer intellektueller Möglichkeiten.

Fazit: Nicht bessere Bildung oder mehr Geld bewahren vorm Übergewicht. Bessere Startbedingungen ganz zu Anfang des Lebens eines jeden Einzelnen befähigen zu A. besserer Bildung, B. gesünderen Ernährungsgewohnheiten, C. zum Erreichen besser bezahlter Erwerbsarbeit.

Morgen die andere Studie: Waldschadensbericht 2007.

01.02.08

Nun ja, Merkel hat sich jetzt doch noch mal hinter Koch gestellt. In der FAZ sagte sie, man dürfe das Thema Jugendkriminalität nicht ausklammern.
Natürlich nicht, Frau Merkel, darum geht es doch gar nicht!

Natürlich besteht hier ein Problem, also eine Frage, die nach einer Antwort verlangt. Nur, es ist von den angesagten Parteien bis heute keine befriedigende Antwort gekommen. Man beschränkt sich in immer ähnlich strukturierten Verlautbarungen darauf, durch spektakuläre Ausgestaltung der Frage den Eindruck zu erwecken, man sei auch dazu legitimiert, eine gute Antwort zu finden.
Raffiniert und altbekannt zugleich, was Merkel da vorführt.
Die gleichen WählerInnen, die Koch im Visier hatte, sollen nun nicht durch die Distanzierung einiger Unionspolitiker nach der Wahl enttäuscht werden. Durch Wiederkäuen der Frage kann man die Hellhörigkeit der "Stammtischwähler" erhalten und verhindern, dass diese ins Rechtsaußen abwandern.
Eine wirkliche Antwort auf die Frage nach der Jugendkriminalität braucht es dann gar nicht mehr.

Ähnlich hat es Merkel schon immer auch bei anderen ausgewählten Themen getan. Bei der Klimadisskussion konnte sie ihr grünes Jäckchen erfolgreich und völlig unverbindlich frisch einfärben. Sie konnte dabei auf die, oft auch unbeabsichtigte, Hilfe vieler bedeutender Medien bauen. Diese sind meist nicht in der Lage, jenseits des jeweils öffentlich herumwirbelnden Teil des Themas, auch die Facetten zu beleuchten, die eine Lösung aufzeigen können. So lassen auch viele Zeitungen die Kanzlerin kompetent erscheinen, eine langfristig fatale Praxis.

Inhaltlich einschläferndes Gerede, Polarisieren, hektisches Setzen von "Duftmarken", Aussitzen, Unterschlagen, dieses ist die Art von Führung, über welche die deutsche Kanzlerin nicht hinaus kommt.

Zum Thema Integrations- und Ausländerpolitik gab es heute auf Dradio ein interessantes Politisches Feuilleton.
Josef Schmid, Soziologe, Philosoph, Psychologe und Wissenschaftler u.A. auf den Gebieten Bevölkerungsprobleme der industrialisierten Welt und der Entwicklungsländer, Kulturelle Evolution und Systemökologie liefert eine völlig andere Qualität von Aussagen und Feststellungen zum Thema. Sehr lesenswert!