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August 2008

 

August 2008

31.08.08

Schweigend stehen sie in unseren Städten und sind dort oft die letzte sichtbare Erinnerung an die unendlich reichhaltige Natur, in welcher der Mensch sich ursprünglich entwickelt und über Jahrtausende bewegt hat.
Sie spenden die Farbe Grün, dessen Unverzichtbarkeit für eine heiterere Variante des Gemüts so mancher nur noch spürt, wenn er auf diese einmal länger gänzlich verzichten muss.
Bäume sind unsere Geschwister, doch dies vergessen immer mehr Zeitgenossen unter dem Alltagsbrei, welcher heute meist nur noch aus Zwang zur Erwerbsarbeit einerseits und aus vermeintlicher Freizeit davor, in Wahrheit ein fast ebenso zwanghafter Konsum von Freizeitaktivität, ja schon fast wie Instantpulver, besteht.

Unsere Geschwister auf der Rasenfläche neben dem Hochhaus nehmen viele gar nicht mehr wahr, nicht die hocherhobene Ursache des Schattens, nicht den selbstlosen Filter unserer Atemluft, nicht den eigentlichen Bewahrer vor Verzweiflung angesichts permanenter Beleidigungen für unsere Augen und Ohren durch die elendig trostlose urbane Gestalt.

Bäume stöhnen auch nicht wenn sie verletzt werden oder wenn sie im Sterben liegen. Wer hat noch Antennen von uns Menschen, um deren Not neben unserer eigenen zu spüren?
Autofahrer parken bedenkenlos auf den Wurzelscheiben, Akademikerinnen schütten das Wischwasser mit Reinigungskonzentrat bedenkenlos ins Pflanzbeet neben ihrer Eigentumswohnung, Kommunalarbeiter verstümmeln Großbäume und töten sie so, weil der behutsame und begleitende Schnitt 30 Jahre lang aus Unkenntnis unterlassen wurde, usw.

In der vorletzten Woche lebte ich 14 Tage in München und hätte eine ganze Fotoserie zu dem Thema schießen können. Doch die Kamera war meist nicht dabei.


Hier etwa hatte die Hausverwaltung eine Platane als Schilderhalter gewählt, aber nicht bedacht, dass diese auch ein Dickenwachstum bekommt.


Also bin ich mit einem Schraubenzieher hoch gestiegen und habe die Schraube so weit als möglich zurück gedreht
.
Jetzt sind wieder 3 Zentimeter Luft zwischen Stamm und Schild. Am liebsten hätte ich das Schild ganz abgeschraubt und weggeschmissen, doch womöglich hätte man sich als Ersatz noch etwas weniger Akzeptables einfallen lassen.

Hoffentlich kommt in zwei/drei Jahren wieder jemand mit Augen für Bäume und einem Schraubenzieher dort vorbei.

 

30.08.08

Nach dem gestrigen Kommentar noch eine Anmerkung zu Tiefensees Aufruf an die Bau- und Baustoffbranche, mehr Anstrengungen für den Klimaschutz aufzubringen, und ein schönes Beispiel für Milchmädchenrechnungen innerhalb allgemeiner Externalisierungspraxis der Gegenwartsökonomie.
Immer mehr Baustoffe, die früher wie selbstverständlich in Deutschland abgebaut und bearbeitet wurden, werden aus dem Ausland importiert. Hier handelt es sich in erster Linie um edlere Steinbruchprodukte wie Dachschiefer, Pflastersteine, Natursteinplatten oder Materialien für Steinmetz- und Fassadenarbeiten.

Vor fast 30 Jahren wurde der Marktplatz meiner Heimatstadt mit Pflastersteinen aus Norditalien, einem hellgrauen Basaltgestein, gestaltet. Dieses Material war damals am billigsten, und die verschuldete Kommune war auch per Gesetz zu dieser Wahl gezwungen. Heute weisen diese importierten Steine deutliche Frostschäden auf, zerbröseln immer wieder und müssen nachgearbeitet werden, und man erkennt langsam, dass das billigste Angebot auch das wertloseste war.

Besonders pikant ist dabei die besondere Rolle der Stadt in Punkto Pflastersteinherstellung. Seit mehr als hundert Jahren wird in den Steinbrüchen um die Stadt ein sehr wiederstandsfähiges Gestein, ein grauschwarzer Melaphyr abgebaut. Bis in die 1960er Jahre hinein verwendete man dieses Material, neben der Verwendung als Mauersteine, vor allem zur Herstellung von Pflastersteinen.
Viele Männer der Stadt fanden ihr Auskommen, indem sie mit angeeignetem Geschick und Erfahrung mit wenigen Schlägen Pflastersteine in allen Größen herstellten. Mit Lederschürzen saßen sie zu mehreren unter entsprechenden Schuppen. Vorschläger richteten das angelieferte, abgesprengte Gestein mit großen Hämmern und eisernen Keilen in kleinere Brocken. Sie erkannten sofort die für Laien nicht sichtbaren Schwachstellen und Linien im Stein, entlang derer man mit geringstem Kraftaufwand genau das gewünschte Durchreißen bewirken konnte. Eine Schmiedehütte hielt sämtliche Werkzeuge im immer optimal scharfen Zustand.
Die Steine wurden als Belag für schwer beanspruchte Straßen mit der Eisenbahn in etliche Regionen geliefert. Überall war die Investition in dieses langlebige Material als sehr lohnenswert bekannt.

Heute, und nachdem durch die Konkurrenz mit maschinenerzeugten Billigsteinen die Kirner Plastersteinproduktion unrentabel geworden war, wird aus dem hervorragenden Material nur noch Split und Schotter hergestellt. Eigentlich ist dies eine Verschwendung inländischer Ressourcen. Doch die verzerrte, gegenwärtige Art von Wettbewerb innerhalb der externalisierenden Ökonomie, zwingt zu diesem Ergebnis.

Pflastersteine kommen heutzutage auch nicht mehr aus Norditalien, diese Region ist mittlerweile im Zuge der sogenannten Globalisierung ebenfalls abgehängt, nein, sie kommen aus China.
Wenn die Tonne Granit beispielsweise trotz des enormen Transportaufwands um die halbe Erde bei uns nur 200 Euro, gegenüber 1200 Euro für heimischen Granit kostet, werden jegliche Qualitätsanforderungen über Bord geworfen. Was die Chinesen liefern, ist teilweise so miserabel, dass es in deutschen Brüchen nur die Halde hinuntergeschüttet werden würde.

Die Quittung für diesen praktizierten Aberwitz der herrschenden Ökonomie zahlt natürlich die Allgemeinheit und die nachfolgenden Generationen.
Externalisiert werden in solchen Fällen etwa:
--- Die Umweltschäden durch die sehr viel rücksichtsloseren Abbaumethoden in China.
--- Die sozialen und menschenrechtlichen Schäden durch Kinderarbeit, Sträflingsarbeit oder sonstige Ausbeutungsformen zur Rohstoffgewinnung innerhalb des totalitären Staatskapitalismus dort.
--- Die Umweltschäden durch den gesamten Transport nach Deutschland, inklusive der anteiligen Schäden durch den Aufbau und die Unterhaltung der notwendigen Transportinfrastruktur.
--- Die gesellschaftlichen und haushaltstechnischen finanziellen Folgeschäden in Deutschland durch den sehr viel früheren Reparaturbedarf der gepflasterten Flächen, bzw. den kompletten Ersatz nach, angesichts von Erfahrungen mit sorgfältig materialgerecht produzierten deutschen Steinen, nur einem Bruchteil der erwarteten Haltbarkeit.
--- Die sozialen Schäden, regional wie gesamtstaatlich, durch den Verlust der Nachfrage im Inland, also Einbußen für die Steinbruchbetreiber, Abbau von Arbeitsplätzen im Steingewinnungssektor und damit entstehende Einbußen und Kosten der Arbeitslosigkeit.
--- Weltpolitische Schäden durch Verzerrung von Wertigkeiten nationaler Ressourcen, Machtgewinn durch ungerechtfertigte Importeinnahmen für ein totalitäres Staatssystem, Schwächung der Deutschen Wirtschaft und der Möglichkeiten zu autarker Versorgung, daraus folgend: politische Folgekosten durch Einschleichung einer subtilen Erpressbarkeit,...
--- und anderes mehr...

Würden alle diese Faktoren monetarisiert werden, also in Euro und Cent ausgerechnet, und dem Preis für den chinesischen Granit aufgerechnet, dieser wäre mindestens doppelt so teuer, wie der deutsche Granit. Was daraus folgte, kann man sich denken.
Das Argument, welches manchen eventuell in den Sinn kommen könnte, etliche Flächen könnten dann überhaupt nicht mehr gepflastert werden, weil das Material zu teuer käme, entbehrt im Konzept von der Kategorischen Marktwirtschaft jeglicher Grundlage.
Erstens würden die vom Importeur verlangten Internalisierungseinnahmen ausgezahlt werden, zweitens und vor allem aber würde die komplett geänderte Wertigkeit innerhalb der Ökonomie den bezahlbaren Erwerb von guten Plastersteinen genauso ermöglichen wie dies vor 50 Jahren in Deutschland völlig selbstverständlich erschwinglich war.
Man müsste nämlich für die Steine nur einmal bezahlen und nicht wie heute, zuerst den globalisierungstechnisch niedrig subventionierten Scheinpreis und dann über viele Jahre verteilt alle doch wieder zurückkommenden Folgeschäden der Externalisierung.

 

29.08.08

Bundesbauminister Tiefensee (SPD) hat am Dienstag die Baubranche zu mehr Anstrengungen für den Klimaschutz aufgerufen. Besonders die Baustoffindustrie sei gefordert, neue Technologien und Baumaterialien für eine klimafreundliche Sanierung älterer Gebäude anzubieten.

Einerseits kann ich als Bauökologe, als jemand, der nach Wegen zu umwelt- und anwendungsfreundlichen, wie bezahlbarem Bauen sucht, ein Lied vom Mangel an entsprechenden Materialien und Techniken singen.
Andererseits weiß ich um die Aussichtslosigkeit von Vorne herein, wenn man sich von Regierungsseite mit Appellen und Aufrufen an die Industrie wendet.
Was ist Tiefensees Vorstoß denn anderes, als folgenlose Wichtigtuerei?

Praktisch gesehen habe ich derzeit das Problem, einen geeigneten Baustoff zur Außenisolierung eines Anbaus aus den 1960er Jahren zu finden. Mehrere Materialien bieten sich an, wobei bei jedem allerdings mindestens ein großer Nachteil akzeptiert werden muss.

Styropor ist am billigsten und hat einen sehr guten Dämmwert, wird aber als Erdölprodukt unter erheblicher Umweltbelastung hergestellt, verteilt sich beim Einbau teilweise in winzigen Bröckchen in die Landschaft, dünstet schädliche Gase aus, kann nicht recycelt werden und liefert im Brandfalle giftige Rauchschwaden an die Umgebung. Außerdem diffundiert keine Feuchtigkeit hindurch, was bauphysikalisch von erheblichem Nachteil ist, und der Verputz kann wiederum nur mit Kunstharzprodukten erfolgen.
Fast alle biologischen Baustoffe können nur in einen Kasten aus Rahmenschenkel verbaut und dieser mit hinterlüfteter Holzschalung abgedeckt werden, was einen großen Aufwand zusätzlich zum hohen Preis des Dämmstoffs bedeutet.
Was mir derzeit bleibt, sind Platten aus Mineralschaum, einem Material, ähnlich den Ytongsteinen, nur weicher und leichter. Diese dämmen einigermaßen gut, falls man mindestens 16 mm Dicke wählt, können mit Leichtmörtel aufgeklebt werden, sind diffusionsoffen und mit Kalkmörtel verputzbar, ungiftig und recycelbar. Allerdings brauchen sie viel Energie zur Herstellung, und sie sind sehr teuer.

Ich sehne mich nach Baustoffen, die aus regionalen Rohstoffen produziert werden können, besonders zur Wärmedämmung. Hier gibt es derzeit nur enorm arbeitsaufwendige Verfahren von Selbstbauern, wie Lehmbauformen und unkonventionale Dämmarten mit Holzspänen, Rindenhäcksel, oder verschiedenen Pflanzenfasern.
Die Industrie liefert hier bis heute nichts wirklich geeignetes. Bei den Hanfmatten etwa, mit denen unser Dach gedämmt ist, musste ich zähneknirschend die enthaltenen 10 % Polyesterstützfasern und den hohen Preis akzeptieren. Der Einbau war sehr aufwendig, weil die Setzneigung mit einem 3-lagigen Einbau kompensiert werden muss und die Matten später, weil nicht biologisch recycelbar, werkstofflich wiederverwertbar bleiben sollten.

Bei allen auf dem Markt befindlichen Dämmstoffen und Dämmsystemen sagt der Preis nichts über die tatsächliche Eignung unter Berücksichtigung wirklich aller dazugehöriger Facetten aus.
Die umweltschädlichsten Dämmstoffe sind derzeit die billigsten. Wenn sie auch meist sehr gute Dämmwirkungen zeigen, also übermäßigen Energieverlust und die damit verursachten Umweltbelastungen recht effektiv vermindern, ist ihre Gesamtbilanz trotzdem arg geschönt, weil viele ökologischen und auch sozialen Folgekosten unberücksichtigt bleiben und nicht im Preis erscheinen.
Auch der recht unterschiedliche Aufwand zum Einbau des Dämmstoffs, kommt nur sehr verzerrt zum Ausdruck. Ökologisch betrachtet ist ein hoher handwerklicher Aufwand viel eher zu akzeptieren, als ein hoher technischer bei der Herstellung. Ersterer bringt Arbeitsplätze, stärkt die regionale Rohstofferzeugung oder schont die natürlichen Ressourcen.
Hoher Arbeitsaufwand allerdings ist im herrschenden Wirtschaftssystem teuer, weil dem direkten Konkurrenten menschlicher Arbeitskraft, der technischen Arbeitsleistung in Form von energieintensiver Produktion, großem Transportaufwand oder bedenkenloser Abfallnebenproduktion, bei weitem nicht der vollständige gesellschaftlich angemessene Preis zugeordnet ist.

Über die reine Betrachtung von Dämmstoffen und nötigem Arbeitsaufwand hinaus, muss man schließlich auch die Möglichkeiten zu völlig neuartigen Konstruktionen betrachten, in welchen die Trennung zwischen ungedämmter Bausubstanz und aufgebrachter Dämmschicht aufgelöst ist und beides schon bei der Planung zusammengedacht und entsprechend konstruktiv gelöst wird. Dieser Aspekt wird beispielsweise in der passiven Solarbauweise, bei Berücksichtigung von vorherrschenden Windströmungen und anderen lokalen Gegebenheiten etwa umgesetzt.
Auch auf diesem Feld liefert die Bau- und die Baustoffindustrie bis heute fast nichts geeignetes. Wenn überhaupt, ist dies nur von Spitzenverdienern bezahlbar.

Wie will Tiefensee hier das Notwendige anstoßen, wenn er einen peinlichen Appell loslässt, offenbar nur genötigt von der aktuellen Klimadiskussion.
Wirklich klimafreundliches Bauen bekommen wir nur mittels eines entsprechenden marktwirtschaftlichen Wettbewerbs. Diesen aber bekommen wir nur mittels der Instrumente der Kategorischen Marktwirtschaft.
Würde Herr Tiefensee es wirklich ernst meinen, müsste er sich dieser Instrumente bedienen.

 

28.08.08

Heute vor 175 Jahren wurde die Sklaverei in den Britischen Kolonien abgeschafft. Es ging dem ein langer Kampf der Bewegung gegen Sklavenhandel und Sklaverei, dem Abolitionismus voraus. Ursprünglich von der christlichen Vereinigung der Quäker gegründet, schaffte sie es 1833 mittels allerlei Petitionen, Veranstaltungen, Vorträgen und Boykotten von Importwaren, das Britische Parlament zu überzeugen.
Fast 200 Jahre lang, seit 1619, wurden Schwarzafrikaner von der westafrikanischen Küste aus nach Nordamerika verschleppt.
Nachdem schon 1807 der Sklavenhandel auf britischen Schiffen untersagt worden war, gingen sklavengestützte Wirtschaftszweige bis 1833 kurzzeitig zur Versklavung der Nachkommen von bereits vorher verschleppten Sklaven über.

In den USA wurde die gesetzliche Abolition dann 1863/65 erlassen, in den Nordstaaten schon 1804.
In französischen Kolonien war 1848, in niederländischen 1863 und in der portugiesischen Kolonie Brasilien 1888 offiziell Schluss mit der Sklaverei.
Sehr viel früher war auf Druck der katholischen Kirche in den spanischen (1542) und portugiesischen (1570 bis 1758) Kolonien die Versklavung der Indianer verboten worden, was dann aber lediglich zum Sklavenhandel mit afrikanischen Menschen über den Atlantik geführt hatte. Gegen diesen hatte sich die Kirche nicht ausgesprochen.

Seit dem Altertum bildete die Sklaverei eine entscheidende Wirtschaftsgrundlage. Diese Form der Ausbeutung Dritter zum eigenen Vorteil kann seit den altorientalischen Kulturen Vorderasiens nachgewiesen werden. Im antiken Griechenland nahm die Sklaverei seit dem 6 Jahrhundert v. Chr. größere Ausmaße an. Das römische Reich versklavte seit dem 2 Jh. v. Chr. Angehörige unterworfener Völker zu Millionen.

Über 2000 Jahre lang wurde Sklaverei ohne Bedenken praktiziert. In Saudi-Arabien schaffte man sie erst 1963 ab.

Derzeit existiert wie selbstverständlich, noch wenig bemerkt und kaum im öffentlichen Bewusstsein angekommen, eine andere mächtige Form der Ausbeutung Dritter, um auf diese Weise kurzfristige wirtschaftliche Vorteile zu erreichen.
Ja diese Form der Ausbeutung ist die wichtigste Grundlage des derzeitigen sozialen und ökonomischen Systems in allen Ländern der Welt.
Gemeint ist die Verursachung von ökologischen und sozialen Schäden innerhalb unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems und die Abwälzung dieser Schäden auf die Menschengenerationen der Zukunft.
Diese Menschen sind die Sklavenheere der Gegenwart. Ihre Befreiung wäre gleichbedeutend mit der Abschaffung jeglicher Möglichkeiten zur Kostenexternalisierung in der Wirtschaft, bzw. mit der vollständigen Internalisierung dieser Kosten in die Preise aller Produkte und Dienstleistungen.

Eine entsprechende Abolitionsbewegung, wie Anfang des 19ten Jahrhunderts durch die Quäker gegenüber der Sklaverei initiiert, existiert derzeit noch nicht.
Zukunftslobby bemüht sich um die Schaffung des entsprechenden Bewusstseins, das einer starken Bewegung zur Änderung jahrhundertelang eingeschliffener Irrwege voraus gehen muss.

Wünschenswert wäre, hierzu noch einige engagementbereite Mitstreiter zu finden. Meldet euch!

 

27.08.08

Ein Bekannter von mir ist Besitzer eines kleinen Sägewerks in der Pfalz. Gestern war ich bei ihm, weil er ein paar Restbestände Buntholz für mich hatte, Abfälle und kleine Stücke, die in der Holzwerkstatt meiner Frau und mir noch gut zu verarbeiten sind.
Als der Anhänger voll geladen war, unterhielten wir uns noch eine Zeit lang über die politischen Gegebenheiten und die wirtschaftliche Situation von Kleinunternehmern in der Holzverarbeitung.

Die Möglichkeiten für kleine Sägebetriebe, mit dem Einschnitt von Bauholz Geld zu verdienen, sind praktisch völlig zusammengebrochen. Bauholz kommt nur noch aus Großsägereien oder aus dem Ausland. Für Kleinbetriebe lohnt sich der Aufwand, selbst zu schneiden, nicht mehr. Sie zahlen beim Kauf von fertig geschnittenem Holz etwa den gleichen Preis, als würden sie selbst sägen.
Viele kleine Sägereien sind in der letzten Zeit Bankrott gegangen. Wer jetzt noch arbeitet, kann dies nur durch Einrichten einer bestimmten Nische, durch Bedienung einer ganz speziellen Nachfrage oder Kombination des Sägegeschäfts mit verwandten Sparten. So sind Sägereien heute auch Holzhändler, fertigen Gartenmöbel, bieten seltene Holzarten an, haben mit Zimmereien fusioniert, liefern Brennholz oder haben ein Transportgeschäft dazu genommen.

Bei den Großsägereien indes, findet ein weiterer Wandel statt. Es entstehen große Konzentrationen wie Sägewerksketten, und die Ausdünnung der Sägewerksinfrastruktur in waldreichen Regionen Deutschlands schreitet immer weiter fort. Der Transportaufwand für Stammholz steigt stetig an und mit ihm die ökologischen Schäden, die durch die Verarbeitung des ursprünglichen Naturbaustoffs verursacht werden.

Der Arbeitskräftebedarf pro Holzeinheit sinkt kontinuierlich ab und mit ihm die Verdienstmöglichkeiten für die dort noch beschäftigten. Die Zeiten, wo ein ertragreicher Wald auch vielen Leuten in der Region Arbeit und Brot bescherte, scheinen wohl endgültig vorbei zu sein.
Mittlerweile werden auch schon Großsägereien von chinesischen Unternehmern übernommen. Der Irrsinn von vor ein paar Jahren, wo verstärkt deutsches Stammholz, vorwiegend helles Buchenholz, nach China exportiert wurde, erfährt noch eine Steigerung, da diesen Export und die Vorverarbeitung die Chinesen jetzt in Deutschland in eigenen Anlagen zunehmend selbst erledigen.

Überdies wären noch eine Vielzahl von Details aufzuzählen, wie sich die Landschaft der heimischen Holzsparte verändert hat und noch verändert. Beispielsweise haben etliche Sägewerksbesitzer das Problem, sich mit weltfremden Kommunalpolitikern herumschlagen zu müssen. Ein Werk etwa, um welches herum in den 1980ziger und 1990ziger Jahren ein Neubaugebiet gewachsen ist, wird bedrängt, auszusiedeln und die Fläche herzugeben, das aber im Jahr 2008, wo die Bautätigkeiten fast völlig zum Erliegen gekommen sind, wo kaum jemand mehr Geld zum Bauen hat, geschweige denn den Mut dies zu tun, wo Bauplätze in Deutschland außerhalb der Metropolen wie sauer Bier angeboten werden. Viel zu viele Bürgermeister und Stadt- und Landräte haben dies immer noch nicht begriffen und betreiben stur eine Politik, wie im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts.

Und warum diese ganze fatale Entwicklung, hier mal speziell im gewachsenen Holzverarbeitungssektor beschrieben?
Weil unsere herrschende Ökonomie keine nachhaltige ist, weil sie auf rein quantitatives Wachstum setzt, weil die Menschen und Regionen ihr völlig egal ist, weil der Wert der natürlichen Lebensgrundlagen missachtet wird, weil die Ideologie vom wirtschaftlichen Wettbewerb die grundlegenden Lebensbedürfnisse ausblendet und nur auf ausgewählte Zahlen schielt, kurz gesagt: weil ökologische und soziale Schadkosten in der herrschenden Ökonomie ausgeblendet werden können, statt in den Preisen zu erscheinen.

Gesunde kleine Sägewerke vor Ort, mit Beschäftigten, die um die Ecke wohnen und die Baumstämme aus dem heimischen Wald verarbeiten, bekommen wir nur wieder mittels der Kategorischen Marktwirtschaft.

 

26.08.08

Die Kanzlerin reist in die baltischen Staaten. Dort wird sie sich hauptsächlich deren Sorgen gegenüber dem mächtigen Nachbarn Russland anhören. Was der Putinstaat sich mit Georgien erlaubt hat, hat eine große Angst erzeugt.
Aber ebenso ratlos wie fassungslos steht derzeit die ganze Weltgesellschaft da. Was ist zu tun gegenüber Russland, das sich in dem Motto sonnen kann: "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich´s völlig ungeniert."?

Den Europäern fällt nur der Ruf nach der Nato ein. Georgien soll bald Mitglied werden können. Doch diese Möglichkeit ist hochgefährlich. Soll Russland damit nur von einer Intervention abgeschreckt werden, oder soll im Falle einer Intervention in einem Natoland dann Russland angegriffen werden?
Sakaschwilli, der hitzköpfige und kurzsichtige Vasall westlicher Ideologie, könnte auch innerhalb der Nato wieder den Kopf verlieren und mittels eines unüberlegten Militäreinsatzes, wie in Südossetien, ins russische Messer laufen. Ja eine Mitgliedschaft könnte ihn gar bestärken, dies zu tun. Wäre Georgien in der Nato, hätte er einen Großteil der Welt mit in seinen Konflikt gestürzt.
Ebenso wäre die Natomitgliedschaft auch keine Garantie für eine diplomatische Lösung solcher territorialer Streitigkeiten. Europa hat Georgien in der Frage Abchasien und Ossetien nicht unterstützt. Ein intensiver diplomatischer Beistand, fixiert auf eine beiderseitige Lösung des Konflikts, hat nie stattgefunden. In solchen Angelegenheiten würde eine lediglich gebietsmäßig erweiterte Nato das Geschick Europas keinesfalls verfeinern.

Den Kritikern Putins in Europa fehlt etwas sehr entscheidendes. Sie haben gegenüber Russland kein wirkliches Druckmittel.
Mit allerlei Wortgetöse versucht man dieses Manko zu übertünchen. Manche öffentlichen Verurteilungen Russlands grenzen dabei schon an offene Peinlichkeit, auch weil das angerichtete Kosovodebakel den Westen beim Argumentieren behindert.
Das merkt Putin doch, wieder einmal mehr kann er sich ins Fäustchen lachen. Wieder einmal mehr bestärkt ihn dies in seinem Gefühl, Machtdemonstrationen, oder wie er es offenbar sieht Vergeltungsaktionen, nach seinem Geschmack konsequenzlos durchziehen zu können.

Was wäre aber, wenn Europa auf den Gasnachschub aus Russland verzichten könnte? Was würde in Putins Kopf zusammenfallen, wenn Europa auf die Güter aus dem großen rohstoffreichen Land notfalls weitgehend pfeifen könnte, ohne dabei in eine gefährliche Krise zu fallen?

Die eigenständige Energieversorgung für Europa ist durchaus möglich. Ebenso kann die Versorgung mit fast allen sonstigen Rohstoffen mittels entsprechendem Umbau des Wirtschaftssystems autark innerhalb Europas organisiert werden.

Fazit: Auch außenpolitisch, dies zeigen die Hintergründe der Russland-Georgien-Krise, besteht die Notwendigkeit für Europa, endlich eine wirklich nachhaltige Ökonomie umzusetzen.
Außenpolitisch wird Europa nur stark werden können, wenn es die Abhängigkeiten von instabilen Weltregionen, welche in naiver Weise in den letzten Jahrzehnten aufgebaut wurden, wieder abbaut. Dies gelingt aber nur mittels eines entsprechenden Umbaus des Fundaments unserer Marktwirtschaft, dies gelingt nur mit der Kategorischen Marktwirtschaft.

Ja mit ihr würden gar die Verhältnisse von benachbarten Staaten wie Russland und Georgien auf andere Fundamente gesetzt werden. Weil das naheliegenste zum finanziell Günstigsten würde, weil Energie- und Rohstofflieferungen weniger elementar wären und weil die Regionen stark aufgewertet würden, bekäme das Interesse am nachbarschaftlichen Handel einen entscheidenden Aufschwung, und die Neigung zur Blockanlehnung würde den großen Reiz verlieren.

 

25.08.08

Während der letzten 14 Tage war ich wegen einer Renovierung in München. Dort wohnte ich in einem Schwabinger Haus aus Eigentumswohnungen im dritten Stock, sehr nett und relativ ruhig mit etwas Grün vor den Fenstern.
Sehr interessant war, dass der Zeitungsausträger an jedem Morgen unten im Flur eine Ausgabe der Tageszeitung "Die Welt" aus dem Springerverlag hinterlegte. Die wanderte regelmäßig in den Müll, da die Leute dort offensichtlich alle lieber "Süddeutsche" lesen, also erbarmte ich mich und schaute während des Frühstücks, weil sie halt schon mal da war und nichts kostete, eben in die "Welt".

Natürlich bekommt man auch aus dieser Zeitung die alltäglichen Presseinfos. Doch es fällt sehr auf, wie stark diese "Bildzeitung für Teilintellektuelle" im Prinzip meist durch Halbwahrheiten die entsprechenden Statements zustande bringt. Die Redakteure blenden einfach einige Aspekte des zu behandelnden Themas aus, um auf diese Weise zu den altbekannten strukturkonservativen und kapital- wie industriefreundlichen Schlussfolgerungen zu gelangen.
Diese Vorgehensweise zieht sich wirklich, mit nur wenigen Ausnahmen im Feuilleton beispielsweise, permanent durch dieses Blatt. Man erkennt nicht genau, ob dies mit Absicht geschieht, oder ob die Schreiber ganz einfach mit fest angewachsenen Scheuklappen durch die Wirklichkeit tappen und nur in der Lage sind, ihren idelogischen Tunnelblick wieder zu geben.

Gutes Beispiel hierfür war am 12. August ein Erbrechnis von Redakteur Michael Miersch. Dieser Pamphleteur ist auch des öfteren schon als sogenannter "Klimaskeptiker" zusammen mit Dirk Maxeiner in Erscheinung getreten. Zusammen haben sie ein Buch geschrieben, in welchem sie die Klimaerwärmung als menschengemachten Effekt schlichtweg ableugnen.
Nun ja, wenn man sich nicht mit einem vernünftigen Thema einen Namen machen kann, tun es gewisse Leute eben, indem sie sich als Arschloch outen. Jedem das Seine.

Miersch jedenfalls hat am 12. auf der ersten Seite, Spalte rechts oben einen Kommentar mit der Überschrift "Bio ist nicht besser" stehen.
Hier versucht er darzustellen, dass biologisch erzeugte Kost nicht wertvoller sei als konventionell erzeugte Nahrung. Er führt Untersuchungen zu den Inhaltsstoffen auf, gibt beiläufig mal zu, auf Bioobst und Biogemüse würden wohl weniger Pestizidreste haften, aber diese auf konventionellen Früchten währen ja übers Jahr weniger, als in einer einzigen Tasse Kaffee. Ob dies dann Kaffe aus dem Bioanbau oder dem giftstrotzenden Anbau sei, sagt Miersch dann nicht, auch nicht, welcher Gesinnung seine Quelle, einer der "führenden Umweltwissenschaftler Amerikas" (Miersch) Bruce Ames denn ist, und wes Brot dieser Mann isst.

Den üblen Kommentar kann Miersch aber letztlich nur bringen, weil er von den beiden ersten Gründen für Bioanbau den viel wichtigeren einfach verschweigt.
Neben der Gesundheit für die Konsumenten spricht doch für biologisch erzeugte Waren in erster Linie, dass damit die natürlichen Lebensgrundlagen am Ort des Anbaus geschont werden.
Für mich ist vor allem wichtig, dass für meine Nahrung so wenig wie möglich Boden, Wasser und Luft mit Schadstoffen belastet wird. Dies bedeutet, Pflanzen müssen ausschließlich ohne Pestizide angebaut und ohne großen Transportaufwand zu mir gebracht werden können.
Dass Biokost meinem Körper weniger schaden kann als konventionelle Nahrung ist für mich zwar auch wichtig, aber eher zweitrangig.
An erster Stelle muss meine Verantwortung gegenüber Dritten, gegenüber den natürlichen Lebensgrundlagen von Dritten stehen. Meine eigene Existenz darf auf keinen Fall zu Schädigungen von Böden, von Wasser und von Luft und nicht zu Müll führen, womit andere Menschen dann ein Problem bekommen.

Dies ist der Hauptgrund für Bio, Herr "Weltredakteur" Miersch. Man braucht aber wohl nicht zu hoffen, dass diesem Betonkopf noch irgendeine relativierende Einsicht oder ein Anflug von Verantwortungsgefühl gelingt.

Urlaub vom 11. bis 24. August

10.08.08

Ein zweites Mal in dieser Saison haben Rotschwänzchen im neuen Dach unseres Anbaus Junge bekommen.
Nachdem die Eltern emsig durch die noch offenen Fensteröffnungen hin und her flogen und ein kräftiges Geschrei vom Firstbalken herunter etliche hungrige Jungvögel versprach, waren dann ab Anfang vergangener Woche zwei Junge aus dem Nest geraten.


Ihr Glück war, dass sie im ersten Stock nun zwar auf dem Boden saßen und nicht mehr auf dem Firstbalken, aber dass sie dort immer noch sicher vor Raubtieren waren. An den Wänden außen konnte keine Katze hochkrabbeln.


Zunächst drückten sich die beiden jungen Rotschwänze zwischen die noch auf dem Boden liegenden Gerüstbauschrauben und Eisenkonsolen.
Ununterbrochen wurden sie von den Elternvögel weiter mit Futter versorgt.


Dann hatten sie irgendwann auch mein Nest aus Flachsfasern angenommen. Hier saß es sich doch wärmer, als auf dem Betonboden und ans Metall geschmiegt.

Gestern Nachmittag wurde dann etwas anders. Die Eltern saßen häufiger auf den Dachkanten der Schuppen außerhalb und flogen auch seltener in den Anbau hinein. Ihr Geschrei wurde intensiver, ein Wechsel zwischen dem eher geduldigen "wieht, wieht, wieht, ..." und einem heftigen Geschnatter, ähnlich dem des Delphinen "Flipper" in der Fernsehserie.

Als ich abends in den Anbau ging, fand ich die Jungen nicht mehr. Offensichtlich hatten sie es geschafft, nach draußen zu fliegen. Dafür fiel mir auf, dass die beiden Nachbarkatzen unten herum schlichen.
Heute früh saß ein Elternvogel noch immer auf dem Dach gegenüber und rief, doch kein Junges war mehr zu finden.


Am Boden unten fand ich nur noch ein Federbüschel,


und einige einzelne Flügelfedern, und man kann sich denken, was sich hier wohl abgespielt hat --!

Katzen sind Mörder. Das muss man kompromisslos so sagen. Sie haben den ganzen Tag Zeit um umherzuziehen und kleinere Tiere zu töten.
Früher waren Katzen wohl einmal wichtig gewesen um die gelagerten Getreidevorräte vor Mäusen zu schützen. Heute aber sind sie völlig nutzlos, und wenn sie wie hier auf dem Dorf nicht nur in der Wohnung gehalten werden, sind sie unzweifelhaft schädlich für die Natur.

Einen Hund darf der Besitzer im Wald nicht frei laufen lassen, weil er wildern würde.
Für Katzen gibt es solche Überlegungen nicht. Wieso eigentlich nicht? Sind ihre Opfer denn weniger wert, weil sie kleiner sind? Werden Waldtiere beachtet, weil sie für die Freizeitjäger und Jagdpächter wichtig sind?
Für mich und meinen Garten sind Vögel, Frösche, Wiesel, Siebenschläfer, Spitzmäuse, Eidechsen und was ich noch alles in den letzten Jahren getötet auf meinem Grundstück so finden musste, wichtig, wichtiger jedoch, als Nachbars Schmusetiger.
Doch ich bin, angesichts dieses großen, aber kaum im Bewusstsein der Menschen stehenden Problems, machtlos. Ich muss die Lust von Katzen am Töten hinnehmen, ebenso wie die Gleichgültigkeit ihrer Halter.

 

09.08.08

Die Eröffnungsfeier der Olympiade in Peking war wie man hörte, ein nie dagewesenes Spektakel.
Mit erstaunlichen, teils martialischen Darbietungen, meinen die Chinesen offensichtlich sich ein für alle Mal ins Bewusstsein der übrigen Welt einbrennen zu können.
Mit eingebrannt wird damit allerdings auch der Makel, dass eine Diktatur sich um so stärker mit Äußerlichkeiten schmücken muss, je erbärmlicher sie im Inneren demokratische Selbstverständlichkeiten herausgebildet hat.

Sechs Stunden mussten Journalisten bei 34 Grad und annähernd gesättigter Luftfeuchtigkeit im neuen Pekinger Stadion gestern schwitzen, sofern sie nicht das Glück hatten in einer klimatisierten Promizelle zu sitzen, nur um dann sagen zu können: Dies war einfach zu lang.
Die Wettermacher um die Metropole hatten gestern ihren ersten Einsatz. Mit tausend Silberjodidraketen brachten sie ein Gewitter bereits vor der Stadt zum Abregnen.

Die nächste Superlative soll die Führung Chinas im Medaillenspiegel werden. Erstmals will man die Amerikaner von Platz Eins verdrängen.
Mit unglaublichem Aufwand betreibt China nicht nur den ultimativen Sieg im Sport und im Wettkampf um den äußerlich beeindruckendsten Anschein und der Organisationstiefe der Spiele. Auch dem Ansehen Chinas innerhalb der Staatengemeinschaft soll dies natürlich helfen.

Welch ein fataler Irrtum. Indem das Falsche noch gründlicher und ausgedehnter umgesetzt wird, als es die westlichen Staaten schon länger betreiben, wird China sich keine dauerhafte Achtung verschaffen können. Das optisch Bewundernswerte an den Spielen wird schnell vergessen sein, ja es kann sogar zur Grundlage von Spott verkommen.

Was wird wohl übrig bleiben? Der Verkehr in Peking wird wieder uneingeschränkt fließen, die Industriebetriebe wieder ungebremst Abgase ausstoßen dürfen.
Der Wunsch, für Olympia den unerträglichen Smog über Peking mit rigiden Maßnahmen zu reduzieren, wird wohl nicht in einen Wunsch münden, dies auch dauerhaft zu Gunsten der Bevölkerungsgesundheit und der natürlichen Lebensgrundlagen beizubehalten.
Es wird der altbackene, schlechte Geschmack bleiben: China tut alles für die Fassade "Olympia 2008", aber nichts für die Menschen und die Zukunft.


08.08.08

Heute werden die Olympischen Spiele in Peking eröffnet. Zur offiziellen Feier im "Vogelnest", dem neuen Olympiastadion, sind 80 Regierungschefs angereist, darunter Bush, Putin und Sarkozy. Merkel ist nicht da, Köhler will lieber zu den Parolympics fahren.

Alle können dann die Inszenierungen bestaunen, die von der Hauptstadt der größten Diktatur der Welt für ihre Gäste aufgefahren wurden. Sarkozy hat nun doch ein Treffen mit dem Dalailama gestrichen, ganz so, wie es zu diesem erbärmlichen Windmacher und Staatsdilettanten aus Frankreich eben passt. Der Einzige ist er ja nicht, der sich lieber von den mächtigen Parteichinesen hofieren lässt und den Blick hinter die aufgestellten Kulissen tunlichst vermeidet.

Neben den Kulissen der Zensur gibt es in Peking jede Menge erbauter Kulissen. Als real sichtbare Wände aus Stein und Metall ziehen sie sich kilometerlang vor alten Stadtteilen und kleinzelligen Wohnregionen hin und verbergen gewachsene Stadtviertel, die nicht wie in letzter Zeit so viele andere einfach abgerissen wurden.
Allesamt wurden sie erst in den letzten Monaten erbaut, vor allem dort, wo ausländische Gäste sich bewegen könnten, wo Rennstrecken entlang führen oder wo es sonst noch Grund für ausländische Reporterteams geben könnte, mit der Kamera drauf zu halten.

Innerhalb dieser etwa drei Meter hohen Kulissenbänder glitzert die Stadt. Hier wurden, seit Peking als Austragungsort für 2008 feststand, in Windeseile Hochhäuser und andere futuristisch aussehende Gebäude hochgezogen, eine Skyline, wie in Zentren anderer bedeutender Metropolen der Welt.

In der ARD lief ein interessanter Fernsehbericht über diese beiden Ansichten des modernen Pekings während der Olympiade.
Die Reporter gingen mit der Kamera hinter die Kulissen und fanden dort Stadtteile, die noch nicht nieder gerissen wurden, um ebenfalls Großstadtkulisse hochzuziehen.
Auch sieht man die als Touristen verkleideten Spitzel, überall in der Stadt verteilt, wie sie sich in Menschenmengen unauffällig geben und dennoch, einmal erkannt, unübersehbar werden.
Den Beitrag kann man sich noch ansehen und sollte es auch tun, damit die prächtig geplanten Fernsehbilder der kommenden Wochen ihre realistische Relativierung finden.
Wer so aufwändige Kulisse aufbauen muss, besitzt ein gigantisch großes schlechtes Gewissen und hat enorm viel zu verbergen.

 

07.08.08

Heute Abend um 22.30 läuft im NDR ein Bericht über die ungewöhnliche Aktion des TV-Satiremagazins "Extra 3".

Extra 3 will die strenge Internetzensur in China untergraben, indem es Internetseiten, die dort gesperrt sind, auf der eigenen Homepage erreichbar macht, Extra3: "Extra 3 bypasses Chinese Censorship".
Dies sind beispielsweise die Seiten von Amnesty International, der Gesellschaft für bedrohte Völker oder die von der International Campagin for Tibet.
Die Internetpräsenz von "Extra 3" ist dagegen für chinesische Netznutzer frei zugänglich. Hierüber können die zensierten Seiten ab sofort aufgerufen werden.
"Extra 3"-Moderator Tobias Schlegl bezeichnet sein Magazin als "quasi das U-Boot der Meinungsfreiheit". Schlegl: "Wir kämpfen mit dieser Idee für die Pressefreiheit".

Amnesty International begrüßte die Idee. Ihr Pressesprecher Dawid Bartelt sagte: "Die Aktion von 'extra 3' bohrt ein Loch in die Mauer der chinesischen Zensur. Wir hoffen, dass viele Chinesen von dieser Möglichkeit erfahren, sich frei zu informieren und sie nutzen können".

Es stellt sich jetzt natürlich die Frage, wie lange die Aktion den 60.000 chinesischen Internetzensoren verborgen bleibt.
Schneller, als dass sich die Möglichkeit, Amnesty über Extra 3 erreichen zu können, in China herumspricht, könnte wohl auch "Extra 3" selbst auf den Index wandern und fortan gesperrt sein. Die Aktion hätte dann nur noch einen symbolischen Charakter behalten und "Extra 3" bekannter gemacht.

Immerhin aber bietet auch der deutsche ChaosComputerClub CCC eine Internetsite an, mit Wegen, die chinesische Zensur umgehen zu können:
"The "Chaos Computer Club", a german organisation for the freedom of information, has published a special internet-site with possible ways to bypass chinese censorship".
Die Computerprofis vom CCC werden wohl gegen die Sperrung ihrer eigenen U-Boot-Site chinesewall.ccc.de entsprechende Vorkehrungen getroffen haben.

Auch das Projekt picidae.net bietet Möglichkeiten, die Zensur im Internet zu umgehen. "The project "picidae" overcomes the firewall in China or arab states. Picidae offers a complete and readable mirror of the banned sites including links."

Noch interessanter wäre diese Idee, wenn sie gerade jetzt zur Eröffnungsfeier der olympischen Spiele in China von den internationalen Sportverbänden übernommen werden würde.
Die Site vom Olympischen Komitee IOC beispielsweise könnten die Chinesen derzeit ganz bestimmt nicht sperren, selbst wenn dort, wie gerade über "Extra 3" eine Brücke zu kritischen Menschenrechtsorganisationen eingerichtet wäre.
Das IOC, wie auch große Sponsoren, sollten sie ihre Websites entsprechend einrichteten, könnten einen Großteil des opportunistischen Gemuffels, das sie derzeit ausdünsten, in Wohlgeruch verwandeln.
Und die chinesischen Machthaber könnten nur mit den Zähnen knirschen.

 

06.08.08

Mit der umfangreichen Untersuchung deutscher Trinkwasseranalysen auf den Urangehalt hat Thilo Bode von Foodwatch einen tollen Coup gelandet. Wieder mal wird ein Versäumnis des Gesetzesgebers im Bereich Verbraucherschutz und Ernährung deutlich.
Immerhin wurde aus der Politik gestern vage signalisiert, dass auch beim Wasser aus der Leitung Grenzwerte, wie derzeit schon beim Mineralwasser, eingeführt werden sollen.

In der Trinkwasserverordnung steht unter § 6, Abs. 1 die Formulierung: "Im Wasser für den menschlichen Gebrauch dürfen chemische Stoffe nicht in Konzentrationen enthalten sein, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen."
Anlass zur Sorge haben wir in unserer Region schon allein wegen des hohen Nitratgehalts von über 30 Milligramm, wodurch das Leitungswasser für Säuglingsnahrung schon nicht mehr geeignet ist. Diese Sorge hat bis heute nicht zu einer Senkung des Nitratanteils geführt, ja noch nicht mal zur Einschränkung des permanenten Neueintrags durch die Verwendung von Mineraldüngern in der Landwirtschaft.
Auch hier wird die Trinkwasserverordnung schon missachtet, und dies wohl aus knallharten finanziellen Gründen: Die konventionelle Landwirtschaft soll ihren ungerechten Wettbewerbsvorteil behalten, und die Agrarindustrie soll weiter ihren Dünger absetzen können. Die ökologischen und gesundheitlichen Folgekosten werden in die Zukunft und auf die Allgemeinheit verschoben.

Nun ist ja die Trinkwasserverordnung schon ein Gesetz zur Erfüllung einer EG-Richtlinie. Ohne EG wäre diese vielleicht gar nicht so deutlich formuliert worden. Nun ja, wenn sie eh´ nicht beachtet wird, ist´s ja einerlei.
Was beim Thema Uran allerdings Hoffnung macht, ist die relativ einfache technische Möglichkeit, dieses giftige Schwermetall herausfiltern zu können. Eine entsprechende Vorschrift des Gesetzgebers für alle deutschen Wasserwerke würde deshalb als kleines Konjunkturprogramm für die Anlagenbauer wirken und gleichzeitig eine Unterbindung des Uraneintrags durch mineralische Phosphatdünger als weniger wichtig erscheinen lassen. Die konventionelle Landwirtschaft dürfte weiterhin mit dem Phosphat auch das Uran aufs Feld verteilen, denn fürs Entfernen wären ja die Wasserwerke zuständig.

Könnte aber auch nach hinten los gehen, denn einerseits wäre Uran zwar nicht mehr im Leitungswasser, dafür aber in ungebremst steigenden Konzentrationen im Boden und in Pflanzen, die darauf wachsen.
Dann aber müssten wir mit einer Grenzwertbestimmung für Uran in Lebensmitteln nachrüsten, und hier lässt sich nicht so einfach filtern.
Und, was geschieht mit den verbrauchten Filtern tausender Wasserwerke, die ja als Sondermüll gelten?
Wir kommen also nicht um eine Unterbindung jeglichen Neueintrags von Uran in den Boden herum. Die natürliche und nicht menschengemachte Uranbelastung des Grundwassers in einigen Regionen ist bei weitem schon genug des Problems.

 

05.08.08

Schon seit längerem wissen Interessierte in unserer Region, dass das Trinkwasser hier mit Uran belastet ist. Allerlei Vermutungen über die mögliche Ursache wurden schon entwickelt, aber bisher hat sich noch niemand bei den für die Trinkwasserversorgung zuständigen Behörden entsprechend erkundigt und eine Erklärung verlangt.

Jetzt wurde über einen Bericht in "Report München" eine Studie der Organisation "Foodwatch" bekannt, die genau dieses Problem zum Thema hat. (Die Website von Foodwatch war gestern abend und heute morgen nicht erreichbar.)
Bei etwa 8000 Proben aus verschiedenen Regionen lagen in 150 Fällen die Werte des giftigen Schwermetalls Uran über dem zulässigen Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter. Über einem Wert von 2 Mikrogramm ist das Wasser für die Zubereitung von Säuglingsnahrung nicht mehr geeignet. Bei über 800 Proben war dies der Fall.
Der Kieler Toxikologe Hermann Kruse sagte dem Magazin Report: "Schon sehr geringe Konzentrationen an Uran haben eine schädigende Wirkung auf lebenswichtige Vorgänge in der Niere", Dabei gehe die größte Gefahr nicht von der Radioaktivität aus, sondern von der chemisch-giftigen Wirkung bei anhaltender Einnahme.

Na prima!?!? - Seit längerer Zeit trinke ich viel Leitungswasser und koche auch meinen Kaffee damit.
Uran kommt in Spuren meist im Grundwasser vor. Erhöhte Konzentrationen aber weisen auf einen menschengemachten Eintrag hin. Dies muss noch nicht mal so etwas mysteriöses wie ein leckes Waffenlager oder eine Uranabbaustelle sein. Allein die Anwendung von mineralischem Phosphatdünger in der konventionellen Landwirtschaft erhöht die Uranwerte im Boden.

Und da sind wir wieder bei den altbekannten Brunnenvergiftern, den stinknormalen deutschen Bauern, die zum eigenen Profit und angefeuert von der Agrarindustrie die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit schädigen. Und unser Trinkwasser kommt gar aus einer Region mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung, gar nicht weit weg. Dort, im übernächsten Ort, ist das Grundwasser schon sehr stark mit Pestiziden und Nitraten belastet. So langsam scheint dies auf unser Trinkwasserreservoir zuzufließen.

Bleibt noch zu erwähnen, dass Uran relativ einfach und fast vollständig aus dem Wasser gefiltert werden kann. Dies sagte jedenfalls Herrmann Dieter vom Umweltbundesamt dem Magazin Report. Solange aber der bisherige Richtwert von zehn Mikrogramm nicht zum gesetzlich verbindlichen Grenzwert erhoben worden ist, warten betroffene Gemeinden häufig noch ab, weil sie die Kosten scheuen.
Also: Bürger auf die Barrikaden. Fordern wir Uranfilter von unserem Wasserwerk, damit unser Kaffee wieder besser schmeckt.

(Das Thema ist auch heute in allen Zeitungen ganz oben).

04.08.08

Aus dem Urlaub zurück ins "Sommerloch".
Diese nachrichtenarme Zeit, die ja eigentlich ganz angenehm ist, weil die Selbstdarsteller der Politik noch Ferien machen und uns ihr überflüssiges Geschwätz erspart bleibt, hat dennoch etwas unterschwellig bedrohliches.
Einerseits genießt man das Ausbleiben von politischen Entscheidungen der momentan Regierenden, welche immer seltener ausgegoren und nachvollziehbar sind, andererseits aber weiß man um die elementare Notwendigkeit längst überfälliger, richtiger Entscheidungen, weil die Gegenwart kein statischer Zustand ist, der ein Innehalten erlauben würde, sondern sie sich eher wie auf einer rutschigen Schräge befindet, wo es allmählich weiter abwärts geht, wenn das Gegensteuern ausbleibt.

Offenbar müssen wir aber noch warten, nicht nur bis nach der Sommerpause, sondern bestimmt bis nach der nächsten Wahl.
Ob sich dann etwas tut - ja es hängt von so vielem ab, vor allem von einem inneren Wandel der Parteien, ob sie endlich erkennen, dass die momentan bestimmende wirtschaftliche Ordnung in die Sackgasse führt und dass die bisher hochgehaltenen Ideale, wie beispielsweise das Thema Wirtschaftswachstum mit allen dazu in Verbindung stehenden Facetten, eigentlich nur Ideologien sind, Klötze am Bein der Gesellschaft, die ein wirkliches Fortkommen in eine bessere, eine weniger bedrohliche Zukunft behindern.

Zum Wandel ist mehr notwendig, als eine neuartige Zusammenarbeit von Parteien, wie es heute morgen der Journalist Matthias Lohre im politischen Feuilleton auf Dradio gemeint hat.
Ohne grundsätzliche programmatische Neuorientierung würden auch neue Parteienkoalitionen unter Beteiligung beider "Scheinzwerge" Grüne und FDP unsere Gesellschaft nicht von der rutschigen Schräge heben können.

Urlaub vom 24. Juli bis 3. August