Kategorische
Marktwirtschaft - (Lesezeit
15 Min.)
Die
Krise der Industriegesellschaft verfestigt sich. Kein
nachhaltiger Ausweg scheint in Sicht. Plädoyer
für eine grundsätzlich neue Debatte unter
Missachtung politisch-ökonomischer Dogmen. (von
Carl Christian Rheinländer sen., 2003)
Eine Frage beschäftigt uns immer drängender:
Wie kann die Krise der Industriegesellschaft und der
Wirtschaft beendet werden? Oder etwas alltagssprachlicher:
Wie kommt der Karren dauerhaft aus dem Dreck?
Langsam aber sicher gelangen immer mehr Menschen zu
der Überzeugung, dass unsere Volksvertreter überhaupt
nicht in der Lage sind, dieses Problem zu lösen,
dass ihr ständiges, plakatives Bemühen, ihre
offensichtliche Unfähigkeit nachhaltige Lösungsansätze
zu entwickeln, ihr eifriges Herumkurieren an allerlei
Symptomen, nichts anderes ist, als die schlichte Verwaltung
eines scheinbar unaufhaltsamen Niedergangs.
Allmählich beginnen wir zu ahnen, dass die berühmte
Antwort auf obige Frage, die da lautet. - "Durch
mehr Wirtschaftswachstum!" - eigentlich nicht richtig
sein kann, dass diese Äußerung eigentlich
nichts anderes darstellt, als das berühmte Pfeifen
des kleinen Jungen beim Gang durch den dunklen Wald.
Immer drückender werden die Indizien für die
provozierende Annahme, dass die große Phalanx
der Wachstumsbefürworter aus Ökonomiewissenschaft,
Politik und Wirtschaft sich tatsächlich irren muss.
Doch wenn diese berühmte Antwort, über die
immer noch weltweit, entweder kleinlaut oder aber auch
trotzig Konsens herrscht, in die Sackgasse führt,
wie kann eine realistische Antwort denn aussehen? Kann
es vielleicht sogar sein, dass das Streben nach quantitativem
Wachstum, dass die ökonomisch-politischen Maßnahmen,
welche zu mehr Wachstum herkömmlicher Art führen
sollen, der eigentliche Grund für die anwachsende
Krise sind?
Fest steht: Wirtschaftswachstum herkömmlichen Verständnisses
führt nur sehr eingeschränkt zu qualitativem
Wohlstand, geschweige denn zu mehr Lebensqualität.
Durch Wirtschaftswachstum, bzw. durch das vorangehende
Wirtschaftsgeschehen werden große soziale und
ökologische Schäden verursacht, und dies mit
zunehmender Tendenz. Maßnahmen zur Steigerung
der Produktivität, laut ökonomischem Lehrbuch
die erste Voraussetzung zur Steigerung von Wirtschaftswachstum,
schönen auf der einen Seite die Statistik, sind
auf der andern Seite aber auch verbunden mit höherem
Energieverbrauch, erhöhter Abgaserzeugung, höherem
Rohstoff- und Materialbedarf, intensiverem Naturflächenverbrauch,
Abbau regionaler Versorgungsstrukturen, Erhöhung
des allgemeinen Transportbedarfs, Verringerung der physischen
und psychischen Bevölkerungsgesundheit also höheren
Gesundheitskosten, Verringerung der Leistungsfähigkeit
der einzelnen Menschen, ungebremste Müllproduktion,
Reduzierung der Rentabilität von Reparatur und
Verwertung, Herabwürdigung privater Eigeninitiative
und regionaler Eigenversorgung, usw.
Zumindest die ökologischen Schäden unseres
Wirtschaftens lassen sich immer genauer beziffern. Es
existieren etliche Studien dazu etwa vom Umwelt- und
Prognoseinstitut Heidelberg, vom Fraunhofer-Institut
für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI)
in Karlruhe, von der Prognos AG, Basel, usw.
Rechnet man die letzten davon auf die Gegenwart hoch,
so muss man von einer jährlichen Schadenssumme
nur für Deutschland in Höhe von derzeit mindestens
400 Milliarden Euro ausgehen.
Hiermit gerät die Verklärung des Wirtschaftswachstums
schon erheblich ins Wanken.
Die sozialen Kosten unseres Wirtschaftens lassen sich
sehr viel schwieriger erfassen. Der größte
Posten davon, die Massenarbeitslosigkeit mit ihren subtilen
Folgeerscheinungen, ist bei genauem Hinsehen eng mit
einem Großteil der ökologischen Schäden
verbunden und lässt sich darüber besser fassbar
machen:
Im Grunde gibt es eigentlich nur zwei relevante Arten
von Arbeitsenergie, mit denen eine Produktion betrieben
werden kann: Die menschliche und die technische Arbeitsenergie.
Erstere, im Überfluss vorhanden, sehr umweltfreundlich
und nahezu überall einsetzbar, wird einerseits
gespeist aus Nahrung, also aus regenerativer Quelle,
andererseits natürlich auch durch eine gute Ausbildung
der Individuen.
Ihr direkter Konkurrent, die technische Arbeitsenergie,
bereitgestellt durch die Energieerzeugung aus Erdöl,
Gas, Kohle, Radioaktivität und regenerativen Quellen
in Kraftwerken, Motoren und Fahrzeugen, ist aber mit
Abstand die größte Ursache für Schäden
an den natürlichen Lebensgrundlagen.
Diese werden ganz und gar nicht von den Verursachern,
von den Verbrauchern dieser Energie übernommen,
sondern sie werden auf die Allgemeinheit und vor Allem
auf die nachfolgenden Generationen abgewälzt.
Der Wettbewerb zwischen technischer und menschlicher
Arbeitsenergie mündet heutzutage immer wieder in
die gleiche Schlussfolgerung: "Die menschliche
Arbeitskraft ist zu teuer!"
Nach diesem Satz bleibt der Politik nur noch die finanziell
auf Dauer verhängnisvolle Maßnahme übrig,
die menschliche Arbeitskraft zu bezuschussen. Diese
Aussage aber ist genauso falsch wie der Glaubenssatz,
dass Wachstum Arbeit schafft.
Warum heißt es nicht: "Der direkte Konkurrent
zur menschlichen Arbeitskraft, die technische Arbeitsenergie,
ist zu billig!"? So herum interpretiert ergäbe
sich ein völlig neuer politischer Handlungsspielraum.
Die Plausibilität dieser neuen Betrachtung ist
verblüffend.
Würde man alle Folgekosten und -schäden durch
Bereitstellung und Verbrauch von Energie anteilig auf
jede Energieeinheit addieren, würde man den direkten
Verursachern, also letztendlich den Energieverbrauchern
die gesamten, bis heute größtenteils externalisierten
Kosten auferlegen, bekämen wir völlig neue
Bedingungen im Wettbewerb zwischen menschlicher und
technischer Arbeitsenergie.
Die Preise für die Energieträger Kohle, Erdöl
und Erdgas stiegen um 300%, die Strompreise würden
sich verzwölffachen, Strom aus Kernkraft wäre
fast unbezahlbar.
Für die menschliche Arbeitskraft würde dies
bedeuten: Die individuelle kalkulatorische Grenze innerhalb
jeder wirtschaftlichen Sparte, jenseits welcher sich
die Beschäftigung einer Arbeitskraft für den
Betrieb nicht mehr lohnt und der Technikeinsatz billiger
kommt, würde sich zu Gunsten der Menschenenergie
deutlich verschieben. Die Menschen würden einen
angeborenen Wert, den ihnen der technische Fortschritt
ungerechterweise genommen hat, ihre Schaffenskraft,
ihre Bereitschaft, für die Gesellschaft nützlich
zu sein, zurückerhalten.
Die Experten aus der Wirtschaftswissenschaft können
über solcherlei Thesen natürlich nicht begeistert
sein.
Eigentlich dafür zuständig, eine realistische
ökonomische Analyse vorzulegen, wenn nicht gar
Lösungsvorschläge auf den Tisch zu bringen,
verzetteln sich die angesagten Institute lediglich in
wüste Orakeleien über die voraussichtlichen
Wachstumszahlen und äußern sich widersprechende
Empfehlungen aus der ökonomischen Mottenkiste.
Gegenwärtig bricht die beunruhigende Lage lediglich
einen neuen Streit zwischen den beiden Hauptströmungen
der Wirtschaftswissenschaft, der angebotsorientierten
und der nachfrageorientierten Wirtschaftstheorie vom
Zaune. Doch auch hier wird sich keine Lösung finden
lassen, ist doch das Wirtschaftswachstum bei allen Unterschieden,
in beiden Glaubensrichtungen der wichtigste Faktor,
das erklärte Ziel.
So werden auf diesem längst abhanden gekommenen
Fundament immer noch jedes Frühjahr dicke Expertisen
erstellt, mit welchen die Politiker zwar pflichtgemäß
vor die Presse treten, von denen sie aber nur, wenn
überhaupt, die Zusammenfassung der Zusammenfassung
lesen. So verhindern die sogenannten Wirtschaftsweisen
und ihre Auftraggeber jede Erkenntnis, die über
den eigenen Horizont geht. Die Formel "Wachstum
schafft Arbeit" bleibt goldenes Kalb, die vom "Okunschen
Gesetz" abgeleitete Behauptung, dass ab 2,5 Prozent
Wachstum wieder Arbeit entsteht, bleibt oberste Entscheidungsgrundlage
und die eklatanten Widersprüche der fatalen Gegenwartsökonomie
werden hartnäckig ignoriert.
Immer noch routinemäßig wird die kapitalistische
Ökonomie als Marktwirtschaft bezeichnet, obwohl
beide alles andere als dasselbe sind. Auch das gängige
Verständnis, wonach der Kapitalismus eine Form
von Marktwirtschaft sei, geht fehl. Er ist vielmehr
eine sich früher oder später einstellende
Degeneration von Marktwirtschaft. Hauptmerkmal der Marktwirtschaft
ist neben dem freien Wechselspiel zwischen Angebot und
Nachfrage die Notwendigkeit, dass alle erdenklichen
Kosten, die zur Herstellung eines Artikels, bzw. zur
Bereitstellung einer Dienstleistung, anfallen, in den
Preis einfließen.
Im Kapitalismus dagegen sind Unternehmer bestrebt, immer
stärker den heimlichen Produktionsfaktor -Externalisierung
von ökologischen und sozialen Schäden - für
die Verbilligung ihrer Produkte zu nutzen. Eigentlich
handelt es sich hierbei um eine heimliche und weitgehend
unauffällige gigantische Wirtschaftssubventionierung
auf Kosten einer ungefragten Allgemeinheit und auf Kosten
der nachfolgenden Generationen. Subventionierungen sind
aber kein marktwirtschaftliches Instrument, ja sie machen
ab einer gewissen Dimension sogar die volkswirtschaftlich
erwünschten Entwicklungen einer Marktwirtschaft
zunichte und verkehren diese ins Gegenteil.
Angesichts der ungeheuren Dimension der Subventionierungen
durch die Externalisierung von Produktionskosten heutzutage
muss man eigentlich aufhören diese unsere real
existierende Ökonomie noch als Marktwirtschaft
zu bezeichnen. Ja in Wahrheit existiert diese so wunderbar
schlüssige Ökonomieform nirgendwo auf der
Welt. Wäre unsere Ökonomie eine Marktwirtschaft
und zwar eine im kategorischen Sinne, wo es ausgeschlossen
ist, Kosten für die Bereitstellung von Gütern
und Dienstleistungen auf Dritte zu externalisieren,
dann hätten wir nicht die gegenwärtige Krise.
Wenn, wie bis hierher festgestellt, zum Schaden und
auf Kosten Dritter gewirtschaftet wird, ergibt sich
daraus natürlich auch eine umfassende juristische
Frage: Ist die Externalisierung von ökologischen
und sozialen Kosten überhaupt rechtlich zulässig?
Man wird in den Gesetzesbüchern darauf keine direkte
Antwort finden, über die Frage wird bis heute gar
nicht debattiert. Wenn man aber die Auswirkungen der
allgemein üblichen Schadkostenexternalisierung
näher betrachtet, zeigt sich, dass viele Auswirkungen
unseres Wirtschaftens direkt verfassungswidrig, gar
verfassungsfeindlich sind. Einige unserer wichtigsten
Grundrechte werden direkt missachtet, bzw. werden stillschweigend
und ohne gesetzliche Grundlage eingeschränkt. Das
ganze Selbstverständnis unserer Verfassung, der
große Geist der Gerechtigkeit der hier wohnen
sollte, wird zunehmend zweifelhaften ökonomischen
Notwendigkeiten geopfert.
Leider lässt sich mit diesen Erkenntnissen so leicht
keine Verfassungsklage erheben. Die erste Klagevoraussetzung,
nämlich die Betroffenheit in eigenen Rechten, ist
kaum plausibel zu machen, besonders wenn man für
den Schutz der Lebensgrundlagen für die nachfolgenden
Generationen streiten wollte. Die Hauptbeeinträchtigten
sind nicht einmal geboren, ein absolutes Novum in der
Rechtsgeschichte. Auch geschieht die Schädigung
Dritter meist nicht direkt und einfach nachvollziehbar,
sondern auf äußerst subtilen Wegen.
Immerhin deutet sich ab hier ein wirklicher Ausweg für
unsere Industriegesellschaft aus dem verzwickten Dilemma
an. Ohne Frage muss die herrschende Ökonomie so
bald als möglich durch ein gesellschaftsverträgliches
Wirtschaftssystem ersetzt werden. Jedes Kurieren an
den Symptomen, und nichts anderes ist die gegenwärtig
praktizierte Politik, führt nur tiefer in die Krise.
Die einzige Möglichkeit bietet der Übergang
in eine Form von Marktwirtschaft, in welcher jeglicher
Anreiz zur Externalisierung irgendwelcher Produktionskosten
dauerhaft ausgeschlossen ist.
Zur Wahrung von Gerechtigkeit unter den Menschen und
zur Erhaltung dieser Marktwirtschaft ist die Zugrundelegung
einer weitgehenden Ethik für das ökonomische
Handeln eine unabdingbare Notwendigkeit. Anderenfalls
ist die Degeneration in den Kapitalismus nur eine Frage
der Zeit.
Wenn wir nun einen Namen suchen, in welchem auch der
ethische Anspruch erkennbar sein soll, werden wir bei
dem Philosophen Immanuel Kant und seiner Formulierung
des Kategorischen Imperativs fündig.
Er lautet: "Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines
Gesetz werde!" Oder: "Handle so, als ob die
Maxime deiner Handlung zum allgemeinen Naturgesetze
werden sollte!" Oder: "Handle so, dass die
Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip
einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne!"
Hier steht genau das, was von der Wirtschaft verlangt
werden muss. Kein Unternehmer kann, auch entsprechend
dem Geist unserer Verfassung, jemals das Recht bekommen,
sich auf Kosten oder zum Schaden anderer zu bereichern.
Niemand würde wirklich wollen, dass die Maxime
der Ausbeutung oder der Zerstörung der Lebensgrundlagen
Dritter allgemeines Naturgesetz werden sollte, nicht
einmal die Funktionäre in der Wirtschaft. Deshalb
sei hiermit vorgeschlagen, das gesuchte Wirtschaftssystem,
welches jegliche Kostenexternalisierungen bei der Produktion
nicht zulässt, Kategorische Marktwirtschaft zu
nennen.
Doch wie kann die Gesellschaft aber aus der jetzigen
Situation in eine Kategorische Marktwirtschaft gelangen?
Das entscheidende Instrument dabei ist die Internalisierung
aller bisher externalisierten Kosten in den Endpreis
jedes Produkts, jeder Dienstleistung.
Eine echte vierte verfassungsmäßige Gewalt
muss geschaffen werden, die ausschließlich über
die Erhaltung der Lebensgrundlagen wacht und die, ebenso
wie das Bundesverfassungsgericht, der Politik gegenüber
weisungsberechtigt ist. Zusammengesetzt werden könnte
diese Gewalt aus allen wissenschaftlichen Instituten
und den Universitäten im Land, also aus den Institutionen,
die zur Berechnung der Externalisierungssumme in der
Lage sind und unterstellt einem Gremium aus unparteiischen,
demokratisch gewählten Wahlmännern und -frauen,
die ehrenamtlich tätig und in allen Regionen regelmäßig,
parallel zu den Parlamenten, zu wählen sind.
Ohne großen bürokratischen Aufwand könnten
die berechneten voraussichtlichen Schadkosten vom Staat
immer dort erhoben werden, wo sie das erste Mal auftreten,
angefangen beim Import von Energieträgern und Rohstoffen,
über alle Zwischenproduzenten, bis zum Endverbraucher.
Alle Waren würden sich individuell ganz unterschiedlich
verteuern, einige um 10 % andere aber um 500 %. Es würde
ein Mechanismus angestoßen, in welchem sich ganz
automatisch das gesellschaftlich Verträglichste
herausbildet, bzw. verträglichere Alternativen
zu problematischen Produkten und Produktionsmethoden
entstehen. Der Preis und die geänderte Nachfrage
würden zielsicher den Wandel bewirken.
Hier taucht natürlich die Frage auf, wie die Bürger
die teils sehr empfindlichen Verteuerungen des Konsums
in der Umstellungsphase denn bezahlen sollten.
Bei einer geschätzten Verteuerung der Waren um
mindestens 400 Milliarden Euro pro Jahr, käme man
für jeden der 80 Millionen Menschen in Deutschland
rechnerisch auf Mehrkosten in Höhe von rund 400
Euro monatlich. Demgegenüber stehen aber auch Einnahmen
des Staates in der gleichen Höhe. Dieser Betrag
muss eingesetzt werden, um sozusagen den Grund für
seine Erhebung abzuschaffen. Wenn der Staat das Geld
also wieder an die Bevölkerung auszahlt, schmiert
er damit den marktwirtschaftlichen Mechanismus, der
die Gesellschaft in die Kategorische Marktwirtschaft
führt.
Allerdings, und dies ist ein entscheidender Punkt, darf
er nicht so auszahlen, wie erhoben wurde, sondern in
Form eines garantierten Mindesteinkommens für alle
Staatsbürger in gleicher Höhe, egal ob Spitzenverdiener
oder Arbeitsloser, Kleinkind oder Greis. Jeder bekommt
pro Monat 400 Euro, für die er nichts weiter tun
muss.
Profitieren würde davon der größte Teil
der Bevölkerung, für welchen die Verteuerung
ihrer Lebenshaltungskosten durch die Internalisierungsaufschläge
weit unter den 400 Euro pro Monat läge. Besonders
die unteren Einkommensgruppen, Alte und Familien mit
Kindern würden finanziell erheblich gestärkt,
ohne dass die Rente, das Kindergeld oder die Sozialhilfe
erhöht werden muss.
Neben der Neustrukturierung ganzer Produktionsmethoden
wäre die Rückbesinnung auf die umwelt- und
sozialfreundliche menschliche Arbeitskraft der deutlichste
Effekt der Kategorischen Marktwirtschaft. Der Globalisierungsdruck
auf die deutschen Betriebe würde erheblich und
dauerhaft abnehmen, weil alle Importwarenpreise nun
auch durch umfangreiche Transportaufschläge und
sonstige ökologische Ausgleichskomponenten in die
Höhe stiegen.
Unternehmer, die unter den Bedingungen der Kategorischen
Marktwirtschaft ihren Betrieb mit Erfolg führen
könnten, stiegen zu den neuen und wahren Leistungsträgern
auf, zu solchen, die das Wort auch verdient hätten.
Neuentwicklungen in Technik und Verfahren würden
aus dem Ausland immer stärker nachgefragt, weil
bald alle Länder das fatale Ende ihres bisherigen
Wegs erkennen.
Logischerweise würde natürlich im Lauf der
Zeit auch die Summe der Abgaben für Externalisierungseffekte
zurückgehen, damit die Internalisierungseinnahmen
des Staates und die Summe des auf die Bevölkerung
verteilbaren Geldes. Das garantierte Mindesteinkommen,
ohnehin nur ein Übergangsinstrument, würde
entsprechend den Erfolgen im Abbau der Schadkostenexternalisierung
immer weiter absinken.
Parallel dazu entstünden Millionen neuer und dauerhafter
Arbeitsplätze ohne dass der Staat einen Cent dafür
ausgeben müsste. Es gäbe immer noch große
Industriebranchen mit einem nun stark erhöhten
Personalbedarf, doch vor allem wären unzählige
kleinbetriebliche Geschäftsideen auf einmal erfolgversprechend,
vornehmlich in der regionalen Produktion und Dienstleistung.
Die Regionen hätten eine wirtschaftliche Erholung
durchgemacht, das Land wäre weitgehend energie-
und rohstoffautark, der Anreiz für Unternehmen,
Teile der Produktion in Niedriglohnländer auszulagern,
würde verkümmern.
Die Komponenten des sozialen Netzes würden wieder
greifen und hetzten nicht, wie gegenwärtig, den
Problemen nur hinterher.
Allerdings, und dies ist der größte Wermutstropfen
an der Kategorischen Marktwirtschaft, kann die nachhaltige
Ökonomie aus der Gegenwartssituation heraus nicht
inselartig in einem Land existieren. Die Profitaussichten
durch Schmuggel wären verlockend, und deshalb muss
die Kategorische Marktwirtschaft mindestens ein Europamodell
sein.
Ohnehin hat Europa, geprägt von blinder Durchwurstelei,
derzeit alles andere als ein ernsthaftes Konzept für
die Zukunft, alles andere, als einen ernsthaften Grund
für eine gemeinsame Verfassung.
Es sollte aufhören, dem Wirtschaftsliberalismus
angelsächsischer Prägung hinterherzulaufen
und sich darauf besinnen, dass es selbst der Welt die
Richtung vorgeben kann, und die Welt würde diese
Richtung bald übernehmen, ganz einfach, weil die
dramatische Weltsituation sie unausweichlich dazu zwingt.