Die Website RestmuellNet.de
entsprang zwei grundsätzlichen Erkenntnissen:
1.
-- Unsere gegenwärtige Ökonomie verstößt
mit ihren wichtigsten Spielregeln gegen mehrere Artikel der
Deutschen Bundesverfassung.
2. -- Damit ließe sich gegen diese Ökonomie
und ihre fatalen Auswirkungen eigentlich vor dem Bundesverfassungsgericht
klagen.
Was hätten wir davon?
Die
gegenwärtige Wirtschafts- und Gesellschaftskrise
ist bei genauem Hinsehen fast ausschließlich durch
die jahrzehntelange Abwälzung sozialer und ökologischer
Schadkosten durch eben diese Ökonomie entstanden,
also durch stillschweigende Anwendung eines Produktionsfaktors,
der gegen unsere Verfassung verstößt.
In Zahlen ausgedrückt beträgt die jährliche
Schadenssumme durch Externalisierung (auf der Basis offizieller
Studien für das Jahr 2004 hochgerechnet) mindestens 400
Millarden Euro, also etwa das 10-fache der jährlichen
finanziellen Neuverschuldung.
Nur durch strikte Unterbindung jeglicher Kostenexternalisierung
kann die Krise beendet werden.
Eine entsprechende Verfassungsklage könnte also dazu führen,
dass unser höchstes Gericht in Karlsruhe der Politik die
strikte Abschaffung verfassungswidriger Praktiken innerhalb
der Wirtschaft vorschreibt, bzw. dass alle Produktionskosten,
nicht nur die heute üblichen, sondern auch alle bisher
auf die Allgemeinheit und die nachfolgenden Generationen abgewälzten,
künftig in den Preis des jeweiligen Produkts eingerechnet
werden müssen.
Könnten wir dies erreichen, ließen sich mehrere
Fliegen mit einer Klappe schlagen. Nicht nur die Massenarbeitslosigkeit
und die Umweltzerstörung, zwei direkte Folgen der Schadkostenexternalisierung,
ließen sich mit ungeahnter Wirkung eindämmen, sondern
auch viele andere Probleme, die mehr oder weniger direkte Folgen
der beiden Hauptprobleme sind.
Warum hat noch keiner geklagt?
Erstens
wurden die Zusammenhänge in den letzten Jahren erst deutlich.
Zum Thema Externalisierung von Schadkosten gibt es zwar etliche
Veröffentlichungen, die aber nicht zur hier dargestellten
Konsequenz zu Ende gedacht wurden.
Zweitens hat die Sache einen großen juristischen
Haken. Im deutschen Rechtssystem kann nur klagen, wer in
eigenen Rechten betroffen ist.
Auf dieser Grundlage die angedachte Verfassungsklage zu formulieren,
ist fast unmöglich. Alle Juristen, die ich befragt habe,
meinten, das BVerfG würde eine solche Klage erst gar nicht
annehmen.
Das
große Thema Externalisierung von sozialen und ökologischen
Kosten hat einen kleinen Bruder. Dieses kleine Thema
dreht sich um den Müll, wie er tagtäglich von
jedem von uns erzeugt wird und die Abfallentsorgungsgebühren,
die wir alle für seine Beseitigung zu zahlen haben.
Wie beim großen Thema Externalisierung macht uns auch
der Müll erhebliche Probleme. Wie beim großen Bruder
gilt auch beim Thema Müll in Privathaushalten nicht
das Verursacherprinzip. Jemand der überdurchschnittlich
viel Müll produziert muss nicht mehr Müllgebühr
bezahlen, als jemand, der sehr wenig produziert (regional unwesentlich
unterschiedlich).
Alle Haushalte müssen die gleichen Müllgebühren
bezahlen. Es gibt keinerlei finanzielle Anreize für müllsparendes
Verhalten, was schon zu gewaltigen ökonomischen Fehlentwicklungen
geführt hat.
Gegen die Müllgebühren aber lässt sich
vor Gericht klagen.
Es geht darum, einen längst überfälligen Präzedenzfall
zu erreichen, den Fall, dass ein Haushalt, der keinerlei Restmüll
produziert auch keine Abfallentsorgungsgebühren an den
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zahlen muss.
Die Gesetzeslage ermöglicht dies, das niedergeschriebene
Selbstverständnis der deutschen und der europäischen
Abfallgesetze fordert dies, aber starre Verwaltungsinstitutionen
und Gerichte verhindern es bis heute.
Diese Website will zum Prozessieren anstiften.
Nach
dem ersten Müllgebührenprozess (1999 bis 2000),
begann der zweite Anfang 2004 und endete im August 2005.
Derzeit ( Anfang 2007) ist der dritte Prozess immer noch
nicht abgeschlossen. Zwischenzeitlich hat der vierte
Prozess bereits stattgefunden und musste vorzeitig beendet werden.
Andere Klagewillige sollen sich die hier gesammelten Erfahrungen
zu Nutze machen.
Wenn der Präzedenzfall hier erreicht ist, hat
die Politik ein großes Problem und wird endlich zum
Handeln gezwungen.
Die einzig verursachergerechte Regelung - Abschaffung der Müllgebühren
und individueller Aufschlag auf den Preis eines jeden Produkts
- lässt sich dann effektiv ins öffentliche Bewusstsein
bringen.
Und, vielleicht lassen sich dann auch die Verfassungsrichter
soweit für das Thema sensibilisieren, dass sich zur Beantwortung
der ursprünglichen, der großen Frage - Verfassungswidrigkeit
der Externalisierungspraxis - eine Klagemöglichkeit anbietet.
Schließlich
stellt diese Website anschaulich dar, wie die Abschaffung
einer jeglichen Schadensexternalisierung in unserem
Alltag wirken würde. Die eintretenden Veränderungen
wären im positiven Sinne fundamental, der Gewinn
an echter Lebensqualität mit der Ökonomie
unter neuen Vorzeichen anhaltend.
Gegenüber den derzeitigen dunklen Zukunftaussichten
für unsere Gesellschaft beschreibt RestmuellNet.de
eine ermutigende, realistische Perspektive und zeigt
den Weg dorthin auf.
... und Unterstützung
finden
Allerdings
ist diese Website nichts, ohne die Unterstützung
von außen.
Es werden Leute gebraucht,
- die bereit sind, selbst zu klagen
(Müllvermeider und Aktivisten),
- Leute, die das Thema öffentlich bekannt
machen und Diskussionen provozieren (Journalistinnen
und Journalisten) und
- Leute, die mit ihrem Geld die Sache bezuschussen
und vor allem die Prozesse finanzieren ( Stifter,
Erben, weitsichtige Unternehmer,etc.).
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Carl
Christian Rheinländer
(RestmuellNet.de
ist seit Mai 2003 im Netz. Für den Autor gab ein verlorener
Gerichtsweg gegen die Zahlung von Müllgebühren im
Jahr 2000 den Ausschlag, RestmuellNet ins Leben zu rufen.
Er lebt mit seiner Familie in einem Dorf in Rheinland-Pfalz
und arbeitet unter anderem als am konsequenten Nachhaltigkeitsprinzip
orientierter Planer und Bauhandwerker, Bildhauer und Publizist.)
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