30.11.08
Der Müll
der Spezies Mensch hat sich mittlerweile überall in der Biosphäre
verteilt. Selbst wenn er so klein ist, dass wir ihn nicht mehr sehen,
beeinflusst er den Alltag, wenn nicht den unseren, so doch den anderer
Bewohner der Erde.
Ein schönes Beispiel hierfür ist ein Vogelnest, welches
ich gestern beim Zurückschneiden einer Hecke fand. Es ist nicht
nur aus Naturmaterialien gebaut worden, sondern auch aus kleinteiligem
Plastikmüll.
Ich weiß
nicht von welcher Art Vogel es stammt, aber es ist im Prinzip eine
Halbschale aus erdigem Material, armiert mit Grashalmen, Plastikfäden
und Folie.
Die Plastikfäden sind einerseits Reststücke einer blauen
Kordel, wie sie zur Schnürung von Strohballen in der Ballenpresse
von den Bauern verwendet wird.
Das Material ist nicht UV-beständig, eignet sich also gar nicht
zu einer Wiederverwendung im Freien. Trotzdem findet man es überall,
wo etwas festgebunden werden muss. Dass die Bindung nur ein Jahr
hält und dann erneuert werden muss, stört die Anwender
scheinbar wenig.
Auch kümmert es offenbar nicht, dass die Kordel in kleine Stücke
auflöst und vom Wind über die Umgegend verteilt wird.
Das andere Plastikmaterial sind Streifenfäden einer olivgrünen
PE-Gewebeplane.
Auch diese Plane eignet sich eigentlich nicht für die Verwendung
im Freien. Entweder reißt der Kunststoff, wenn er von der
Sonnenstrahlung brüchig gemacht wurde und zerfällt, oder
die mechanische Beanspruchung durch Wind und Reibung an scharfen
Kanten zerfetzt die Plane allmählich.
So sieht man auch gleich, wo der fleißige Vogel sein ungewöhnliches
Nestbaumaterial her hat.
Sowohl der Nachbar östlich der Hecke mit dem Nest, hatte sein
Brennholz mit einer solchen Gewebeplane abgedeckt,
als auch der Bauer westlich davon.
Die beiden letzten Aufnahmen hatte ich im Frühjahr aufgenommen
als ein steifer Westwind wehte. Man sieht oben gut, wie die Plane
in ihre winzigen Einzelteile zerrissen wird. Links unten erkennt
man ein Stück der blauen Plastikkordel, mit der die Plane einmal
festgebunden war.
Dieser Holzbesitzer hat die kaputte Plane mittlerweile durch eine
weiße Folienplane ersetzt. Aus dieser wird die Sonne nach
18 Monaten kleine handtellergroße Stücke machen, die
dann zwar auch reichlich herum liegen, sich aber nicht zum Nestbau
eignen.
29.11.08
In den letzten
4 Wochen gab es wieder einige sehr gute Ausgaben der Sendung "Hintergrund"
im Deutschlandfunk, hier vier Hinweise. Die Sendungen können
wie gewohnt im Netz nachgelesen werden.
Am 29.10. ging
es um "Spitzenforschung
an deutschen Hochschulen - Eine erste Zwischenbilanz der Exzellenzinitiative
- Von Armin Himmelrath und Britta Mersch".: "2006 wurde
sie ins Leben gerufen: Die Exzellenzinitiative des Bundes und der
Länder. 1,9 Milliarden Euro wurden für bis zu zehn Elite-Universitäten
mit besonderen Zukunftskonzepten ausgeschrieben, außerdem
für 30 Forschungsnetzwerke, sogenannte Exzellenzcluster, und
für 40 Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses. Wieviel Bewegung hat die Finanzspritze in die Hochschullandschaft
gebracht?".
30.10.: "Mit
der Gießkanne gegen die Krise - Das Konjunkturprogramm
der Bundesregierung
Von Melanie Hinter". "Wie kann man die Wirtschaft angesichts
der Finanzkrise stützen und vor dem Abschwung bewaren? Auch
wenn viele Politiker ein umfassendes Konjunkturprogramm offiziell
ablehnen, wird über Einzelmaßnahmen diskutiert: Von der
Kfz-Steuerbefreiung für CO2-arme Neuwagen, die der Autoindustrie
auf die Sprünge helfen soll, über zusätzliche Ausgaben
für den Autobahnneubau bis hin zu zusätzlichen Gebäudesanierungsprogrammen
- die Liste ist lang. Doch sind die Maßnahmen auch wirklich
sinnvoll?".
13.11.: "Sprengkraft
für die Währungsunion - Europa in der Finanz- und
Verfassungskrise - Von Brigitte Scholtes und Michael Braun":
"Der Kapitalmarkt deckt die Unterschiede innerhalb der Währungsunion
derzeit gnadenlos auf. Staaten wie Griechenland, Portugal, Spanien
und Italien können sich nur sehr viel teurer am Markt refinanzieren,
müssen also deutlich höhere Zinsen zahlen als beispielsweise
Deutschland. Droht aufgrund dieser Unterschiede ein Auseinanderbrechen
der europäischen Währungsunion?".
14.11.: "Zwischen
Lohndumping und Online-Zwang - Die Zukunft des Zeitungsjournalismus
- Von Brigitte Baetz". "Deutschlands Zeitungsverleger
investieren im großen Stil ins Internet, um die Anzeigenverluste
auszugleichen, die sie in ihren gedruckten Blättern zu verzeichnen
haben. Journalisten, die früher nur recherchiert und geschrieben
haben, bauen nun auch die Webseiten zusammen und drehen kleine Filme
für die Internetauftritte ihrer Zeitungen. Kritiker warnen
bereits vor Mängeln in der professionellen Berichterstattung.".
28.11.08
Völlig ungewiss
ist derzeit, wie sich die Wirtschaftskrise auf den deutschen
Arbeitsmarkt auswirken wird.
Arbeitsminister Scholz darf man nicht fragen und auch nicht den
Chef der Bundesagentur für Arbeit Weise. Diese obersten "Arbeitshüter"
sind von Wunschdenken und Eigenlob geblendet, so dass keine realistische
Einschätzung zu erwarten ist.
Derzeit gibt es
offiziell 3 Millionen Arbeitslose. Noch einmal so viele Menschen
brauchen zu ihrem Lohn aus einem Arbeitsverhältnis Unterstützung
vom Staat. Andere gar, sind nicht in einer Förderung gemeldet
und müssen während weit mehr als 40 Stunden zwei oder
drei Jobs pro Woche erledigen, um das nötige Geld beisammen
zu bekommen.
Rechnet man alle Arbeitsfähigen in Deutschland zusammen, die
gar keine Arbeit haben oder deren wie auch immer angenommenes Arbeitsverhältnis
ihren Mindestlebensunterhalt nicht zu sichern vermag, so kommt man
auf über 7 Millionen Betroffene in Deutschland.
Ende Oktober wurde
gemeldet, dass laut DGB fünf Millionen Menschen auf Arbeitssuche
sind. NGO-online: "DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach
kritisiert, dass die amtliche Zahl von unter drei Millionen Arbeitslosen
über das wahre Ausmaß der Erwerbslosigkeit in Deutschland
hinwegtäuscht. "Noch immer sind fünf Millionen Menschen
auf Arbeitssuche", sagte sie der "Passauer Neuen Presse".
Die Zahl ergebe sich unter anderem, weil Ein-Euro-Jobber und Menschen
in kurzfristigen Trainingsmaßnahmen in der Statistik nicht
mitgezählt werden. Zudem liege die Zahl der sozialversicherungspflichtigen
Jobs trotz Aufschwungs gegenüber 2001 um rund 500.000 niedriger."
Vor allem Teilzeitbeschäftigung und prekäre Beschäftigung
haben sich in den letzten Jahren ausgedehnt und schönen die
Arbeitslosenstatistik. Angesichts der anwachsenden Krise werden
diese Leiharbeiter als erste ihren Job verlieren. Automobilunternehmen
haben dies jetzt schon angedeutet.
Auch eine Mitte
des Monats veröffentlichte Studie des Instituts für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für
Arbeit besagt, dass über zwei Millionen Beschäftigte lediglich
einen zeitlich befristeten Vertrag haben.
Im Jahr 2006 waren 43 Prozent aller abgeschlossenen Arbeitsverträge
zeitlich begrenzt, während die Quote 5 Jahre zuvor nur 32 Prozent
betrug.
Der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse an der betrieblichen
Gesamtbeschäftigung wuchs der Studie zufolge zwischen 1996
und 2006 von unter vier auf über sechs Prozent.
Neben Leiharbeit und Arbeitsverhältnisse als Praktika spielen
damit Befristungen auf dem Arbeitsmarkt eine sehr viel größere
Rolle. Im öffentlichen Dienst sind die meisten neuen Arbeitsverhältnisse
befristet, hier zwei Drittel, in Industriebereichen, wo Fachkräftemangel
herrscht, sind es die wenigsten.
Diese zwei Millionen Beschäftigten könnten, wenn die Krise
anwächst, also auch sehr einfach entlassen werden.
Vorgestern wurde
der neueste Bericht
der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen ILO
veröffentlicht. Er vergleicht Lohnentwicklung weltweit.
Den Beschäftigten stehen demnach schwierige Zeiten bevor. Der
Lohnzuwachs soll für das Jahr 2008 global 1,7 % betragen, während
in Deutschland es nur 0,5 % gewesen seien.
Für 2009 ist laut ILO in den Industrieländern dagegen
ein Rückgang der Reallöhne zu erwarten.
Dieser Rückgang folge auf ein Jahrzehnt, in dem die Lohnentwicklung
nicht mit dem Wirtschaftswachstum Schritt gehalten hat.
Wenn die Wirtschaft langsamer gewachsen ist habe auch die Lohnsteigerung
viel langsamer reagiert, sei dann also überdurchschnittlich
stark gesunken. Wenn die Wirtschaft beispielsweise um 1 % gewachsen
ist, stiegen die Löhne dann aber nur um durchschnittlich 0,75
%, meint der ILO-Bericht. Wenn in Abschwungphasen dagegen die Wirtschaft
um 1 % abgesackt sei, wäre dies bei den Löhnen um 1,5
% festzustellen gewesen.
Wenn dieses festgestellte Muster jetzt auch in der momentan einsetzenden
Rezession beibehalten wird, hat dies schwerwiegende Folgen für
die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Erholung nach dem eventuellen
Höhepunkt der Krise. Die Rezession würde sehr viel tiefer
ausfallen und die Erholung sehr viel später einsetzen.
In Ländern, wo als Maßnahme gegen die Krise gerade riesige
Konjunkturpakete geschnürt würden, sollte laut ILO die
Lohnentwicklung sehr viel stärker berücksichtigt werden,
denn nur mit Stärkung der Massenkaufkraft vor allem über
eine angemessene Lohnentwicklung könne die Konjunktur bald
wieder anspringen.
In diesem Zusammenhang spricht sich die ILO auch für Mindestlöhne
aus, die in Deutschland aber von den rückständigen Parteien
Union und Liberale weiterhin blockiert werden.
Dies spricht abermals für den eigentlich mangelhaften Weitblick
dieser Politiker in ökonomischen Fragen, wo diese doch immer
ihre vermeintliche Wirtschaftskompetenz so plakativ herausstellen
und von den Medien im Gelingen dieser Täuschung gegenüber
den Bürgern noch unterstützt werden.
Letztlich aber
sind alle Bemühungen um Konjunkturankurbelung, auch die Stärkung
der Lohnentwicklung von der Frage überschattet:
Was wird denn letztlich gekauft?
Wenn dies immer nur Produkte sind, die weiterhin Schadkosten auf
die derzeitige und zukünftige Allgemeinheit externalisieren,
wird der eigentliche Grund für die Krise immer weiter genährt.
So ist eine nachhaltige Überwindung dieser schweren Zeiten
nicht zu machen!
27.11.08
Der Schweizer
"Tagesanzeiger" hat den Münchner Soziologen Ulrich
Beck zur internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise interviewt.
Tagesanzeiger: "Der Cheftheoretiker der Risikogesellschaft
ist immer dann ein wichtiger Gesprächspartner, wenn es wieder
einmal zu einem Weltenbrand gekommen ist. Auf die Risiken des globalen
Finanzsystems hat Ulrich Beck bereits in seinen Büchern "Weltrisikogesellschaft"
und "Macht und Gegenmacht im globalen Zeitalter" hingewiesen.
Damals forderte er eine "neue weltpolitische Ökonomie"
mit transnationaler Regulierungsperspektive. Dabei geht es vor allen
Dingen um die Steuerung von Märkten und die Frage, wie sich
der Staat gegenüber dem globalisierten Kapital politisch neu
definieren kann."
Es lohnt sich
sehr, dieses Interview mit Beck, "Wir haben einen Staatssozialismus
für Reiche", hier
nachzulesen.
26.11.08
Die EU
will ein Konjunkturprogramm in Höhe von 130 Milliarden Euro
auflegen. Kritiker meinen, dies sei viel zu wenig, damit könne
der Wirtschaftskrise kaum begegnet werden.
Die USA wollen jetzt ein Programm in Höhe von umgerechnet fast
600 Milliarden Euro verabschieden. Entsprechend der größeren
Bevölkerung in der EU müssten hier schon 900 Milliarden
beschlossen werden, um mit der amerikanischen Dimension gleich zu
ziehen.
Man bekommt schon
fast den Eindruck es sei ein weltweiter Wettbewerb um
das höchste Konjunkturprogramm entbrannt. Dabei ist überhaupt
nicht bewiesen, dass diese gigantischen Ausgaben auf Pump überhaupt
bewirken, was die Politik sich erhofft.
Vor allem beabsichtigen die Regierungen, den privaten Konsum mit
den Geldern anzukurbeln. Sinnvoll wäre dies nur, wenn es tatsächlich
nur eines Anstoßes bedürfte, um dann die Sache zu einem
Selbstläufer werden zu lassen.
Aber dem ist gar nicht so. Es werden ja überhaupt keine bestehenden
Strukturen angetastet. Es werden keine ökonomischen Gepflogenheiten
über Bord geworfen, die einerseits den Konsum behindern, andererseits
gar für das Entstehen der Krise erst gesorgt haben.
Abermals will
ich betonen, dass die Externalisierung von gesellschaftlichen
Schadkosten der vielfältigsten Art im Grunde für
die Krise verantwortlich ist.
Wie ein Bumerang muss dieses schwere Versäumnis uns zwangsläufig
wieder an den Kopf zurück knallen. Diese Zusammenhänge
abzustreiten wäre naiv.
Erst sind es die Schadkosten aus dem finanziellen Sektor, die jetzt
in Form der Finanzkrise über uns kommen. Bald werden die nächsten
Schadkosten dazu kommen, in Form der sozialen Schadkosten und der
strukturellen Nachteile aus der Position Deutschlands als Exportnation.
Die sozialen
Schadkosten verdeutlichen sich jetzt darin, dass der über
viele Jahre abgekoppelte ärmere Teil der Bevölkerung nun
nicht mehr am Konsum teilnehmen kann und will. Die Unternehmer und
der Staat bekommen jetzt die Quittung dafür, dass sie Löhne
nur nach unter gedrückt, soziale Hilfen abgebaut und in die
private Verantwortung verfrachtet haben, dass sie arbeitsintensive
Produktionen mechanisiert, und damit Leute entlassen konnten, und
vieles mehr.
Spaßeshalber könnten die Unternehmer ja jetzt mal die
Masse der angeschafften Maschinen bitten, etwas stärker am
notwendigen Konsum teilzunehmen.
Ein anderer Batzen
von Schadkosten resultiert aus der Exportabhängigkeit.
Diese wird unserem Land jetzt in Form ausbleibender Aufträge
und Bestellungen aus dem Ausland immer schwerer zu schaffen machen.
Erst waren wir ach so stolz, dass Deutschland überdurchschnittlich
viel am Export von Maschinen und Knowhow verdient. Das dabei bestehende
und von uns selbst aufgebaute Abhängigkeitsverhältnis
und seine Gefahren haben wir in guten Zeiten stets verdrängt.
Die Einnahmen aus dem Export allerdings, so sehr sie unsere Wirtschaft
manchmal in die Gewinnzone gehoben haben, sind aber beim Ausbleiben
genauso geeignet, Deutschland sehr viel tiefer stürzen zu lassen
als andere Länder.
Der mit Abstand
größte Posten von Schadkosten hat uns aber noch gar nicht
erreicht. Es sind dies die ökologischen Schadkosten,
die Deutschland mit dem hartnäckigen Verweigern einer auf unbedingte
Nachhaltigkeit ausgerichteten Ökonomie angehäuft hat und
die uns ebenfalls einholen werden.
Angesichts dieser
Faktoren nützt kein Konjunkturprogramm im herkömmlichen
Sinne. Ja es ist im Grunde überaus lächerlich.
Alle bisher beschlossenen und gedachten Programme weltweit gehen
ausschließlich in die alte Richtung. Gewissermaßen sollen
durch Ankurbelung der althergebrachten Ökonomie, deren jahrzehntelanges
Wirken uns ja letztlich in diese Krise gezwungen hat, die Symptome
der Krise bekämpft werden. Dies kann unmöglich funktionieren!
Ein Scheitern der derzeitigen Konjunkturpolitik ist unbestreitbar
vorprogrammiert.
Es gibt aber
eine wirkungsvolle Alternative.
Allein die Kombination aus einem Konjunkturprogramm und einem
Umstellungsprogramm auf eine nachhaltige Ökonomie kann
uns jetzt noch helfen.
Die Eckpunkte eines solchen Programms liegen in Form des Konzeptes
von der Kategorischen Marktwirtschaft vor.
Zur Erinnerung: Die Mindestschätzung für Deutschland über
die Höhe des jährlichen Schadkostenvolumens, liegt bei
etwa 400 Milliarden Euro. Daraus ergäbe sich durch Internalisierung
und Wiederauszahlung in Form eines vorübergehenden garantierten
Mindesteinkommens eine Konjunkturspritze für jeden in Deutschland
lebenden Menschen in Höhe von 400 Euro monatlich.
Auf Europa hochgerechnet müsste man berücksichtigen, dass
der ökologische Fußabdruck eines Durchschnittseuropäers
kleiner ist, als der eines Deutschen. Man könnte aber für
Europa mit seinen 500 Millionen Einwohnern, vorsichtig geschätzt,
ein Schadkostenvolumen in Höhe von jährlich mindesten
2 Billionen Euro annehmen.
Würde dieses Geld über eine europaweite Internalisierung
abgeschöpft und mittels monatlicher Auszahlung wieder an die
europäische Bevölkerung zurückgegeben, bekäme
Europa ein dynamisches Konjunkturprogramm, welches der Krise
angemessen wäre.
Seine Gesamtsumme läge um ein Vielfaches über den derzeit
gedachten Beträgen: Die oben genannten 2 Billionen Euro wären
ja nur die erste Summe.
Ein Jahr später gäbe es noch einmal eine etwas geringere
Summe, und in den Jahren darauf entsprechend.
Durch den Internalisierungszwang würde die Wirtschaft umgebaut
und die Schadkostenexternalisierung zurück gefahren. Die Internalisierungseinahmen
gingen zurück und somit auch allmählich die Summe, die
monatlich an die Europäer ausgezahlt werden könnte.
In erster Linie würde zweierlei bewirkt:
Zum Einen würde der Konsum in einzigartiger Weise angekurbelt,
und zum Anderen würde die Wirtschaft über die in eindeutige
Bahnen und Kriterien gelenkte Nachfrage in Richtung Zukunftsfähigkeit
umgebaut.
Auch würden sich Einflussnahmen von Seiten der Politik erübrigen,
diese wären angesichts der Kurzsichtigkeit im heutigen im Parlamentarismus,
ohnehin schädlich.
Und, wie schon angedeutet, das Programm würde sich von selbst
und proportional zu seiner positiven Wirkung auf die Ökonomie
allmählich abbauen.
Das Ergebnis wäre ein kaum mehr krisenanfälliges neues
Wirtschaftssystem, welches endlich auch als wirkliche Marktwirtschaft
begriffen werden könnte.
Näheres unter Kategorische Marktwirtschaft.
25.11.08
Das Volk bleibt
immer noch ruhig. Angesichts der sich langsam aus dem Nebel
heraus mit immer deutlicher werdenden Konturen abzeichnenden Krise,
nimmt es den Fall ins eventuell Bodenlose ohne nennenswertes
Murren hin.
Eventuell werden
ein paar Fäuste in den Taschen geballt oder, nach ein paar
Bier, auch einmal eine, nicht ganz so laut, auf den Stammtisch gehauen.
Ansonsten aber: - den offenen Protest scheint die allzu satte Gesellschaft
mit der nichtfinanziellen Lebensqualität ebenfalls verlernt
zu haben.
Stattdessen Brot und Spiele in seiner Edelform heutzutage, etwa:
jeden Tag Sonntagsbraten und Kuchen, Börsen-, Freizeit- und
Konsumspiele rund um die Uhr, dies betäubt nicht nur den Körper
mit allzu viel Fettschichten, auch der Geist wird unbeweglich und
begnügt sich mit infantilem Abwarten auf den Umfang des Versorgtwerdens.
Wie das Tier im Stall, das frisst, was ihm von der so unbewusst
rätselhaften, unbegreiflichen Überfigur Bauer in die Krippe
geschüttet wird. Würde der Bauer einmal plötzlich
versterben, würden die Tiere in ihren Ställen verhungern.
Im "Spiegel"
gab es Ende Oktober einen
Artikel zu diesem Thema, in dem auch an die Proteste von vor
40 Jahren erinnert wurde. Damals gingen nicht nur Studenten in Deutschland
auf die Straße. Vor allem hatten diese noch politische Ziele,
im Gegensatz zu heute, wo ein paar wenige Studenten allenfalls mal
für bessere Studienbedingungen laut werden.
Intellektuelle protestieren heute ebenfalls nicht mehr. Vielleicht
lassen sie sich noch in eine Talkshow einladen, um dort als Gegenpart
zu einem geistlosen Politiker für einen Anschein des Ausgleichs
zu sorgen.
Auch sie waren früher viel konstanter und bemerkbarer mit ihrer
Kritik. Sie verstanden ihre Rolle als eine Kapazität für
die Jungen, die zwar das Unbehagen empfanden, aber jemanden brauchten,
der dieses ausformuliert, so dass man sich daran wie an einer zu
verlässlicher Substanz, zu Fels gewordener Kritik an der politischen
Realität festhalten und orientieren konnte.
Alles dies fehlt
heute. Jeder scheint sich still seinen Sorgen auszuliefern und sich
mit allerlei Möglichkeiten oder Zwängen abzulenken. Der
"Spiegel": "Heute sind wir alle (Fernseh-)Zuschauer
unserer eigenen Ohnmacht. Wir können kaum glauben, was passiert,
doch der Gefühlsstau entlädt sich nicht. In all dem Gerede
ist eine große Sprachlosigkeit spürbar. Bei manchen Zeitgenossen,
den Autor eingeschlossen, führt diese zugleich rasante wie
zeitlupenhaft sich vollziehende Krise sogar zu bedingt antizyklischen
Reaktionen. Motto: Konsum, ergo sum."
Es wird der Mehrheit fatal im Halse stecken bleiben, dass sie jetzt
feige an die Politik delegiert, was diese noch nie leisten konnte,
ja dass sie den Ausweg aus dem Dilemma von denen erwartet, die es
verursacht haben. Nie war Delegieren so selbstbetrügerisch
wie heute.
Wie der sprichwörtliche Frosch im Wassertopf, der zwar herausgesprungen
wäre, hätte man ihn in heißes Wasser geworfen, jetzt
aber, ins kalte Wasser gesetzt welches dann ganz allmählich
erwärmt wird, wartet er ohne jeden Flucht- und Widerspruchsinstinkt
darauf, jämmerlich gekocht zu werden.
Bleibt zu hoffen, dass die stille Vermutung nach letztlich doch
guten Ergebnissen, nach einer heilsamen Produktivität dieser
gigantischen Krankheit der Gegenwart sich irgendwann und möglichst
bald verdeutlicht.
Meine stille Hoffnung ist, dass die Kategorische Marktwirtschaft
als Konzept in der Krise und nach der Krise mehr ins öffentliche
Bewusstsein rücken möge.
24.11.08
Ärztepräsident
Hoppe hat gefordert die Zulassungsbeschränkung für
ein Medizinstudium abzuschaffen. Der Numerus Clausus verhindere,
dass junge Leute, die nicht den erforderlichen Notendurchschnitt
im Gymnasium erreichten, denen aber der Arztberuf eine Berufung
sei, der Bevölkerung dienen könnten.
Hoppe meinte, so könne dem drohenden Ärztemangel begegnet
werden.
Ich frage mich
hier, wieso dieser Mann nicht schon früher zu dieser Erkenntnis
gekommen ist. Man wird das Gefühl nicht los, als hätte
er den unbefriedigenden Zustand bereitwillig hingenommen, solange
es genug Kandidaten für seinen Berufszweig gab.
Die Erkenntnis, dass es in Deutschland junge Schulabgänger
gibt, die von den menschlichen und charakterlichen Eigenschaften
her sehr viel besser zum Arztberuf taugen, als bloße Büffler
und Streber mit Einsernoten, ist doch wahrlich nicht neu.
Was wären
dies für erfreuliche Vorstellungen. Ein Arzt, der mir bereitwillig
zuhört, statt die Sitzung dazu zu benutzen, seine Feststellungen
an mir vorbei in sein Diktiergerät zu sprechen. Ein Arzt, der
mich ansieht, während ich ihm antworte und mir nicht schon
bald das Gefühl gibt, ich müsse mich kurz fassen mit der
Schilderung meiner Symptome, weil sein zur Budgeterreichung zulässiger
Zeitrahmen bald erreicht ist und er ins Nebenzimmer zum nächsten
Patienten muss.
Ich kann mir durchaus
Ärzte vorstellen, die diesen Beruf überhaupt nicht wegen
der vermeintlich guten Verdienstmöglichkeiten wählen,
sondern weil sie spüren, ein überdurchschnittliches Einfühlungsvermögen
für Andere zu besitzen und dieses zum Helfen einsetzen möchten.
Auch kann ich mir vorstellen, dass ein Arzt aus voller Berufung
sehr viel mehr Ehrgeiz bei der Suche nach erfolgversprechenden Therapien
aufbringt, dass er sehr viel besser Querverbindungen und Körperhinweise
versteht, oder gar, dass er sehr viel realistischere Zusammenhänge
zwischen der Psyche des Patienten und seiner jeweiligen Krankheit
erkennt.
So würde ihm unter Umständen eher die in tausenden Fällen
aufblitzende Diskrepanz zwischen schulmedizinischen Lehren und der
Realität beim Individuum auffallen. Und er würde seine
Schlüsse ziehen aus der Verflechtung von körperlichem
Leiden und den seelischen Eigenarten eines jeden Menschen, entweder,
dass er still seine eigenen Therapien anwenden würde, oder
dass er öffentlich für eine realistischere Verknüpfung
beider Ebenen streitet.
Völlig bewusst
ist mir natürlich auch, dass eine Abschaffung der Zulassungsbeschränkung
nicht alleine schon für bessere Ärzte sorgt. Es muss gegen
die immer drastischer werdende Bürokratie im Arztberuf etwas
unternommen werden, um diesen Leuten besser den Rücken frei
zu halten und zu garantieren, dass sie sich auch auf ihre eigentliche
Aufgabe konzentrieren können.
Und man müsste über eine Bezahlung nach Ergebnis nachdenken.
Nur wenn die vorgeschlagene Therapie auch wirklich zur Heilung führt,
darf der Arzt den vollen Lohn bekommen. Eine solche Regelung würde
zur Herauskristallisierung der wirklich hilfreichen Methoden, eventuell
ganz individuell auf jeweilige Patiententypen ausgerichtet, führen.
Schwere Krankheiten könnten sehr viel früher erkannt und
entsprechend frühzeitig vorgesorgt werden. Dies würde
die Bedeutung der Pharmaindustrie und ihrer Produkte, wie auch der
Apparatemedizin zurück drängen. Das Gesundheitssystem
würde sehr viel preiswerter und die Gelder könnten wiederum
der direkten Zuwendung für die Patienten zugute kommen.
Hier hätte Herr Hoppe noch ein großes Feld, auf welchem
er Forderungen für eine bessere Ärzteversorgung aufstellen
könnte.
23.11.08
In den letzten
Tagen gab es auf Deutschlandradio Kultur im Politischen Feuilleton
ein paar Kommentare mit erwähnenswerten Bemerkungen.
Ich will hier nachholen, darauf hinzuweisen.
Am 13.11. beleuchtete
der Publizist und Literaturkritiker Florian Felix Weyh in
"Die
Stunde der Renegaten" die allzu offensichtliche Meinungswendung
im deutschen Journalismus angesichts der Finanzkrise.
Schon Kierkegaard beklagte im 19ten Jahrhundert die Problematik
für den Charakter der Menschen dieser Berufsgattung: "Politik
zu dienen mit Hilfe von Tages-Presse, das ist zuviel für einen
Menschen".
Weyh meint, zuerst besangen die Journalisten "vorbehaltlos
die freien Märkte," während sie nun sich selbst
völlig widersprechen und "jetzt das Loblied auf den
starken, eingreifenden, regulierenden Staat intonieren".
Er erklärt sich den flachen "Perspektivwechsel ohne
Rücksicht auf größere Zusammenhänge"
damit, dass "die allermeisten publizistischen Meinungsmacher
ebenfalls nur Medienfunktionäre im Angestelltenverhältnis"
sind. Weyh: "Das Renegatentum - also die schnelle Anpassung
an veränderte Machtkonstellationen - ist ihnen gewissermaßen
eingeboren, und in Zeiten der Krise tritt das eben unverhohlen zutage.
Man könnte sogar entschuldigend sagen, dass bei gewissen Berufsgruppen
opportunistische Blindheit zwingend zur psychischen Grundausstattung
gehört, sonst wäre der Beruf kaum auszuhalten. So viele
Umschwünge im Laufe eines Lebens, da bleibt nur im Geschäft,
wer sich als biegsam erweist und dabei keinen Schmerz empfindet".
Weyh zitiert Erich Kästner mit seiner 1945 gewonnenen Definition
des Opportunisten: "Er ist, weil man mit ihm zufrieden ist,
mit sich zufrieden".
Und bezüglich des Mehrheitsprinzips, für welches allzu
viele Journalisten eigene Prinzipien erst gar nicht entwickeln und
"beim nächsten Umschwung flugs wieder die Seiten wechseln",
den Dichter Goethe, der in "Wilhelm Meisters Wanderjahren"
feststellt: "Nichts ist widerwärtiger als die Majorität,
denn sie besteht aus wenigen kräftigen Vorgängern, aus
Schelmen, die sich akkommodieren, aus Schwachen, die sich assimilieren,
und der Masse, die nachtrollt, ohne nur im mindesten zu wissen,
was sie will."
Am 18.11. bemerkt
der Schriftsteller Bernd Wagner im Artikel
"Vom Pumpen und Prassen", wie Geld "mehr
und mehr zu einer imaginären Größe geworden ist".
"Imaginär an diesen Summen ist nicht nur das Fehlen
jeglicher Beziehung zu realen Werten, sondern dass es sich fast
ausschließlich um gepumptes Geld handelt."
Wagner: "Auf Pump wurde und wird die deutsche und europäische
Einheit finanziert; mit gepumptem Geld trugen die amerikanischen
Unterklässler unseren letzten Wirtschaftsaufschwung, weil sie
damit ihre Häuser, Autos und Kühlschränke bezahlten;
seine alten Schulden vergisst im Moment der Krise plötzlich
der Staat und häuft neue darauf, um uns durch ein "Rettungspaket"
zum Kauf neuer Autos, Häuser und Kühlschränke zu
animieren."
Dann wird Wagner aber allzu schnell zynisch:
Die deutschen Spitzenmanager bekämen nicht zuviel Geld, sondern
sie arbeiteten zuviel. Sie sollten besser "endlich der Verpflichtung
wirklicher Aristokraten zum repräsentativen Nichtstun nachkommen".
Stattdessen: "Wie aber sieht der Alltag unserer neuen Aristokratie
aus? Sechzehn Stunden am Tag Konferenzen, Telefonate und andere
Termine, und wenn sie dann nach Feierabend von Bodyguards in ihre
abgeschirmten Ghettos gebracht werden, können auch sie nur
so viel essen, bis der Magen voll ist, und noch ein bisschen fernsehen.
Wer hat etwas von ihren Millionen und Milliarden? Weder sie noch
wir. Sie sollten endlich die vielfach beschworene Kreativität
anstatt zum Verdienen von noch mehr Geld zu seinem möglichst
sinnvollen, das heißt sinnlosen Ausgeben einsetzen.".
Schade, interessantes Thema, aber was Wagner eigentlich sagen will,
bleibt unklar.
Sehr gut und dem
erstgenannten ähnlich ist wieder der Beitrag vom 19.11., "Medien
und Politik". Hier befasst sich der Journalist und
Redakteur beim "Tagesspiegel" Moritz Schuller abermals
mit der Rolle des Journalismus in der Politik.
Im jüngst erschienenen Plagiat der "New York Times",
produziert von der US-Aktivistengruppe "The Yes-Men" rechnete
diese in etlichen Artikel auf 14 Seiten mit der Regierung George
W. Bushs ab. Nach Ansicht der Macher dieser Sonderausgabe, war die
echte "New York Times" in den letzten acht Jahren viel
zu regierungsnah.
Auch hierzulande, meint Schuller, schreiben Journalisten eine Regierung
oder eine Politik zunächst hoch, um sie dann plötzlich
wieder runterzuschreiben.
Hauptsächlich liege dies daran, "dass Journalisten
schnell gelangweilt sind, dass sie das Neue lieben und das Alte
verachten".
Das Phänomen sei längst nicht mehr, "dass die
Medien eine politische Agenda haben, sondern, dass sie keine mehr
haben". Oft ließen sie sich treiben "fasziniert
und berauscht, ohne irgendeine Haltung erkennen zu lassen."
Schuller: "Sich so berauschen zu lassen, ist weder eine
politische noch eine journalistische Tugend, denn Besoffene sind
nicht klar im Kopf. Im Rausch verbirgt sich das Totalitäre.
In seiner berühmten Verteidigung von Kurt Beck im "Stern"
hatte Hans-Ulrich Jörges die Blutrünstigkeit als das Problem
der journalistischen Meute ausgemacht. Schlimmer ist die Tatsache,
dass die Meute immer in dieselbe Richtung läuft. Der Sog, dasselbe
zu sagen und zu schreiben wie die anderen, ist in Zeiten der Haltungslosigkeit
besonders kräftig. Die Scham, das Gegenteil von dem zu behaupten,
was man bisher behauptet hatte, ist dann besonders gering. Die publizierte
Meinung bewegt sich stromlinienförmig, weil niemand mehr weiß,
wo das Ufer ist. Da schwimmt man lieber gemeinsam - in die Beliebigkeit
hinein." Die Medien seien nicht daran schuld, "dass
die Politik haltungslos und hemmungslos geworden ist",
auch nicht am Verhalten Angela Merkels, "die plötzlich
die Managergehälter deckeln und die Finanzwelt regulieren will.
Als Oskar Lafontaine das gefordert hatte, wurde so etwas als politische
Provokation abgetan, heute redet in der CDU jeder so."
Allerdings würden die Journalisten der Politik aber allzu bereitwillig
folgen. "Die Festigkeit des Herzens", die für Max
Weber zur Politik als Beruf gehört habe, sei "selten
geworden."
Schuller zu seinen Kollegen: "Die Wahrheit ist schwer zu
vertragen, weil sie nur ohne Rausch zu haben ist, aber nicht ohne
Haltung."
22.11.08
Innenminister
Schäuble, oberster Paranoiker und Antidemokrat will jetzt die
Verfassung ändern, damit bei Abstimmungen im Bundesrat auch
eine einfache Mehrheit ausreicht und Stimmenthaltungen künftig
eine Zustimmung nicht mehr verhindern können. Unterstützt
wird er dabei vom SPD-Bundestagsabgeordneten Fritz-Rudolf Körper.
Anlass ist, weil das geplante BKA-Gesetz, mit dem das Bundeskriminalamt
weitreichende Befugnisse bis in die intime Privatsphäre der
Bürger erhalten soll, im Prinzip also zu einem deutschen FBI
aufsteigt, im Bundesrat von den Ländern mit FDP-Koalition mittels
Stimmenthaltung nicht unterstützt wird.
Die Frankfurter
Rundschau schreibt dazu heute:
"Auch Wolfgang Schäubles jüngster Angriff auf
das Grundgesetz ist nur einer von vielen Nadelstichen, mit denen
der Verfassungsminister das hohe Gut, das er zu schützen hätte,
zu durchlöchern versucht. Diesmal geht es nicht direkt an die
Bürgerrechte, sondern an einen Bestandteil unserer demokratisch-föderalen
Staatsstruktur.
Es klingt harmlos: Damit notwendige Reformen künftig reibungsloser
durch die Länderkammer gehen, als zum Beispiel das BKA-Gesetz,
sollen Enthaltungen nicht mehr als Neinstimmen zählen. Schon
wären sie weg, die ärgerlichen Blockaden. Ganz nebenbei
ginge eine wichtige Einflussmöglichkeit der kleineren Parteien
flöten, die als Koalitionspartner in den Ländern den Großen
in den Arm fallen können."
Wenn die FDP,
um die es hier ja in erster Linie geht weil sie in einigen Ländern
mit der Union koaliert, auch immer noch einer rückwärts
gewandten Wirtschaftspolitik hinterherläuft und die so edlen
Freiheitsrechte für Wirtschaftsakteure auch denen zugesteht,
die zum eigenen Vorteil unsere Gesellschaft mittels Externalisierung
von ökologischen und sozialen Schadkosten berauben, - eines
muss man ihr lassen: In Punkto Bewahrung der Grundrechte und der
demokratischen Freiheit leistet sie ab und zu auch mal etwas Wertvolles,
sofern sie in einer Regierungsbeteiligung die Möglichkeit dazu
hat.
Schade nur, dass diese Partei aber insgesamt nicht sehen will, dass
der fahrlässige Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen
innerhalb unseres Wirtschaftssystems zu massiven mittel- und langfristigen
Freiheitsbeschränkungen für die nachfolgenden Generationen
führt.
Wäre die FDP wirklich rundherum liberal, müsste sie endlich
die Ökologie über die Ökonomie stellen, statt wie
bisher umgekehrt.
Nur wenn die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen als
oberste Richtschnur für das Geschehen in der Wirtschaft festgeschrieben
ist, kann Freiheit und Liberalität auf Dauer erhalten werden,
und nur Freiheit, die nicht mit Schaden an Dritten erkauft ist,
kann als erstrebenswertes Parteiziel gelten.
Davon ist die FDP aber weit entfernt und wird sich am Ende wohl
als ideologisch verbohrter Haupttotengräber ihres eigenen obersten
Ideals erweisen.
21.11.08
Der Weltfinanzgipfel
ist jetzt schon einige Tage vorbei, und man hat nicht das
Gefühl, als dass dabei etwas Konkretes heraus gekommen wäre.
Im Grunde haben sich die internationalen Politpromis damit nur wieder
eine Bühne gegeben, um ihre vermeintliche Wichtigkeit herauszustellen.
Und noch mal fällt
mir da die Art und Weise von Kanzlerin Merkel auf, die es immer
wieder schafft, an ihrer Fassade als entschlossene Krisenmanagerin
zu feilen. Wer dahinter schaut, merkt wie inhaltsleer diese Politikerin
agiert, doch die meisten Leute schauen eben nicht hinter die Fassade.
NGO-online dazu: "Jahrelang schlugen Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD)
alle Warnungen vor einem Kollaps der Finanzmärkte in den Wind.
Alle Aufforderungen zur Regulierung der Finanzmärkte taten
sie als Unsinn ab. Der Markt würde es schon richten, so ihr
Credo. Mit der Finanzmarktkrise erfolgte zügig und professionell
ein verbaler Schwenk. Steinbrück kreierte die Formel von erforderlichen
"Verkehrsregeln und Leitplanken" für die Finanzmärkte
und Merkel sagt, sie wolle den Akteuren auf den Weltfinanzmärkten
"Zügel anlegen"".
Von der eigenen Verantwortung lenkt Merkel geschickt ab. Vor dem
Gipfel gab sie vor allem den Entwicklungen in den USA die Schuld
an der Eskalation, um dann sofort ihren Optimismus für den
geplanten Gipfel zu betonen.
Für sie ist erst durch die Finanzmarktkrise "Handlungsdruck"
entstanden, und Merkel suggeriert mit der Bemerkung, es seien "jetzt
Nägel mit Köpfen zu machen und deutlich zu machen, dass
die Welt aus dieser Krise gelernt hat", dass sie natürlich
höchstpersönlich für die Anfertigung dieser Nägel
sorgen werde.
Merkel will auf den Finanzmärkten "alle Gebiete, alle
Produkte und alle Geschäfte angemessen" reguliert
und überwacht sehen.
Damit die das Wort -angemessen- hier auch eine Einschränkung
in Ihrem insgeheimen Interesse bleibt, hat Merkel mit ihrem ebenfalls
aalglatten Finanzminister Steinbrück schon mal eine Expertengruppe
mit Namen "neue Finanzarchitektur" zusammengestellt,
deren altbekannte Besetzung für altbekannte Ergebnisse sorgt
und entsprechende Empfehlungen abgibt.
Die Öffentlichkeit
wurde vor dem Gipfel mit Fachbegriffen und Fremdworten aus der Finanzwelt
erschlagen und sprachlos gemacht.
Steinbrück konnten vielleicht noch die deutschen Autofahrern
verstehen, wenn er bildlich "Verkehrsregeln und Leitplanken"
fordert und er in deren Köpfen damit geschickt eine Vorstellung
von sicherem Fahren und stählern schützender Banden entstehen
lässt.
Oft schon hat der selbstbewusste Finanzminister vertraute Bilder
gemalt, um der Bevölkerung eine entsprechende Handlungsabsicht
vorzugaukeln.
Nach
dem Gipfel lobt Merkel dann alle Ergebnisse, - logisch, sie
war ja dabei und lobt sich zwischen den Zeilen somit selbst.
Im Grunde sind die Ergebnisse hinter der Fassade aber mal wieder
enttäuschend. Statt Regulierung der Finanzmärkte hat man
sich auf eine Überwachung von Märkten, Produkten und Teilnehmern
geeinigt. Nationale Maßnahmen wie etwa protektionistische
Regeln und Verbote wurden ausdrücklich ausgeschlossen. So kann
der internationale Finazmarkt weiter einzelne Staaten übervorteilen,
schädigen und destabilisieren. Handelsschranken sollen weiter
abgebaut werden.
Merkel natürlich, die wie eine Katze immer auf den Füßen
landet, lobte den Gipfel als "vernünftige und angemessene
Antwort".
Ihre besagten "Nägel" tauchten auch wieder auf: "Es
ist das erste Mal, dass Schwellen- und Entwicklungsländer in
dieser Art und Weise zusammentreffen und auch wirklich Nägel
mit Köpfen machen." - Welcher Heimwerker unter den
Wählern weiß nicht, dass Nägel ohne Köpfe nur
mangelhaft halten?
Man hat sich auf
rund 50 Maßnahmen geeinigt, die bis März umgesetzt werden
sollen. Sind wir gespannt, wie viel des Aktionismus bis dahin vergessen
sein wird.
Der alte US-Präsident hat schon mal angemahnt, die Fähigkeit
des Finanzmarktes zur "Erneuerung" nicht zu zerstören.
Also besser nicht eingreifen, Herr Bush? Mehr Transparenz braucht
der Finanzmarkt für Bush vor allem, damit die Investoren den
wahren Wert dessen erkennen könnten, was sie kaufen. - Also
weiter kräftig Finanzmarktprodukte kaufen!
Beim Thema spekulative
Hedgefonds, die auch stärker reguliert werden sollen, muss
man abwarten wie es gegessen wird, was die Finanzgipfler jetzt noch
vollmundig heiß aufkochen.
Hierzu sei noch ein
Artikel empfohlen, der die Rolle der Hedgefond auch ohne Regulierung
arg in Frage stellt: "Hedgefonds haben ausgehebelt - Die
Finanzkrise wird vielen Hedgefonds das Genick brechen und die Geschäftsidee
ganz allgemein in Frage stellen."
20.11.08
Da hatte Peter
Struck von der SPD in einem Interview mit der Zeitschrift Super-Illu
mal einen vernünftigen Gedanken ausgesprochen. Das Gremium
der fünf Wirtschaftsweisen, das regelmäßig zweimal
im Jahr seinen Senf zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland
abgeben darf, hält Struck für inkompetent und überflüssig
(Meldung
hier).
Er sagte: "Ich glaube denen kein Wort. Wenn man frühere
Prognosen mit der eingetretenen Realität vergleicht, merkt
man recht schnell, dass diese sogenannten Weisen vor allem viel
heiße Luft produzieren."
Er habe Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) deshalb
vorgeschlagen, den Sachverständigenrat abzuschaffen.
Anlass zu dieser
längst überflüssigen Erkenntnis Strucks war wohl
die neueste Voraussage einer Rezession durch das Gremium, - da muss
man keine "Wirtschaftsweisen" sein, um dieses vorauszusehen
-, und die von der Linkspartei begrüßte Forderung nach
massiven Konjunkturprogrammen.
Struck meinte: "Wir sollten uns davor hüten, uns selbst
in die Krise hineinzureden und in Aktionismus zu verfallen. Kein
Staat der Welt, und schon mal gar nicht Deutschland allein, kann
mit Konjunkturprogrammen, und mögen sie noch so viele Milliarden
umfassen, die Probleme der Weltwirtschaft lösen".
Wieso ist die
Regierung dann überhaupt für Konjunkturprogramme, Herr
Struck, möchte man fragen.
Das Geld gilt im Prinzip doch jetzt schon als zum Fenster hinaus
geworfen. Es dient lediglich zur Gewissensberuhigung und zur Übertünchung
der Tatsache, dass keiner der Politiker ein vernünftiges Rezept
gegen die Krise hat.
Vorsichtig muss
man deshalb auch sein, wenn Struck sagt: "Ich finde, wir
haben genug Sachverstand in den Ministerien, um Erkenntnisse zu
sammeln, und genug Sachverstand in der Politik, um die richtigen
Konsequenzen daraus zu ziehen".
Hier kommt wieder diese Arroganz und Selbstüberschätzung
zum Vorschein, die allen Politikern anhaftet. Hat dieser sogenannte
"Sachverstand in der Politik", der völlig abgehoben
die Realität außen vor lässt, uns nicht erst recht
in diesen tiefen Schlamassel hineinmanövriert? -
Man könnte
resümieren: An ihren Beratern sollst du sie erkennen.
Jahrzehntelang falsch beraten, viel zu lange von ideologisch geblendeten
"Wirtschaftsweisen" angeleitet! - Diese Politik und in
Folge die ganze Gesellschaft scheitet ganz banal an ihrer ungeheuren
Blauäugigkeit.
Aber Apropos Berater:
Auch Barak Obama, der neue US-Präsident, umgibt sich
jetzt schon mit zweifelhaften Beratern, die erkennen lassen,
dass unter ihm vieles beim Alten bleiben wird.
In einem Artikel, u.A. auf
Zeitfragen publiziert, meint Paul Craig Roberts, Wirtschaftswissenschaftler,
Publizist und ehemaliger US-Finanzminister, "Die Berater
Obamas sind ein Betrug am Wähler".
Roberts fragt: "Wenn die Veränderung, die der gewählte
Präsident Obama versprochen hat, ein Ende der Aggressionskriege
und ein Ende der Ausbeutung der Steuerzahler durch mächtige
Finanzinteressen einschließt, womit ist dann die Auswahl von
Obamas außen- und wirtschaftspolitischen Beratern zu erklären?
".
Der Beitrag von Paul Craig Roberts beseitigt viele Illusionen und
falsche Hoffnungen um die Figur Obama.
Auch unter Obama werden die alten Kräfte die USA fest im Griff
haben. Obamas Versprechen einer "Veränderung", so
ist Roberts der Ansicht, umfasst lediglich die Veränderung
eines Gesichts. - Artikel sehr lesenswert.
19.11.08
Heute möchte
ich auf ein sehr aufschlussreiches Interview mit dem Ökonomen
und Privatisierungsexperten Werner Rügemer hinweisen.
Die Seite von Werner Rügemer ist auch in unserer Linksammlung
vertreten, weil dieser Experte immer wieder deutliche und unabhängige
Informationen und Einschätzungen zu internen Verstrickungen
in Wirtschaft und Politik untersucht und veröffentlicht.
Der erste Teil
des Interviews war auf
telepolis am 28. Oktober zu lesen.
Die Überschrift des Gesprächs lautet: "Privatisierung
als Ursache der Finanzkatastrophe" und es geht darin hauptsächlich
um Cross Border Leasing.
Dieses Finanzinstrument "wurde lange Zeit als sicheres und
einfaches Mittel zur kommunalen Haushaltssanierung empfohlen. In
der Krise entpuppt es sich als hochspekulatives Finanzsystem, welches
die Städte nun teuer zu stehen kommt."
Rügemer
beschreibt die Verfahren dieses modernen Finanzprodukts und wieso
es im Grunde scheitern muss. Man erfährt viele Aspekte, Zusammenhänge
und Details, und man fragt sich dann kopfschüttelnd, wie sich
die Akteure auf so etwas nur einlassen konnten.
In einem zweiten
Teil des Interviews mit Rügemer, auf
telepolis am 29. Oktober zu lesen, kritisiert dieser das Rettungspaket
für die Banken in Deutschland. Rügemer stellt dar, dass
dieses im Grunde ein Blankoscheck für die Banken ist.
Wenn sich die mediale Öffentlichkeit über Deutsche-Bank-Chef
Ackermann empört, weil dieser sich über das Rettungspaket
lustig macht, zeigt dies, so meint Rügemer, dass man in den
Medien gar keine Ahnung von den Details dieses Programms habe. Die
Deutsche Bank würde auch so enorm von dem Rettungspaket profitieren,
nur etwas subtiler, als es zunächst vorstellbar ist.
Mit dem Rettungspaket werden genau jene belohnt, welche die Krise
in Gang gesetzt haben.
Seit zehn Jahren weist Rügemer in seinen Veröffentlichungen
über die Mechanismen der Privatisierung darauf hin, dass Kalkül
dahinter steckt, wenn Banker erst einmal den Karren gegen die Wand
fahren um sich dann vom Staat tüchtig subventionieren zu lassen.
Der Staat lässt sich von den Banken mit der Behauptung erpressen,
würde man sie nicht retten, müsse die Realwirtschaft Pleite
gehen.
"Hat der Staat eigentlich die 500 Milliarden Euro?: Werner
Rügemer: Nein, der hat sie nicht. Aber zunächst einmal
muss man sich vergegenwärtigen, was das für eine Absurdität
ist: Dieser Staat, der jetzt den Banken Geld in verschiedener Form,
sei es durch Garantien oder direkte Zuschüsse und Beteiligungen,
zur Verfügung stellen will, ist ja selbst bei den gleichen
Banken mit einem ungleich größeren Betrag verschuldet!
Und für einen Teil dieser Zuschüsse, die der Staat den
Banken geben will, müsste er sich selber bei ihnen wieder verschulden.
Das ist ein völlig absurdes Spiel."
Die Aussagen Rügemers
sind unbedingt lesenswert, da sie einiges im Hintergrund der Finanzkrise
erhellen. Auf seinen eigenen Websites finden sich noch eine Fülle
weiterer Informationen zu den angesprochenen Themen.
18.11.08
Das ist nun die
Formel der Bundesregierung für die bis Weihnachten in Aussicht
gestellte Milliardenhilfe für Opel: Das Geld müsse
in Deutschland bleiben und die Arbeitsplätze müssten gesichert
werden.
Also bitte, wie will man dies bei der engen Opel-GM-Verflechtung
kontrollieren und, wie will man die Arbeitsplätze erhalten,
wenn Opel sehr viel weniger Autos verkauft und die Einnahmen entsprechend
einbrechen?
Es spricht wieder
alles nur für die totale Konzeptlosigkeit. Nach den 500 Milliarden
für die Banken muss doch jetzt mal die Frage geklärt werden,
wie viel der Staat denn überhaupt noch zahlen kann, bevor er
selbst zusammenbricht. Seltsamerweise fragt danach niemand.
In der Märkischen
Allgemeinen aus Potsdam wird kommentiert: "Die Stahlkocher
der Maxhütte, die Schiffbauer der Vulkan-Werft,die Bauarbeiter
von der Philipp-Holzman-AG haben eines gemeinsam: Der Staat versuchte,
den angeschlagenen Firmen, bei denen sie beschäftigt waren,
unter die Arme zu greifen und hat dabei Millionen an Steuermitteln
versenkt. Pleite gingen die Betriebe trotzdem... Der angeschlagene
Mutterkonzern General Motors könnte seine deutsche Tochter
am Ende mit in den Abgrund reißen."
Die Schwäbische Zeitung meint: "Egal was geschieht,
am Ende darf nicht vergessen werden, wer die Zeche zahlt. Der Steuerzahler,
das hört sich hübsch allgemein an. Aber es sind eben die
Friseusen, die Supermarktkassiererinnen, die Fernfahrer und Polizisten,
die Kindergärtnerinnen und Gärtner und die übrigen
35 Millionen Steuerzahler, die in Haftung genommen werden. Bei einer
Milliarde, wie sie Opel vorschwebt, wären dies pro Steuerzahler
fast 30 Euro,- eine schöne Bescherung."
Eben! Auch diese
übrigen Erwerbstätigen in Deutschland werden am Ende von
der Krise geschädigt sein. Doch, können sie, wie jetzt
die Opelbeschäftigten, auch auf ein Rettungspaket der Bundesregierung
hoffen?
Ausgeschlossen!
Sie werden gar doppelt geschädigt: Erst mit der Pflicht, den
Erstgeschädigten der Krise zu helfen, und dann durch die eigene
sehr persönliche, aber etwas später wirksam werdende Betroffenheit
durch den in den nächsten Wochen und Monaten vielleicht wahrscheinlicher
werdenden Verlust des eigenen Arbeitsplatzes.
PS:
Nicht nur auf Zukunftslobby wird die Schaffung einer kompetenten
Instanz, zusammengesetzt aus weitsichtigeren Persönlichkeiten
als man sie derzeit in der Politik findet, erwogen. Dem Treiben
der Politiker weiter untätig zuschauen zu müssen wird
zur täglichen Qual. Zuerst reiten die Angehörigen dieser
elitären Kaste die Bevölkerung mit ihrer Unfähigkeit
zum vorausschauenden Überblick in die Krise, und jetzt finden
sie auch in der Krise alles andere als die richtigen Lösungen.
Der Publizist und Autor Günter Wallraff denkt über die
Gründung einer neuen Partei nach, dazu kann man geteilter Meinung
sein.
Besser gefällt mir die Petition der Ethikpartei in der Schweiz,
in welcher die Gründung
einer "Human-Wirtschafts-Akademie" gefordert wird.
An dieser neuen Hochschule sollen ethisch gebildete Wirtschaftsberater
ausgebildet werden, die es für die Überwindung der Finanzkrise
und der Bekämpfung der Korruption braucht. "Die Architektur
eines neuen, besseren Bankenwesen, Welt-Währungssystems und
die Aufgaben der zukünftigen Zentralbanken müssen von
korruptionsfreien, ethisch Gebildeten beaufsichtigt werden."
Auch sollen die Notstandbeschlüsse der Nationalbank und des
Schweizer Bundesrates dort erörtert werden: Ist das Schweizer
Rettungspaket für die größte Bank dort, die UBS,
in Höhe von 68 Milliarden Sfr (= 8800,- pro Steuerzahler!)
überhaupt rechtstaatlich vertretbar?
Auch in der Schweiz:
Die finanziellen "Rettungssummen" sprengen derzeit sämtliche
gewohnte Dimensionen.
17.11.08
Heute sind die
Opel-Vorstände bei Kanzlerin Merkel und den wichtigsten
Ministern, um zu beraten, wie man die geplante finanzielle Unterstützung
dem deutschen Volk erklären könnte. Offiziell wird dies
zwar anders dargestellt, aber im Grunde sind die Hilfen ja schon
beschlossen.
Es sind nur noch ein paar Bedenken zu behandeln. Wie nimmt zur Problematik
Stellung, dass die Hilfen an Opel ja im Prinzip Hilfen an General
Motors in den USA sind. Dieser Konzern, ehemals größter
Autobauer, geht derzeit gerade den Bach runter.
Über seinen deutschen Tochterbetrieb Opel will er noch ein
paar Milliarden der deutschen Steuerzahler mitnehmen.
Wichtigstes Argument von Opel sind die 30.000 Arbeitsplätze
hierzulande, die an dem Unternehmen hängen. Deshalb ist auch
die Gewerkschaft, kurzsichtig wie sie eben ist, schon mal für
eine staatliche Unterstützung.
Auch die Milchbauern
in Deutschland sind wieder ganz unten angelangt. Nach ihren
Aktionen im Frühjahr für höhere Milchpreise war es
abzusehen, dass erzwungene Zugeständnisse an sie nur von kurzer
Dauer sein konnten. Genauso wurde es auch in diesem Blog am 08.06.
vorhergesagt.
Die Milchpreise sind jetzt auf einen neuen Tiefststand abgesackt.
Dazu sind seit Juni die Futtermittel- und die Betriebskosten stark
gestiegen. Um etwas verdienen zu können müssten die Milchproduzenten
schon 50 % mehr als die derzeitigen 29 Cent für den Liter Milch
bekommen.
Etliche Bauern haben ihren Betrieb schon geschlossen oder denken
über die Umstellung auf Biospritproduktion, Reiterhof oder
Hundepension nach.
So fordern jetzt
auch die Milchbauern ein staatliches Rettungspaket in Höhe
von 500 Millionen Euro.
Mit dem Geld soll einerseits überschüssige Milch auf dem
Markt aufgekauft und damit das Angebot verknappt und die Preise
gehoben werden. Andererseits, und weil auch in Deutschland eine
Überproduktion besteht, sollen den Bauern für einen freiwilligen
Lieferverzicht um 5 % Entschädigungen ausgezahlt werden.
Mengenbeschränkungen wurden aber von den Ländervertretern
kürzlich wieder abgelehnt, mit der Begründung, ausländische
Produzenten würden nur darauf warten, Minderproduktionen aus
Deutschland auszugleichen.
Was der Milchbauernverband
fordert, ist aber ebenso wie das, was die Autobranche fordert, ökonomisch
gesehen völliger Unsinn, weil damit nur die Symptome des falschen
Wirtschaftssystems für kurze Zeit kuriert, die allgemeine Krankheit
aber nicht beseitigt wird.
Lassen wir doch zusammenbrechen, was marode ist und werfen nicht
noch gutes Geld dem schlechten hinterher.
Als Auffangnetz muss etwas völlig neues gedacht werden, kurzfristig
die Einführung einer zinsfreien Sekundärwährung mit
unumgehbarer Umlaufsicherung innerhalb Deutschlands und langfristig,
wie hier schon immer gefordert, den konsequenten Umbau der destruktiven
Gegenwartsökonomie in ein wirklich nachhaltiges wirtschaftlich-gesellschaftliches
System.
16.11.08
Als nächstes
werden jetzt wohl die Autobauer vom Staat, also vom Steuerzahler
mittels Bürgschaften und Krediten unterstützt, genauer
gesagt, sie werden von den nachfolgenden Generationen unterstützt,
denn bei denen muss sich die Politik das Geld nämlich leihen,
welches sie jetzt ausgibt.
Der Staatssozialismus
für Reiche und Großfirmen wird immer mehr ausgebaut,
und die leidtragenden können derzeit nichts dagegen unternehmen.
Ja die Eltern und Großeltern dieser zukünftigen Staatsbürger
wählen sogar noch die Akteure dieser ungerechten Umverteilung
finanzieller Mittel aus der Zukunft in die Jetztzeit. Sie höchstpersönlich
haben die Parlamentarier im deutschen Bundestag zu diesem Handeln
legitimiert. Sie werden in Ausübung ihres Wahlrechts zu Räubern
am Eigentum ihrer eigenen Kinder und Enkel.
Bezüglich
der langsamen aber bald vollständigen Übernahme von Unternehmeraufgaben
durch den Staat fällt mir ein Leserbrief im Spiegel von Anfang
des Jahres 02/08 ein.
Ein Herr J. M. aus H. schrieb:
"Wer Mindestlöhne mit dem Argument ablehnt, hierdurch
würden Arbeitsplätze vernichtet, müsste konsequenterweise
fordern, dass Lohnzahlungen künftig freiwillige Leistungen
der Arbeitgeber darstellen, die auf Wunsch von der Allgemeinheit
zu übernehmen sind. Wenn neben Subventionen, Steuergeschenken
und sonstigen Vergünstigungen dem Unternehmen auch noch die
Bezahlung der Arbeitnehmer abgenommen wird, dürfte doch eigentlich
der Vollbeschäftigung und einer gesunden Wirtschaft nichts
mehr im Wege stehen!"
Seit Jahrzehnten üblich ist ja schon die Übernahme der
externalisierten Schadkosten, die in Unternehmen verursacht werden,
durch den Staat.
Heute wissen wir, dass auch die obige Zuspitzung von Spiegelleser
M. aus H. noch nicht das Ende der denkbaren Fahnenstange war: Nicht
nur die Arbeitskosten und sämtliche sonstigen gesellschaftlichen
Kosten, ja selbst die Verluste und Risiken von Unternehmen können
innerhalb der herrschenden Kapitalistischen Subventionswirtschaft
vom Staat noch übernommen und getragen werden.
15.11.08
Welche Schuld
trägt die Politik an der Finanzkrise und damit letztlich
auch an der kommenden Wirtschaftskrise?
Gestern hatte
ich hier zur Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben,
dazu, dass diese Frau als Politikerin eigentlich wie ein glibbriger
Pudding ist, dass sie immer im Nachhinein heftige Reaktionen zeigt,
es aber niemals schafft, durch rechtzeitige und angemessene Entscheidungen
einen Schaden vorher zu verhüten.
Trotzdem bringt sie es fertig, die Mehrheit der WählerInnen
zu täuschen und die Illusion von sich als einer guten Regierungschefin
aufrecht zu erhalten.
Vor etwa einem
Monat gab es eine sehr gute Plusminus-Sendung im deutschen Fernsehen,
in der an die massiv falschen Entscheidungen der Politik im Finanzwarktbereich
innerhalb der letzten Jahre erinnert wurde. (- Man kann den Text
dieser Sendung hier
nachlesen, oder als Video hier
noch mal anschauen -).
Diese falschen Entscheidungen waren genau das Gegenteil dessen,
was die Regierungsparlamentarier derzeit fordern. Man überbot
sich mit Deregulierungsrezepten aller Art, und man fand es offensichtlich
sehr hipp, ebenfalls auf dieser damaligen wirtschaftspolitischen
Modewelle mitzureiten und als integriertes Bestandteil der großen
Herde im Gleichschritt mitzublöken.
Abweichler und
Kritiker dieser blauäugig unkritischen Mehrheitsmeinung wurden
scharf kritisiert und verdammt, wie etwa der damalige Finanzminister
der SPD Oskar Lafontaine und sein wirtschaftspolitischer Berater,
Staatssekretär Heiner Flassbeck.
Was Flassbeck heute dazu sagt, er ist jetzt Chefvolkswirt bei der
UNO in Genf, dazu bringt die Sendung ein Interview.
Auch zählt Plusminus etliche Maßnahmen der Politik auf,
schildert, wie die Deregulierung in Deutschland allmählich
ausgeweitet wurde. Man sollte unbedingt mal reinschauen, denn das
Thema ist unbedingt daueraktuell, solange sich die Politik jetzt,
wo alle Welt nach Regulierung schreit, wiederum herdenkonform darzustellen
versteht.
Interessanter
Gedanke dazu noch:
Diese interne Kritik an Lafontaine in der SPD zu Zeiten der ersten
rotgrünen Regierung, führte denn auch hauptsächlich
zum Rückzug des Saarländers aus der Regierung, was heute
noch als "Hinschmeißen" des damaligen Finanzministers
verunglimpft wird.
Im Prinzip ist das Geschehen um die falsche Wirtschaftspolitik sogar
verantwortlich für das Emporkommen der Linkspartei, weil Lafontaine
sich dann als kapitalismuskritischer Vollblutpolitiker eben dort
einbrachte.
Und letztlich muss gar der gesamte Niedergang der SPD, wie er derzeit
geschieht, auf ihre Deregulierungswut vor 8 Jahren und den darauf
folgenden Ausschluss des wichtigsten Kritikers in ihren Reihen zurückgeführt
werden.
Heute vor 49 Jahren hat die SPD das "Godesberger Programm"
vorgelegt, in dem die Wandlung der Partei von einer Klassenpartei
zu einer Volkspartei festgeschrieben wurde. Heute ist die SPD zu
einer Beliebigkeitspartei verkommen, und dies kann nicht länger
gut gehen.
14.11.08
Mit zu den ärgerlichsten
Momenten der Tagespolitik gehört es, wenn sich die Bundeskanzlerin
Angela Merkel mal wieder vollmundig mit etwas befasst, worauf
sich gerade der Fokus öffentlicher Wahrnehmumg gerichtet hat.
Ihr fallen dann die kühnst erscheinenden Forderungen ein.
Dabei weiß man ganz genau, dass Frau Merkel das Thema vorher,
also vor der Eskalation als Anlass zur Focussierung, eigentlich
nur verbummelt hat. Ja dieses nicht rechtzeitige Reagieren, dieses
aufgeschreckte Hinterherlaufen nach dem allerletzten Glockenschlag,
gehört faktisch zum Programm dieser Politikerin.
Das Kind liegt unten im Brunnen, Frau Merkel tut so, als hätte
sie damit nichts zu tun, stellt sie sich selbstbewusst vorne auf
die Bühne hin und fordert im Nachhinein, was weit früher
gefordert sehr viel effektiver gewesen wäre.
Dieser spezielle
Merkelsche Opportunismus ist ein großes Problem unserer
Demokratie. Die Frau schafft es, sogar kritischeren Leuten die
Illusion in den Kopf zu impfen, sie würde entschieden handeln.
So war es beim Thema Klimawandel durch Treibhausgase, so war es
beim Thema Bildung, beim Thema Biotreibstoffe, usw. und so ist es
auch jetzt bezüglich notwendiger Regulierungsmaßnahmen
für die internationale Finanzwirtschaft.
Anlässlich des Treffens der Staatschefs und Finanzminister
der wichtigsten Industriestaaten und Schwellenländer in Washington,
wo ab heute über die Zukunft des globalen Finanzsystems beraten
werden soll, hat sich Merkel jetzt vehement für die Schaffung
aller möglicher Regulierungen ausgesprochen.
Wieder einmal ist es ihr vor allem wichtig, dass die Öffentlichkeit
im Nachhinein das immer gleiche Bild vor Augen behält:
Unsere Kanzlerin, die sich weit aus dem Fenster lehnt, dabei heftig
gestikuliert und wieder ein gerade aktuelles Thema mit vielen Worten
überschüttet.
Hinterher fragen sich dann, wieder einmal, einige: Was hatte sie
noch gleich gesagt, damals? Egal, - Ob dies auch sachdienlich war?
- Egal, nicht mehr nachvollziehbar!
Wichtig bleibt, DASS sie etwas gesagt hat und WIE sie es gesagt
hat, mit lauter Stimme, mit der typischen Betonung, wie es Politiker
allgemeinhin tun, mit der Vorspiegelung einer Wichtigkeit, die eigentlich
völlig fehlt, und mit der Verschleierung der Folgenlosigkeit
für die Grundsätzlichkeit der Sache selbst.
Dafür, was
Frau Merkel vorher so einfällt, vor dem Ereignis, welches sie
dann wieder, hinterher, so richtig in Wallung bringt, auch dafür
haben wir immer wieder Beispiele.
Jetzt eiert sie mit ihren Ministern um die Frage nach einem Konjunkturprogramm
herum. Die bisherigen Vorschläge und angedachten Gesamtsummen
sind absurd.
Vor allem aber die berechtigte Frage nach Konjunkturprogrammen überhaupt,
ist durch den Aktionismus in den Staaten der übrigen Welt schon
vom Tisch gefegt worden.
Man leitet in Deutschland aus den Programmen in den USA, Japan und
China in dreistelliger Milliardenhöhe nicht etwa die objektive
Hinterfragung dieses Instruments ab. Man fühlt sich viel mehr
genötigt hinterherzukleckern.
Vergessen sind die Feststellungen der letzten Wochen, dass Konjunkturprogramme
im Grunde, außer zusätzlichen Schulden, nichts bringen.
Wenn jetzt Politiker bis hin zu den angesagten Wirtschaftswissenschaftler
dieses Instrument doch anwenden wollen, spricht dies eigentlich
nur für die Ratlosigkeit dieser Verantwortlichen.
Frau Merkels Ratlosigkeit,
auch angesichts dieses aktuellen Problems, springt einem als durchgehender
roter Faden förmlich permanent ins Gesicht. Dies bekommt im
Grunde ein jeder mit, sofern er nicht direkt in die ständigen
Blendgranatenblitze geschaut hat.
Angela Merkel macht keine Politik, sondern sie betreibt Imagepflege.
Sie verbummelt dabei dringend notwendiges Handeln für eine
bessere Zukunft.
Dabei wäre
es so einfach, eine wirklich entscheidende Politik zu machen. Würden
wir die konsequente Schadkosteninternalisierung in die Preise aller
Produkte und Dienstleistungen umsetzen bei gleichzeitiger Verteilung
der Einnahmen mittels eines vorübergehenden garantierten Mindesteinkommens,
so wie es im Konzept der Kategorischen Marktwirtschaft beschrieben
wird, bekäme man nicht nur ein wirklich effektives Konjunkturprogramm,
sondern dazu noch gleich die überfälligen Weichenstellungen
hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen neuen Ökonomie.
Mit Angela Merkel, dieser Silvesterrakete für jeden Anlass,
von der Urban Priol gemeint hat, sie sähe in ihren Hosenanzügen
aus wie eine Rügenwalder Teewurst, ist diese Art von Politik
aber nicht zu machen.
13.11.08
Wie engstirnig
und wenig weitsichtig die Gewerkschaften sind, zeigt sich
auch wieder anlässlich des letzten Arbeitskampfs.
Statt 8 % mehr Lohn geben sie sich jetzt mit, auf das erste Jahr
gerechnet, real 2,6 % zufrieden.
Klar, es muss berücksichtigt werden, dass die Konjunktur auf
Talfahrt ist und es den Betrieben wohl bald gar nicht mehr möglich
sein könnte, großartig Löhne auszuzahlen, ohne Leute
zu entlassen.
Das außergewöhnlich schwierige Umfeld hätte den
Unternehmen gar zur Rechtfertigung eines noch schlechteren Abschlusses
gereicht. Manche werden mit der Lohnerhöhung wohl auch Probleme
bekommen, weil ihre Spielräume zu neuen Investitionen unter
dem für alle Firmen bestehenden Wachstumsdiktat weiter schrumpfen.
Spätestens wenn gar zu Kurzarbeit übergegangen werden
muss, wird es auch für die Gewerkschaften und ihre Position
ausweglos.
Immer mehr ArbeitnehmerInnen
zweifeln auch grundsätzlich an dem Sinn der Gewerkschaftsforderungen,
die immer nur stur in Richtung Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung
reicht.
Sie merken, dass es nicht mehr nur den Gegner Arbeitgeber gibt,
sondern ein gemeinsamer Feind, die Wirtschaftskrise, beide zugleich
bedroht.
Hier müssten
sich die Gewerkschaften endlich auf ein neues Ziel verlegen.
Sie müssten erkennen, dass mit der gegenwärtigen Ökonomie,
nicht nur im Sinne ihrer ureigensten Aufgaben, bald alle normalen
Arbeitsverhältnisse in Gefahr sind. Sie müssten auch den
Beeinträchtigungen aller anderen Interessen ihrer Mitglieder,
elementare Lebensinteressen wie die Bewahrung der natürlichen
Lebensgrundlagen, den Kampf ansagen.
Wenn die Gewerkschaften sich endlich vehement für die Schaffung
eines nachhaltigen Wirtschaftssystems einsetzten, würden sie
damit das Beste für ihre Klientel fordern, nämlich die
Sicherung menschlicher Arbeit auch in Zukunft.
Allein die radikale Abkehr von dem derzeitigen subventionistischen
Wirtschaftsmodell kann dauerhafte und sinnvolle Arbeitsplätze
für Menschen bringen, neben überwältigend vielen
anderen Vorteilen und Vermeidung von verhängnisvollen Schäden.
Hierzu passt auch
eine neue Studie mit dem Titel "Energierevolution: Ein nachhaltiger
Weltenergieausblick", die Greenpeace gemeinsam mit dem
Europäischen Dachverband der Erneuerbare Energien Industrie
(EREC) Ende Oktober vorlegte.
Erarbeitet wurde sie vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
in Berlin.
Aus ihr geht hervor, dass mit einem entschiedenen Schwenk zur schnellen
Förderung alternativer Energien mittels großer Investitionen,
langfristig nicht nur der Treibhauseffekt entscheidend gezügelt
werden kann, sondern dass auch enorm viele Arbeitsplätze geschaffen
und Billionen an Energiekosten eingespart werden könnten.
Zwar müssten
bis 2030 weltweit 9 Billionen Dollar investiert werden, dieser Summe
stünden aber allein für den Strombereich Einsparungen
von Brennstoffkosten für Kohle, Gas und Öl in Höhe
von 18 Billionen Dollar gegenüber.
Diese Energierevolution würde die Wirtschaft in Schwung bringen,
sagt Oliver Schäfer von EREC. "Wir glauben daran, dass
wir als Industrie auf einen Jahresumsatz von über 350 Milliarden
Dollar kommen könnten. Das wäre dann ein Industriezweig,
der weit größer ist, als die Auto- oder die Stahlindustrie."
Was dies für
die Gewerkschaften und die vertretenen Arbeitnehmer bedeuten würde,
ist abschätzbar. Der Schwerpunkt der Beschäftigung läge
nicht mehr in unsicheren konjunkturanfälligen Metallbereichen,
sondern in den weitgehend dauerhaften Geschäftsfeldern eher
dezentraler Energieerzeugung.
Nur: Die politischen
Weichen müssten entsprechend gestellt werden, und danach sieht
es derzeit leider nicht aus.
Die kurzsichtige Politik verlegt sich nur auf zweifelhafte Rettungspakete
und unwirksame Konjunkturförderungsprogramme. Ja die Dümmsten
dort fordern gar, den Umweltschutz angesichts der Krise zurück
zu schrauben. Fataler geht es nicht mehr.
Hier könnten die Gewerkschaften helfen, indem auch sie sich
an dem Druck auf die Politik beteiligten und sich mit entsprechenden
Forderungen neben Greenpeace stellten.
12.11.08
Wohl dem, der
in diesen aberwitzigen Zeiten unserer vorwärtshetzenden Gesellschaft
noch Gründe zum Lachen findet.
Humor ist wenn man trotzdem lacht, heißt es, und wer trotz
des Widersinns der täglichen Politik, trotz der Dekadenz und
Banalität im Bewusstsein der Durchschnittsbürger und trotz
der Entwicklung in eine düstere Zukunft seinen Humor behält,
hat es sehr viel leichter als seine Zeitgenossen.
Wer es darüber
hinaus auch noch schafft, andere zum Schmunzeln über die doch
oft so merkwürdigen Gegenwartsgewohnheiten zu bringen, der
macht sich zu einer wichtigen und überaus wertvollen Persönlichkeit,
an der sich seine Mitmenschen ein Stück weit festhalten können.
Hier fällt mir sofort Loriot, der Meister des intelligenten
Humors ein, der mit graziöser Art seine äußerst
fein zurechtgefeilte Kritik anzubringen versteht.
Mit seiner genauen Beobachtungsgabe seziert Loriot die ganz normale
Tragödie des Alltags. Seine Sendungen, oft zusammen mit Evelyn
Hamann, waren wohl mit die größten Highlights des deutschen
Fernsehens. Man hatte den Eindruck, nach einer solchen Sendung war
das Leben für eine gewisse Zeit etwas leichter, weil verständlicher.
Vico von Bülow,
alias Loriot, wird heute 85 Jahre alt.
Wir gratulieren herzlich, wünschen ihm noch viele Jahre Gesundheit
und klaren Verstand und uns noch ein paar Geistesblitze seiner einzigartigen
Phantasie.
11.11.08
Vor einigen Wochen
war die weltweite Verknappung von Lebensmitteln, bzw. die
Explosion der Lebensmittelpreise ein dominantes Thema in den Medien.
In etlichen Ländern der "Dritten Welt" droht dadurch
eine Hungerkatastrophe zu entstehen. Die drei Hauptgründe für
diese Entwicklung waren der steigende Nahrungsmittelbedarf in aufstrebenden
Ländern wie China und Indien, die verstärkte Produktion
von Biotreibstoffen aus Lebensmittel oder auf Anbauflächen,
die vorher für Nahrungsmittelproduktion vorgesehen waren und
die weltweite Energieverteuerung.
Auch wenn sich der letzte Grund momentan entschärft hat, gibt
es keinen Anlass für eine Entwarnung. Fakt ist, dass
die internationale Finanzkrise zu einer globalen wirtschaftlichen
Rezession führt, und diese zur dauerhaft verschärften
Bedrohung der weltweiten Nahrungsmittelversorgung.
Während sich die reichen Länder dann noch ausreichend
versorgen können, könnten in den armen Ländern schwere
Unruhen, ausgehend von Hungerrevolten entstehen und viele Länder
dieser Welt noch weit gefährlicher destabilisieren.
Aber die westlichen Staaten tun immer noch so, als hätten sie
mit den momentanen inneren Zuständen in der übrigen Welt
nichts zu tun, als gäbe es keine Verbindung zu früheren
Zeiten der Unterdrückung und Ausplünderung, auch Kolonialzeit
genannt.
Auch hier ist ein entscheidender Grund für möglichen Hunger
begründet, denn die westlichen Staaten haben in den armen Ländern
über Jahrzehnte den Aufbau einer inneren Ordnung und eigenständigen
Nahrungsmittelversorgung systematisch verhindert.
In einem Kommentar
im Politischen Feuilleton auf Dradio hörte man am Montag
vergangener Woche von Hans Christoph Buch einige Bemerkungen zu
den historischen Beziehungen der reichen Länder zu den früheren
Kolonialstaaten. Seine Betrachtung "Finanzkrise und Entwicklungshilfe"
ist "der Krise in der Krise gewidmet".
Buch meint "die im Jahr 2000 von den Vereinten Nationen
verkündeten Milleniumsziele - früher sagte man Entwicklungshilfe
dazu - deren Umsetzung auch ohne Finanzkrisen und Bankencrashs immer
unwahrscheinlicher wird."
Er erinnert drastisch: "Die Geschichte des Kolonialismus
war eine Kette von Raubzügen und Massakern bis hin zum Völkermord,
in jeder Phase begleitet von der Zerstörung von Lebensformen,
Sprachen und Traditionen, die, zum Kulturerbe der Menschheit gehörend,
unwiederbringlich verloren sind...", stellt fest: "Hier
kann und muss von einer moralisch begründeten Bringschuld des
Westens die Rede sein, denn die reichen Industrienationen plünderten
die Ressourcen der Dritten Welt schamlos aus und profitieren bis
heute von einseitigen Handelsbeschränkungen und unfairen Terms
of Trade," und meint: "Das Infragestellen kolonialer
Verbrechen müsste genau so geächtet werden wie die Leugnung
des Holocaust,..."
Entsprechend fließe Entwicklungshilfe heute noch immer in
die falschen Kanäle. Sie müsste sich viel mehr am vergangenen
kolonialen Unrecht orientieren, "weil die Solidarität
mit den Opfern einer verfehlten Politik wichtiger ist als die Stabilisierung
eines korrupten Regimes".
10.11.08
So heftig wie
diesmal war der Widerstand gegen den Atommülltransport
aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage LeHague nach
Gorleben schon lange nicht mehr.
Sehr viele Leute beteiligten sich an etlichen Aktionen um den Zug
mit den 11 Transportbehältern auf seinem Weg ins Zwischenlager
im Wendland aufzuhalten.
Ebenso war das Polizeiaufgebot stark, und am Ende wird in Gorleben
alles so sein wie immer. Die Castoren werden dort sein. Die an Schienen
geketteten Atomkraftgegner werden mit viel Aufwand entfernt und
wegen Nötigung angeklagt sein. Die Barrikaden aus gestern brennenden
Strohballen und Baumstämmen werden schwarz verkohlt noch einige
Zeit neben den Gleisen verrotten. Reste der Silvesterraketen, mit
denen einige Demonstranten die Polizei beschossen, werden vom Herbstlaub
zugedeckt.
Heute ist zwar
noch die Straßenstrecke vom Verladebahnhof aus ins Zwischenlager
zu bewältigen, die Polizei wird eine Traktorenblockade auflösen
und ein Hüttendorf aus Strohballen und Zeltplanen räumen.
Doch die Symbolik bleibt auf beiden Seiten die gewohnte.
Der Atommüll
wird wohl im sogenannten Zwischenlager Gorleben bleiben, insofern
wäre es ehrlich, es ein Endlager zu nennen.
Im überirdischen Lager, einem Komplex mit zwei großen
Stahlbetonhallen, soll der Müll zwar nur 30 Jahre bleiben.
Dann, so war der Plan, soll er endgültig unter den Boden in
den 2 km entfernten Salzstock verfrachtet werden. Doch dafür
gibt es bis heute keine Genehmigung.
Die Atomwirtschaft kann damit trotzdem gut leben, die überirdische
Lagerung ließe sich zur Not beliebig oft verlängern.
Mit Staatshilfe hat sie getan, was heute gefordert ist.
Der gefährliche Müll ist erst mal untergebracht, zwar
auf Kosten der Wendländer und der nachfolgenden Generationen,
aber gegenüber der öffentlichen Aufmerksamkeit mittels
eines ordnungsgemäßen und aufwändigen Verfahrens.
Jetzt können die Energiewirtschaftsunternehmen in ihren Kraftwerken
neuen radioaktiven Müll produzieren, der dann in einigen Jahren
mit gleicher Prozedur behandelt werden wird.
Mehr braucht der
wohlstandsverwöhnte Durchschnittsbürger nicht, um beruhigt
zur Tagesordnung übergehen zu können, für die der
subventionierte Atomstrom unverzichtbar scheint.
09.11.08
Thema Ökologisches
Bauen:
Der nordamerikanische
Mammutbaum wächst auch in Europa. Schon im 19ten Jahrhundert
wurden in Deutschland die ersten Bestände angepflanzt. Mittlerweile
kann man deutsches Mammutbaumholz kaufen, weil die ersten Bäume
erntereif geworden sind.
Das Holz des Mammutbaums ist relativ unempfindlich gegen Wurmbefall
und Fäulnis. Deshalb kann auf einen chemischen Holzschutz,
bei der Verwendung als Bauholz, verzichtet werden.
Ich habe jetzt
einige Kubikmeter Mammutbaumholz gekauft und im Sägewerk aufschneiden
lassen.
Derzeit liegen die Pakete noch auf dem Holzplatz, so wie der Ladekran
sie abgeladen hat. Diese Woche werde ich das Holz zum Trocknen aufstapeln.
Neben Konstruktionsholz für Rahmen und Fensterprofile eignet
sich das Holz des Mammutbaums auch gut für Dachschalung und
Fassadenverkleidung.
Fertig getrocknet
ist es etwa so hart wie Fichtenholz, aber etwas leichter, wodurch
sich ein besserer Wärmedämmeffekt ergibt.
Das Kernholz ist auffallend rötlich, wird aber mit der Zeit
eher braun. Das Splintholz ist weißgelb und weniger dauerhaft,
als der Kern.
Störend beim
Mammutbaum ist die Abholzigkeit der Stämme, wodurch beim Aufsägen
im unteren Bereich mehr Abfallholz entsteht. Der Stamm in Bildmitte
etwa ist ca 5 Meter lang, hat unten eine Brettbreite von 70 cm und
ist oben schon fast kreisrund mit 55 cm Durchmesser.
Insgesamt ist
diese Holzart sehr interessant für den Bereich umweltfreundliches
Bauen, wenn auch die Einsatzfähigkeit hierzulande noch wenig
erforscht ist.
08.11.08
Wer wird in dieser
Zeit schon reich durch seiner Hände Arbeit? Wenn es jemand
schafft, durch Leistung ein Vermögen anzuhäufen, dann
doch fast nur mittels einer Leistung, welche diese Bezeichnung eigentlich
nicht verdient hat.
Die sogenannten "Leistungsträger der Gesellschaft"
erwirtschaften ihr Einkommen innerhalb des geltenden wirtschaftlichen
Systems meist mit der Abwälzung erheblicher gesellschaftlicher
Schadkosten, hauptsächlich ökologischer und sozialer Art,
auf Dritte. Wer übermäßig streng auf eine generelle
Umwelt- und Sozialverträglichkeit seiner Handlungen und Produktionstätigkeiten
achtet, wird in der Regel nicht reich.
Soll der Staat
derart aufgebaute Vermögen bei der Vererbung schützen?
Oder soll der Staat den Nachkommen eines "Leistungsträgers"
im derzeitigen Verständnis einen Großteil des Vermögens
abschöpfen, wo doch die Gesellschaft den Aufbau des Vermögens
zwangsweise unterstützen musste?
Diese Frage stand
so nie im Raum. Vielleicht hätte sie bei der jetzigen Neuregelung
der Erbschaftssteuer geholfen, eine wirklich angemessene Lösung
zu finden.
Jetzt aber sind die Vermögenden wieder einmal geschont worden.
Wie deren Vermögen letztlich zustande kam, diese Frage wird
nicht gestellt, weil in unserem Staat die faktische Unrechtmäßigkeit
der Externalisierung von Schadkosten auf Dritte nicht thematisiert
wird.
Der Zustand unseres Rechtssystems hier erinnert stark an einen Fall,
wo der Erbe eines Diebes das Geld seines Vaters ganz offiziell behalten
darf, obwohl dieses Geld ursprünglich dritten Gesellschaftsmitgliedern
gestohlen wurde. Klingt zwar hart, ist aber im Grunde nichts anderes,
weil Profit mittels Schädigung Dritter muss als Diebstahl begriffen
werden.
So erhält,
neben aktuell den Banken und der Autoindustrie, eine weitere etablierte
Gruppe, diesmal die reichsten der Republik, Geschenke vom Staat,
finanziert von den Steuerzahlern, vor allem aber von den nachfolgenden
Generationen.
Nebenbei: Wie die Berliner Zeitung angesichts der neuen Erbschaftssteuerregelung
schreibt, würde Deutschland nicht sozialistisch, wenn es sich
der Gemeinwohlverantwortung des Vermögens etwas intensiver
erinnerte. Aus einer Studie des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
gehe hervor: "Fasst man Grundsteuern, Erbschafts- und Schenkungssteuern,
Grunderwerbssteuer und Vermögenssteuer zusammen, ergibt sich
für das Jahr 1999, dass Großbritannien mit einem Anteil
von 3,9 % von Bruttoinlandsprodukt vorne lag, gefolgt von den USA
mit 3,4 %. Die damals 15 Staaten der Europäischen Union brachten
es auf einen Durchschnitt von 2 %. Ganz hinten lag die Bundesrepublik
mit 0,9 %. Kein anderes Land lässt sich seine Erben so viel
kosten, wie Deutschland."
Oder anders ausgedrückt:
Nirgendwo sonst ist die Schädigung der Zukunft durch Externalisierung
so lohnend, wie in Deutschland.
07.11.08
Es kommt mir oft
so vor, als bestünden auf der Welt zwei Wahrheiten,
zwei Ebenen von Realität, die sich kaum gegeneinander beeinflussen.
Die erste Ebene ist das politische Geschäft, die Art und Weise,
wie diese Welt regiert und verwaltet wird, und die andere Ebene
ist der Zustand des Planeten als Lebensgrundlage für die Menschen,
wie er von Tag zu Tag schlechter wird.
Da beschließt
die Bundesregierung ein Konjunkturprogramm, welches zwar feigenblattartig
eine energetische Gebäudesanierung und abgasreduzierte Autos
fördern soll, doch diese Versuche sind angesichts unseres ökologischen
Problems überaus marginal und kontraproduktiv.
Im Grunde steht zwischen den Zeilen dieser neuesten aktionistischen
Maßnahme doch wieder nur: -Weiter so wie bisher!-.
Was dagegen in
der Parallelwelt äußerst real geschieht, fällt immer
wieder viel zu schnell unter den Tisch des öffentlichen Bewusstseins.
Völlig untergegangen beispielsweise, ist neben dem großen
Täteräh der Politiker auch der neueste "Living
Planet Report 2008" des WWF, der Ende Oktober vorgestellt
wurde.
Was dort steht ist alarmierend, leider jedoch nicht für die
Politiker, die weiter ihre Linie der Verschärfung unserer Umweltsituation
mittels Förderung der gewohnten Wirtschaftsstruktur betreiben.
In der WWF-Studie
geht man davon aus, dass die Menschheit schon 2035 einen Punkt erreicht
hat, wo der globale durchschnittliche ökologische Fußabdruck
über den Faktor 2 steigt, dass die Menschheit also zwei Planeten
braucht, um ihren Bedarf an Nahrung, Energie und Fläche zu
decken.
Der letzte WWF-Report aus dem Jahr 2006 ging noch davon aus, dass
dieser Punkt im Jahr 2050 kommt. Doch die Schädigungen infolge
der herrschenden Ökonomie, vor allem steigender Ressourcenverbrauch,
Entwaldung, der vom Menschen verursachte Klimawandel, Umweltverschmutzung
und Überfischung, haben sich weiter beschleunigt.
WWF Naturschutzdirektor
Christoph Heinrich sagt, was in wissenschaftlichen Kreisen mittlerweile
Konsens ist: "Die ökologische Krise wird uns um ein
Vielfaches härter treffen als die aktuelle Finanzkrise und
früher oder später das Wohlergehen und die Entwicklung
aller Nationen gefährden".
Doch die Politiker handeln, nunja sie agieren, lediglich gegen die
Finanzmarktkrise. Gegen die ökologische Katastrophe tun sie
im Grunde nichts. Sie wollen nicht sehen, was da in der parallelen
Ebene los ist und verhätscheln stur ihr goldenes Kalb, die
kapitalistische Subventionswirtschaft, die nur durch immer mehr
Anleihen an die Zukunft und Zerstörungen an ihr noch aufrecht
erhalten werden kann.
06.11.08
Wir sind es gewohnt,
dass Politik in Deutschland ausschließlich von Parteien gemacht
wird. Bei Wahlen nennen uns diese gewisse Kandidaten aus den eigenen
Reihen, und wir können dann nur noch entscheiden, ob wir den
Kandidaten der einen oder der anderen Partei unsere Stimme geben.
Etwas anderes können sich die WählerInnen gar nicht mehr
vorstellen. Parteilose Bewerber mit unabhängigen Programmen
kommen in politischen Ämtern praktisch nicht vor, und auch
innerhalb der Parteien ist es unmöglich, Personen, die nicht
vorher vom Parteigremium nominiert wurden, zu wählen.
So sind die Parteien in der Lage, jede Wahl im Vorfeld entsprechend
ihren Parteiinteressen zu beeinflussen und dem Land eine bessere
Politik, eine Politik, die nachhaltiger als ihre oft ideologische
Parteipolitik in die Zukunft wirken würde, vorzuenthalten.
Dieses fatale
demokratische Defizit verstehen die Parteien auf professionelle
Weise zu verschleiern, indem sie derart selbstbewusst ihre kurzfristigen
Interessen als die einzig denkbare Politik verkaufen, dass ein Durchschnittsbürger
etwas anderes als Parteimeinungen in der Politik gar nicht für
möglich hält.
Zwar wird das Unwohlsein angesichts des selbstgerechten Gehabes
der Parteipolitiker in der Bevölkerung immer stärker.
Nur führt dies nicht zur Wahl von besseren Politikern, - diese
hätten gegen die Übermacht der Parteien gar keine Chance,
wahr genommen zu werden -, es führt nur zur Abnahme der Wahlbeteiligung,
was aber in unserem System die Macht der Parteien keineswegs schmälert.
Im Politischen
Feuilleton auf Dradio gab es am Dienstag zu dem Thema einen sehr
guten Kommentar von Konrad Adam mit dem Titel: "Der Staat
im Griff der Parteien".
Adam sagt:
"Das Grundgesetz hat die Parteien damit beauftragt, an der
politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Mitzuwirken,
wie gesagt, mehr nicht. Aus dieser Einladung haben die Parteien
ein Monopol gemacht und dergestalt die Verfassung nicht nur verändert,
sondern geradezu entstellt. Die nämlich hat als eine der sichersten
Vorkehrungen gegen die Verlockungen der Macht die Gewaltenteilung
vorgesehen. Und eben die wird von dem Allmachtstreben der Parteien
unauffällig außer Kraft gesetzt..." -
Unbedingt weiterlesen unter diesem
Link.
05.11.08
Obama hat die
Wahl zum US-Präsidenten gewonnen. Mit Rekordwahlbeteiligung
stimmte das amerikanische Volk für den "Wandel",
den Obama immer versprochen hat.
Wie dieser Wandel jetzt aussehen wird, darauf ist nicht nur die
USA sondern die ganze Welt äußerst gespannt.
Es gab keine Alternative zu Obama angesichts der Zerstörungen,
die George W. Bush an Amerika und der Welt angerichtet hat. Jetzt
muss Obama zeigen, wie er gedenkt dieses doch etwas abstrakte Wort
"Wandel" inhaltlich auszufüllen.
In der Kriegspolitik ist Obama schon zurückgerudert.
Der völlige Abzug amerikanischer Soldaten aus den Krisengebieten
Irak und Afghanistan stand zuletzt nicht mehr zur Debatte. Ebenso
wenig sind bis jetzt auch Alternativen zum Militäreinsatz formuliert
worden.
Ersatzlos kann ein Rückzug der Armeen nicht geschehen, es muss
etwas Ziviles an deren Stelle gesetzt werden. Für die Zukunft
wird es wichtig sein, eine nichtmilitärische US-amerikanische
Diplomatie, ja eine wirklich friedliche und uneigennützige
Strategie zum Eingreifen in Krisengebieten zu entwickeln.
Auch in der Umweltpolitik
ist die Position Obamas nicht mehr so klar. Er wird wohl weniger
die Atomkraft unterstützen, jedoch ob er nicht doch vor der
amerikanischen Küste neue Ölquellen erschließen
will, wie es McCain forderte, diese Frage ist völlig offen.
Reicht seine Standhaftigkeit aus, um nicht dem kurzsichtigen Wunsch
der Amerikaner nach billigen alten Energieträgern nachzugeben
und auch, um nicht einfach die momentan angesagte Ethanolproduktion
aus Nahrungsmitteln wie Mais und Weizen unkritisch beizubehalten?
Kann Obama die nötige Revolution im Energiesektor durchführen,
den Schwerpunkt auf die Windenergie und die Nutzung der Sonnenenergie
umlenken? Es wäre wichtig für die ganze Welt, weil Amerika
ja doch die Position besitzt, um den übrigen Politikern der
Welt eine neue Richtung vorzuzeichnen.
Um beides zu verbinden:
Wenn Amerika an seiner Autarkie im Energie- und Rohstoffsektor arbeitet,
regenerative Energieträger entwickelt und seine Wegwerfkultur
gegen eine Recyclingwirtschaft eintauscht, sinkt auch entscheidend
seine Abhängigkeit von der übrigen Welt.
Wenn es dann auch noch seine finanziellen Verflechtungen, die unfairen
Profitwünsche auf Kosten der übrigen Welt und strukturelle
Sachzwänge aus seinen Bilanzdefiziten überdenkt, die ja
im Grunde für die Finanzmarktkrise verantwortlich sind, entschärft
Amerika damit auch seine Position und Anfälligkeit gegenüber
allerlei Konflikten. Damit könnte Amerika seine Politik sehr
viel entspannter entwickeln und dabei den absoluten Vorrang auf
deren Zukunftsfähigkeit legen.
Die Welt hofft
auf Obama, hoffentlich ist dies nicht zuviel für ihn. Es lastet
eine übergroße Verantwortung auf diesem neuen Präsidenten,
der ab Januar seine Regierung beginnt.
Hoffentlich können seine Beschützer dafür sorgen,
dass Attentäter nicht an ihn heran kommen. Über diese
Möglichkeit zur Verhinderung des Wandels brüten bestimmt
schon etliche Kreise im Stillen nach, angefangen von Rechtsradikalen
bis hinauf zu einigen Etagen der mächtigen Rüstungs- und
Energieindustrie .
04.11.08
Heute geht eine
schlimme Ära der Weltgeschichte zu Ende. Nach acht Jahren mit
George W. Bush an der Macht, wählt die USA einen neuen Präsidenten.
Viele Kommentatoren
und Fachleute sind der Ansicht, Bush sei der schlechteste Präsident
gewesen, den ihr Land jemals gehabt hat.
Er hat so ziemlich alles ruiniert, was in den USA noch funktioniert
hat wie das Gesundheitssystem, den Mittelstand, die Arbeitsmarktstruktur
und vor allem das demokratische Gefüge dieses Landes, das doch
immer so stolz auf seine Freiheitsrechte gewesen ist.
Hauptverantwortlich
dafür ist neben Bushs Industriepolitik vor allem seine undiplomatische
Außen- und Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, die den
internationalen Terrorismus genährt und gewaltig verstärkt
hat.
In ihrem Wahn von sogenannter "Antiterrorpolitik" hat
die Bushadministration ihr eigenes Land in einen Spitzelstaat verwandelt
und viele Hunderttausende amerikanische Staatsbürger unter
Terrorverdacht gestellt. In der übrigen Welt war die USA noch
nie so verhasst wie derzeit.
Jedoch, auch nach
Bush wird vieles von der in manchen Bereichen geradezu diktatorischen
Herrschaftsform des George W. erhalten bleiben.
Er hat hier Zeichen gesetzt, Zeichen, wie das demokratische System,
das Parlament und die Verfassung vom Präsidenten erfolgreich
unterlaufen werden können. Bush hat Möglichkeiten gefunden
und angewendet, die selbst die schlimmsten Vorstellungen von verfassungstreuen
Amerikanern noch übertreffen. Bush hat die amerikanische Verfassung
zerbrochen, und dies wird vom nächsten Präsidenten, ob
er jetzt Obama oder McCain heißen mag, nicht so leicht wieder
zu reparieren sein.
Am 10. Oktober
wurde im Deutschlandfunk hierzu
ein Dossier gesendet, Titel: "Das Erbe des George
W. - Wie die Bush-Administration die USA veränderte".
Man kann es als PDF herunterladen, und man sollte es unbedingt lesen,
auch wenn dies etwas Zeit braucht. Es werden vor allem amerikanische
Zeitzeugen gehört und Beweise für die Unterdrückung
der Wahrheit aufgeführt.
Vor allem wird ein Instrument des amerikanischen Präsidenten
beleuchtet, welches zwar immer schon in der Verfassung stand, aber
erst unter Bush zu einem Hebel gemacht wurde um das Recht außer
Kraft zu setzen.
Mit dem sogenannten "Signing Statement" des Präsidenten,
ursprünglich eine Zusatzerklärung "die ein Präsident
abgeben kann, wenn er ein Gesetz in Kraft setzt. Er erläutert
darin seine Interpretation, weist auf mögliche Kollisionsgefahren
mit Grundrechten hin und gibt den ihm unterstellten Institutionen
wie Armee oder CIA Anweisungen, wie das Gesetz anzuwenden ist",
machte ein amerikanischer Präsident mit Namen George W. Bush
erstmals in der Geschichte neue, gerade erst erlassene Gesetze im
Alleingang faktisch rückgängig.
Dieses geschah etwa bei Verabschiedung des lange ausgehandelten
Anti-Folter-Gesetzes. Öffentlich gefeiert und mit großer
Pressebeteiligung unterzeichnet, wurde es dann ganz im Stillen von
Bush umgangen: "Im Fall des Anti-Torture-Law schrieb Bush
in sein Signing Statement, dass harte Verhörmethoden wie das
Waterboarding, bei dem das Opfer zu ertrinken meint, weiterhin zulässig
sind.".
O-Ton eines amerikanischen Journalisten: "Ich rief im Weißen
Haus an und fragte was das heißt. Bedeutet das Signing Statement
des Präsidenten etwa, dass die Auseinandersetzungen der letzten
Jahre im Parlament irrelevant waren? Ich fragte den zuständigen
juristischen Berater im Weißen Haus, und seine Antwort war:
Ja."
Und, diese diktatorische
Handhabung des Signing Statements wird so schnell nicht wieder revidiert
werden können. Der Geist ist aus der Flasche, jeder zukünftige
US-Präsident weiß jetzt, welche Macht er sich aneignen
kann.
03.11.08
In dem ZEIT-Artikel,
den ich am Samstag behandelt hatte, berichtete Susanne Gaschke auch
über einen Ausspruch des Chefredakteurs der "Wirtschaftswoche"
Roland Tichy, welcher offenbar tief in die neoliberalistische
Gesinnung blicken lässt.
Tichy sagte im August dieses Jahres: "Gerade in diesen Monaten
zeigt sich, dass der Steuerstaat bis über die Perversionsgrenze
geht: Brutalstmöglich werden jetzt auch kleine Einkommen ausgebeutet...
Jeder Entlastung steht die Staatsgier entgegen. So will die SPD
sogar die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung verhindern,
um mit dem Geld der Beitragszahler Sozialklimbim zu finanzieren..."
Gaschke meinte dazu: "Acht Wochen später setzte die Bundesregierung
das den Steuerbürgern abgepresste Geld für den größten
Sozialklimbim aller Zeiten ein: für die Rettung der Hypo Real
Estate".
Der selbe Roland
Tichy hielt am Samstag einen
Kommentar auf Dradio zur Krise der Automobilwirtschaft, dessen
Kernaussage ganz und gar nicht zu obigem Ausspruch zu passen scheint.
Oder passt sie doch und gerade?
Tichy kritisiert
zunächst, dass die Autoindustrie die rechtzeitige Entwicklung
sparsamer und abgasarmer Fahrzeuge verschlafen hat.
Er meint: "Sie sind in das CO2-Gewitter gefahren, und das
bei offenem Dach... Die Umweltdebatte hat aber die Konsumenten bewusster
gemacht. Weniger Auto tut's auch, ist billiger und sauberer. Auf
diese Problemstellung, die sich so auch in den anderen Märkten
der industrialisierten Welt stellt, haben die deutschen Luxushersteller
bislang keine richtige Antwort gefunden."
Wenn die Bundesregierung
der Autoindustrie jetzt mit einer Steuerbefreiung von Neufahrzeugen
helfen möchte, wird das, so meint Tichy, nicht funktionieren,
nicht nur, weil die finanziellen Anreize viel zu gering sind und
weil die Maßnahme eher den ausländischen Autofirmen zu
Gute kommt, Tichy: "Wir subventionieren also Arbeitsplätze
in Japan, Korea, Italien und Frankreich. Keine gute Idee."
Tichy ist vielmehr grundsätzlich gegen eine Hilfe vom Staat
für kränkelnde Industriezweige, die unterschwellige bis
nötigende Forderungen stellen.
Er meint: "Was hier zu beobachten ist, wurde übrigens
schon 1932 von Alexander Rüstow, einem der Vordenker des Neoliberalismus,
gedacht und formuliert. Im "Deutschen Volkswirt", dem
Vorgänger der heutigen Wirtschaftswoche, spricht er davon,
dass der Staat zur Beute der Interessengruppen gemacht wird. Und
der Appetit, so Rüstow damals, kommt beim Essen. Erst die eine
Gruppe dann die nächste. Erst eine Milliarde, dann zehn. Erst
die Banken, jetzt die Autoindustrie. Nein, die Bundesregierung sollte
über dieses Paket noch einmal sehr, sehr gründlich nachdenken."
Was soll man von
diesen beiden extremen Meinungen Tichys jetzt halten?
Ist er als standhafter Verfechter des "freien" Marktes
nur äußerst konsequent, wenn er einerseits die "Staatsgier"
anprangert mit welcher "Sozialklimbim" finanziert
werden würde und andererseits aber auch in ernsten Krisensituationen
jede Hilfe des Staats an schwächelnde Konzerne strikt ablehnt?
Wo steht Tichy denn, wenn er sowohl das Soziale in der Marktwirtschaft
kritisiert als auch die "Interessengruppen" die
ja so gerne auf Kosten des Sozialen "Beute" machen?
Oder hat sich Tichy auch nur einer seltsamen Wandlung unterzogen,
weil sein Irrtum in der Aussage vom August jetzt offensichtlich
geworden ist?
Steht er gar irgendwie dazwischen und verteidigt mit dem Hinweis
auf Rüstow einen Neoliberalismus, der längst einer ignoranten
Gier der heute dieses Refugium besetzenden Kaste weichen musste?
Kann es denn überhaupt einen aufrichtigen Neoliberalismus geben,
der wirklich auf Ausbeutung und Raub an der Allgemeinheit verzichtet
und seine Profite nicht mit der Externalisierung von ökologischen,
sozialen, finanziellen und politischen Schadkosten erwirtschaftet?
Hier wäre uns Tichy eine Erklärung schuldig.
02.11.08
Im Oktober war
der Philosoph Peter Sloterdijk Gast in der Talksendung des
Schweizer Fernsehens "Visavis". Es empfiehlt sich sehr,
die Sendung im Internet noch einmal anzuschauen. Dies ist hier
möglich.
Eine Stunde lang
sprach er mit dem Moderator xxxxxx über Aspekte der Finanzmarktkrise,
über Turboliberalismus, über die Akteure des Geschehens,
mögliche Zukunftsauswirkungen und den Schaden an der Gesellschaft
dabei.
Ausschnitte:
Auf die Frage,
ob hier nicht Wahnsinnige agiert haben, sagte Sloterdijk unter Anderem,
er sei menschlich wahnsinnig enttäuscht. Nicht eine einzige
farbige Persönlichkeit sei aufgetreten, die die Krise interessant
gemacht hätte. Er habe noch nie eine so große Verschwörung
der Spießer beisammen gesehen. "Es ist eigentlich die
spießigste Angelegenheit, die in der Menschheitsgeschichte
jemals zugetragen hat." Die Weltwirtschaftskrise von 1929 bis
1931 war dagegen geradezu ein Shakespearesches Drama. Heute wären
es nur kleine Beamte, die hinter ihrem Postschalter aufgestanden
wären, um Weltpolitik machen zu wollen...
Das zwanzigste
Jahrhundert habe sich dadurch ausgezeichnet, dass es das fünfte
Gebot außer Kraft gesetzt hat, -Du sollst nicht töten-.
Faschismus und Kommunismus hätten das eine gemeinsam, dass
sie "im Namen von irgendwelchen fingierten Werten und Gütern
Großtötungslizenzen sich gezogen haben".
"Der jetzige Amoralismus, die jetzigen Versuche, sich von den
10 Geboten zu emanzipieren, beziehen sich auf all die Eifersuchtsgebote,
die ja vier oder fünf mal wiederholt werden in den 10 Geboten.
Du sollst dich gelüsten nach dem, was dein Nachbar hat. Du
sollst nach dem streben was andere ebenfalls besitzen, und wenn
nichts hilft, dann sollst du auch stehlen. Das ist inzwischen ganz
klar der moralische Äther unserer Kultur, er ist angefüllt
von dieser Umkehrung der Gebote. Du sollst auch ehebrechen. Wir
haben diese totale Erotisierung unserer Kultur mit der Wirtschaftsliberalisierung
verknüpft, weil eine Lizenz die andere so zu sagen nach sich
zieht."
Der Interviewer
meinte, hier sei eine neue Dimension festzustellen. gegen das Tötungsverbot
zu verstoßen, sei eine eindeutig schlimme Tat, von der auch
die Akteure wüssten wie verwerflich dies ist.
Jetzt aber sei ein Unrechtsbewusstsein gar nicht mehr festzustellen.
Er fragte, ob da nicht etwas passiert sei, das noch tiefgreifender
wäre, als die Übertretung des Tötungsgebots. Dieses
sei unmoralisch gewesen, und man erkannte das Verbrecherische daran.
Was heute aber geschähe, sei amoralisch und deshalb unfassbarer.
Es gäbe doch gar kein Erkennen mehr um irgendwelche Grenzen.
Sloterdijk meinte, wer sich über das Tötungsverbot hinwegsetze,
behalte meist das Unrechtsbewusstsein. Völlig anders sei dies
aber, wenn sich jemand wie jetzt über die Bereicherungsverbote
hinweg setze, "darüber, - du sollst andere Menschen nicht
eifersüchtig machen auf das, was du mehr hast als er oder sie,
was eigentlich die wichtigste zwischenmenschliche Hygieneregel war,
die in einer jahrtausendelangen moralischen Evolution erarbeitet
worden ist. Wenn wir Eifersuchtskonflikte in der Gesellschaft systematisch
aufhetzen, bekommen wir früher oder später bürgerkriegsartige
Deregulierungen." Wir müssten also entweder versuchen,
den Reichtum zu teilen, oder wir müssten ihn sehr viel diskreter
machen bzw. ihn an eine offensichtliche Leistung knüpfen...
Es lohnt sich
sehr, sich das komplette Interview mit Peter Sloterdijk anzuhören,
denn hier sind auch die gleichen moralischen Grundlagen einer möglichen
nachhaltigen Ökonomie angesprochen, bzw. aus der Kritik am
gegenwärtigen System ableitbar, wie sie auch der Kategorischen
Marktwirtschaft zu Grunde liegen.
01.11.08
Mitte des Monats
Oktober gab es in
der ZEIT einen Artikel zu den deutschen Vertretern des Neoliberalismus
mit der Überschrift:
"Die Neunmalklugen - Was haben sie uns nicht alles erzählt
über den überlegenen Markt und die Wertlosigkeit des Staates
- und was hört man nun? Dröhnendes Schweigen".
Susanne Gaschke
schrieb dort zur Möglichkeit, dass sich die bevorstehende Rezession
zur Katastrophe auswachsen könne: "An einer solchen
Katastrophe hat niemand Interesse: Auch derjenige nicht, der sich
in den vergangenen 15 Jahren gelegentlich ein wirksames didaktisches
Instrument gewünscht hätte gegen all die Marktideologen
und Staatsverächter, gegen die Sinns und Rogowskis, die Hundts
und Henkels, Merzens und Metzgers; gegen die Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft, gegen unzählige missionarisch tätige
Mitarbeiter von Finanzdienstleistungsfirmen und die Deregulierungs-Textbausteine
des Bundespräsidenten."
Im Gegensatz zum
Scheitern des Sozialismus 1989 hat das gegenwärtige "großartige
Scheitern aller neoliberalen Verheißung über die Weisheit
der Märkte und die Überflüssigkeit des Staates"
bisher nicht zu Aufarbeitungsdebatten geführt. Keine Selbstkritik,
keine Relativierung oder keine Scham sei bisher bei den kapitalistischen
Ideologen zu erkennen. Immer noch scheinen diese Leute sich als
"Inhaber einer unbestreitbaren Wahrheit" zu betrachten.
Ja diese Wahrheit, die noch nicht einmal für den ökonomischen
Bereich haltbar ist, so wollten sie uns weis machen, solle sogar
"überall gelten, für Recht und Politik, Militär
und Verwaltung, Kirche, Kindergarten und Krankenhaus."
Nicht nur Bundespräsident
Köhler, der noch bis vor kurzem in seinen Reden dem Neoliberalismus
gehuldigt hat, solle ganz still sein, auch Leute wie der sogenannte
"Wirtschaftsweise" Hans-Werner Sinn, der Historiker Arnulf
Baring oder die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft"
des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall mit ihren massiven Beeinflussungskampagnen
von Medien und Politik, sind jetzt im Prinzip komplett widerlegt.
Dabei haben sie mit ihrer Sturheit einen "unübersichtlich,
beängstigenden Zustand" angerichtet, mit dem jetzt
andere fertig werden sollen.
Jahrelang haben
sie die Politik mit Horrorszenarien, Deutschland würde wegen
zu komfortabler Arbeitnehmerrechte international kurz vor dem Abgrund
stehen, zu allerlei falschen Entscheidungen genötigt. Im "gesellschaftspolitischen
Forum" der deutschen Banken ging es immer um Themen wie "konfiszierte
Freiheit" oder "Wettbewerb als Lebensform",
aber nie um die eigene Nase. Sabine Christiansens Talkshow unterstützte
dies mit entsprechender Themenauswahl. Es ging um "Effizienz.
Rendite. Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Wer anders dachte,
geriet schnell in die Defensive". Selbst das Bildungsbürgertum
und die Sozialdemokraten ließen sich sehr weit rekrutieren.
Schließlich
meint Gaschke: "Nach so viel Gehirnwäsche können
wir uns glücklich schätzen, dass es uns noch möglich
ist, eine echte Krise zu erkennen, wenn wir sie vor der Nase haben,"
und plädiert dafür, von den Standhaftgebliebenen zu lernen.
Die Marktradikalen müssten einsehen, "dass eine Gesellschaft
andere Kraftquellen hat und andere Kraftquellen braucht als nur
den Profit."
Und: "Wenn sie es lernen würden, ließe sich einfacher
darüber diskutieren, wie der Kapitalismus aussieht, den wir
haben wollen."
Heute, über
zwei Wochen nach dem ZEIT-Artikel, ist immer noch kein Insichgehen
der Verantwortlichen zu beobachten.
Der unübertreffliche Hochmut von Herrn Sinn machte sich dieser
Tage sogar noch Luft in einem üblen Vergleich: Damals, 1930,
sei die Schuld an der Wirtschaftskrise den Juden in die Schuhe geschoben
worden, heute, im Jahr 2008, seien es die Manager.
Als Fazit für
heute eignet sich vortrefflich die Uminterpretierung eines Ausspruchs
von Arnulf Baring. Dieser meinte 2002, die Bundesrepublik werde
regiert von einer "drohnenhaften Herrschaftskaste"
aus ahnungslosen Politikern und wehrlos ohne eine Notstandsverfassung
à la Weimar.
Er meinte, die Situation sei reif für "einen Aufstand
gegen das erstarrte Parteiensystem. Ein massenhafter Steuerboykott,
passiver und aktiver Widerstand, empörte Revolten liegen in
der Luft."
Dieses wollen
wir unterschreiben, nur nicht im Sinne dieses Neoliberalisten.
Ein solcher Aufstand der Bevölkerung wäre nötig,
um einer nachhaltigen Ökonomie entgegen dem Widerstand einer
ebenfalls immer noch Neoliberal-light eingestellten Parteipolitik
zum Durchbruch zu verhelfen.