Zum Begriff
Lobbyismus
Die
ursprüngliche Bedeutung des Wortes Lobby kommt
aus dem Englischen und bezeichnet im Parlament des britischen
Unterhauses die Wandelhalle im Eingangsbereich, wo Außenstehende
mit Abgeordneten verhandeln können. In den Vereinigten
Staaten entstand daraus der Begriff des Lobbying oder
auf deutsch des Lobbyismus.
Die Interessengruppen, deren Vertreter wiederum die
Lobbyisten sind, werden im amerikanischen auch Pressuregroups,
also übersetzt Druckgruppen genannt.
Aufgabe einer jeden herkömmlichen Lobby ist es
also, Druck zu machen, Druck auf Entscheidungsträger
des Staates um sie intensiv im Sinn der eigenen Interessen
zu beeinflussen. Alle kurz- und mittelfristig als negativ
erachtete Entwicklungen sind zu bekämpfen, bzw.
für die Einleitung oder Erhaltung positiver Rahmenbedingungen
ist zu sorgen.
Neben Einflussnahmen von Lobbyisten auf Verwaltungsbeamte
und Richter sind solche auf die Politik, auf politische
Parteien und Mandatsträger wie auf Ministerien,
Ausschüsse und sonstige Gremien, besonders effektiv.
Dort lässt sich eine spezifisch ungünstige
Entwicklung im Idealfall bereits im Keim ersticken,
bzw. eine profitableres Regelwerk geschickt einflechten
und gar in Gesetzesform auf oberster Staatsebene installieren.
Lobbyisten unterhalten Büros in unmittelbarer Nähe
zu den Parlamenten und setzen die Kosten dafür
von der Steuer ab. Sie sponsern Regierungsveranstaltungen,
wie BMW das G-8-Umweltministertreffen in Potsdam, die
Energieunternehmen Vattenfall und RWE eine Kraftwerkskonferenz
des Bundeswirtschaftsministeriums in Leipzig, die Volkswagen
AG ein Minister-Dinner in Brüssel, bei dem es um
die Europäische Energiestrategie ging und eine
Konferenz des Bundesverkehrsministeriums in Berlin,
der Verband der privaten Krankenversicherung für
eine Aids-Konferenz des Gesundheitsministeriums in Bremen
oder der Rüstungskonzern EADS und die Deutsche
Telekom das Medienzentrum des Presse- und Informationsamts
während des EU-Gipfels in Berlin, wie der Spiegel
berichtete.
Die ARD-Sendung "Monitor" ging der Frage nach,
"wie weit die Arme der Interessengruppen eigentlich
reichen. Das, was sie herausfanden, ist eben so alarmierend
wie aufschlussreich: Unternehmensmitarbeiter, Lobbyisten
also, arbeiten in Ministerien, obwohl sie weiterhin
von ihren Firmen bezahlt werden. Sie können es
- soll man sagen: bei guter Führung? - sogar bis
zu Referatsleitern bringen. Und an Gesetzesentwürfen
mitarbeiten." (Adolf-Grimme-Preis-Jury bei
der Verleihung des Preises 2007 an die Monitorredaktion.)
Der Leiter der Abteilung Konzernstrategie-Verkehrspolitik
von DaimlerChrysler beispielsweise saß
im April und Mai 2002 im Verkehrsministerium genau zu
dem Zeitpunkt, als der Milliardenauftrag für die
LKW-Maut vergeben wurde. Er kopierte interne Unterlagen,
telefonierte beim Sichten mit seinem Arbeitgeber und
nahm auch Papiere mit. DaimlerChrysler gehörte
zu einem Bewerberkonsortium, genau das bekam den Auftrag.
Monitor: "Lobbyisten versuchen, die Politik
zu beeinflussen, um ihrem Arbeitgeber Vorteile zu verschaffen.
Dazu sprechen sie auch in Ministerien vor. Manche Lobbyisten
haben das gar nicht mehr nötig - sie sind nämlich
schon da. Ja, richtig, das ist neu: Lobbyisten haben
in unseren Ministerien mittlerweile eigene Büros
- Tür an Tür mit Regierungsbeamten und ...
mit eigener Durchwahl, und schreiben an Gesetzen mit.
Bezahlt werden sie von ihren Unternehmen. Leihbeamte
- gut für die Wirtschaft, schlecht für Bürger."
Man sollte davon ausgehen, dass bei 100 zugegeben Lobbyisten
in den Ministerien und über 30 bekannten Fällen
von Lobbyisten als Autoren von Gesetzestexten das tatsächliche
Dunkelgeschehen um ein vielfaches größer
ist.
Eine besonders wertvolle Gruppe von Druckbeauftragten
in der Privatwirtschaft sind ehemalige Minister, Staatssekretäre
oder Kanzler. Sie scheinen völlig frei von jederart
Legitimitätszweifeln zu sein. Neben ihrer üppigen
Pension konnten sie auch noch eine Fülle von nichtöffentlichen
Rufnummern von Ministerialbeamten, Passwörter und
Pfade zu vertraulichen Datenständen, heikle Informationen
über Privatverhältnisse ehemaliger Kollegen
und Bediensteter, Zweitschlüssel zu Aktenschränken,
Erinnerungen über Geständnisse des Portiers
oder des ausländischen Diplomaten, und vieles andere
Details mehr in ihre neue Lebensära mitnehmen.
Als Vorstandsvorsitzende von Großkonzernen, Aufsichtsratsmitglieder,
"freie Berater", Taktik- und Strategiedesigner,
Repräsentanten und Effizienzkoordinatoren machen
sie mit den alten Kontakten eine zweite, meist sehr
viel lukrativere Karriere.
Aktive Parlamentarier sind geteilter Meinung über
das Treiben der von einflussreichen Interessengruppen
rekrutierten Exkollegen. Solche, die das Treiben missbilligen
scheinen aber in der Minderheit zu sein, hätte
es doch anderenfalls längst zur Verabschiedung
eines das Lobbying unterbindenden Gesetzesentwurfs kommen
müssen. Offensichtlich will man sich die Option
bewahren, nach Ausscheidung aus dem Staatsdienst sein
Insiderwissen ebenfalls an die Privatwirtschaft verkaufen
zu können. Bis heute hat der Lobbyismus es nicht
nur geschafft die eigenen Interessen zu pflegen, sondern
auch jede Initiative dagegen im Vorfeld abzuwürgen.
Über
die Zulässigkeit von Lobbyismus überhaupt
gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Ansichten. Manche
Kommentatoren glauben, ein gewisses Maß an Lobbyismus,
Lobbyismus light, auch rechtfertigen zu können.
Lobbyistische Beratertätigkeiten wären oft
tatsächlich notwendig. Parlamentarier seien nicht
umfassend informiert genug, um Entscheidungen vollständig
richtig zu treffen. Die Materie würde immer komplexer,
der parlamentarische wissenschaftliche Beraterstab reiche
nicht mehr aus, um Gesetze handwerklich gut und ein
Stück weit tragend umzusetzen. Lobbyisten würden
Informationen besitzen, die für den Gesetzgebungsprozess
unerlässlich seien. Von fachlicher, ja für
den Steuerzahler gar kostenloser Unterstützung
der ach so inkompetenten Parlamentarier ist dort die
Rede. Hier wäre Beratertätigkeit aus der Privatwirtschaft
Arbeit im Interesse der BRD bzw. der Europäischen
Gemeinschaft. Wenn die gelegten Eier sich am Ende dann
als faul erweisen, was mittlerweile zur Regel geworden
ist, wird kleinlaut von "Beratungsversagen"
gesprochen.
Kritiker der gängigen lobbyistischen Aktivitäten
verweisen meist auf die Unvereinbarkeit mit dem demokratischem
Selbstverständnis. Gewählte Parlamentarier
müssten beim Treffen von Entscheidungen oder Verfassen
von Gesetzestexten ausschließlich mit Staatsbediensteten
auskommen, die nicht auch noch einem zweiten Herrn dienen.
Es sei eine Illusion zu glauben, bei der Einholung von
fachlichem Rat würden neben den privatwirtschaftlichen
Interessengruppen auch die auf das Gemeinwohl, auf Kollektivgüter
orientierte Beraterdienste und Experten, etwa aus Verbraucher-
Sozial- oder Umweltverbänden gleichberechtigt in
die Abwägungen einbezogen. Erstere finanzierten
ihren Lobbyismus nebenbei aus der Portokasse, während
gemeinnützig tätige Akteure auf staatliche
Unterstützung oder gar auf Spenden angewiesen wären.
Die hier erkennbare Schere tut sich zudem zwangsläufig
immer weiter auf. Für die Wirtschaft
zahlt sich das Aussenden von Lobbyisten durchweg finanziell
aus, weit besser noch, als jede andere Anlage- und Investitionsmöglichkeit.
Das Beraten und Druckmachen finanziert sich nicht nur
selbst, sondern ist das effektivste Schmiermittel zur
Profitsteigerung. Den Fürsprechern von fundamentalen
menschlichen Grundbedürfnissen dagegen, geht gleichzeitig
zunehmend das Geld aus.
Schwerer
wiegt hier wohl aber noch ein anderer Aspekt. Nicht
nur die völlig unterschiedlichen Möglichkeiten
der Finanzierbarkeit lobbyistischer Aktivitäten
erleichtern diese den einen und erschweren diese den
anderen Gesellschaftsgruppen. Was das Auseinanderscheren
noch ärger begünstigt, ist die Unfähigkeit
zu überparteilichem Denken bei den meisten Parlamentariern
und die hieraus resultierende Neigung, die gerade angesagte
ökonomische Mode als Wahrheit zu nehmen. Es ist
für sie sehr viel komfortabler, der herrschenden
Mehrheitsmeinung und deren Protagonisten zu glauben.
Hier kann ihnen scheinbar nichts passieren, da sie die
Erwartungen der großen Herde erfüllen und
vor heftigem Gegenwind geschützt sind. In den Parlamenten
scheinen sich diese Opportunisten in ähnlich hoher
Dichte vorzukommen, wie Sandkörner am Strand, und
diese personifizierte Mischung aus Eitelkeit und Inkompetenz
hört den Druckmachern im feinen Tuch und mit Milliardenumsätzen
in der Bilanz wohlwollender zu, als den Sprechern für
das gemeine Volksanliegen. Was soll es beispielsweise,
wenn der zuständige EU-Kommissar in eine 18köpfige
Expertenkommission zu "Wettbewerbsfähigkeit,
Energie und Umwelt" 12 aus der energieintensiven
Industrie, aber nur einen eines Umweltverbands einlädt?
Die Qualität der Beratung im Sinne einer, umfassend
und nachhaltig betrachtet, echten Tauglichkeit für
die Gesamtgesellschaft kommt auf diese Weise mit Sicherheit
unter die Räder.
Wie
naiv muss so mancher Beobachter eigentlich sein, der
für privatwirtschaftlichen Lobbyismus immer noch
eine Rechtfertigung findet? Was glaubt er denn an gemeinnützigen
Ergebnissen noch entdecken zu können, wenn Horden
penetranter Druckmacher im Parlament vorstellig werden
und mit Positionspapieren, persönlichen Überredungsversuchen
oder gar Drohungen bezüglich Arbeitsplatzabbau
oder Abwanderung ins Ausland die Volksvertreter auf
ihre Linie einschwören?
Sollten wirklich einmal Beratertätigkeiten am Ende
als nützlich für die Bürger oder auch
nur für die nationale Industrie gedeutet werden,
haben wir es mit zweierlei, mit Berater- und
Interpretationsversagen zu tun. Trägt der Beobachter
in diesem Falle selbst neoliberalistische Scheuklappen
und ist er unfähig, Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen?
Glaubt er immer noch, dass Wirtschaftswachstum im Ergebnis
nützlich für die Gesellschaft ist, zu sinnvoller
Arbeit und Vollbeschäftigung, zum Erhalt der Umwelt
und Förderung des sozialen Miteinanders beiträgt?
Mittlerweile haben Lobbyisten eine noch effektivere
Schiene gefunden, um ihre Interessen als Manna zu verkaufen.
Der schleichende Niedergang der Presselandschaft macht
es möglich. Zunehmende finanzielle Schwierigkeiten,
der Schwund von Abonnenten und Anzeigenkunden treibt
den Journalismus in die Enge, was die Fähigkeit
zu eigenen Recherchen und die unbeeinflusste Auswertung
derselben zunehmend einschränkt. Häufig zwingt
dies Pressejournalisten zum Verarbeiten von Material,
das ihnen von Lobbyisten oder lobbyistischen Dachorganisationen
wie der sogenannten Denkfabrik "Initiative Neue
Soziale Marktwirtschaft" zur Verfügung gestellt
wird. Man muss so gar nicht mehr nur den demokratisch
fragwürdigen Weg der Abgeordnetenbearbeitung gehen,
man hat erkannt, dass auch der Journalismus lenkbar
gemacht werden kann.
Über die entsprechende Änderung, "Begleitung",
der Informationsqualität im Lande, lassen sich
über die Zeitung lesende Wählerinnen und Wähler
zur Wahl von dem Lobbyismus zugeneigten Politikern bzw.
gleich von Lobbyisten im Schaffell eines Parteibuchs
übertölpeln. Bis der deutsche Journalismus
die Existenz dieses verborgenen Trojanischen Pferdes
der Privatwirtschaft bemerkt, konnte so manche Botschaft
zur Bearbeitung der öffentlichen Meinung schon
ins Land sickern.
Wenn aber der investigative Journalismus verschwindet
und in der Not verstärkt lobbyistisches Propagandamaterial
herangezogen wird, muss eine neue Qualität der
Untergrabung demokratischen Selbstverständnisses
festgestellt werden. Lobbyisten beeinflussen Gesetzesentscheidungen
der Politik durch Beratung, lenken Konsumentscheidungen
der Bevölkerung durch Werbung und nun auch noch
journalistische Arbeit durch "gezinktes" Unterlagenmaterial.
Nicht genug, dass in Deutschland schon immer ein der
Wirtschaft besonders zugeneigtes Verleger- und Redaktionsleitertum
mit strukturkonservativen Scheuklappen und neoliberalistisch-egoistischen
Flausen im Kopf existiert. Nun werden auch die noch
unabhängig gebliebenen Presseleute immer stärker
ausgedünnt, unter Druck gesetzt und auf Linie getrimmt.
Vernichtend
wird die Beurteilung des Lobbyismusses aber, wenn man
zu seiner Betrachtung eine noch umfassendere Messlatte
hernimmt.
Innerhalb der Logik der herrschenden Wirtschaftsordnung
mögen noch Begründungen auffindbar sein, welche
die gängigen Inhalte von Beratertätigkeiten
rechtfertigen
können. Diese Wirtschaftsordnung aber, es handelt
sich hierbei aller verbreiteter Ansicht zum Trotz nicht
um eine Marktwirtschaft, besitzt ein durch und durch
lebensfeindliches und dissoziales Fundament. Die dominante
Eigenschaft dieser, ja man kann zu Recht sagen: Kapitalistischen
Planwirtschaft, ist es, den größten Teil
der Profite durch die Externalisierung von ökologischen
und sozialen Schadkosten zu erzielen. Mit anderen Worten:
Sie reduzieren ihre Produktionskosten durch Abwälzung
der verursachten Schäden auf die Allgemeinheit
und die nachfolgenden Generationen. Diese Bestrebung
ist der rote Faden, welcher sich nicht nur durch alle
großen und kleine wirtschaftlichen Einzelabläufe
und Alltäglichkeiten, durch Entscheidungen und
deren Folgen in den Unternehmen, sondern auch durch
alle Auftritte und Verlautbarungen der abgesandten Lobbyisten
zieht.
Mit den Augen der Kategorischen Marktwirtschaft betrachtet,
jener Ökonomie, in welcher jegliche Externalisierung
von produktionsbedingten Kosten oder Schäden durch
Zwang zur Integration in die Produktpreise unmöglich
gemacht wurde, ist jegliche Tätigkeit von Lobbyisten
der Privatwirtschaft, ja sogar die Dienste legaler,
nicht direkt abhängiger Unternehmens- und Politikberater
nichts anderes, als Anstiftung zu verbrecherischem Handeln.
Lobbyisten tun ja im Prinzip nichts anderes, als für
ihre Auftraggeber neue Externalisierungsmöglichkeiten
zu finden. Diesen verleihen sie einen wirtschaftspolitisch
unverdächtigen und gesamtgesellschaftlich bedeutenden
und scheinbar nützlichen Anstrich, wobei sie auf
die Unterstützung von sich leider hartnäckig
haltenden, irrationalen wirtschaftswissenschaftlichen
Dogmen, Moden und Ideologien bauen können. Mit
so viel Scheinwissenschaft im Rücken ist es ein
Leichtes, dies dann den realitätsfernen Parlamentariern
als moderne Politik schmackhaft zu machen. Die durch
Gesetzgebungslenkung erworbenen finanziellen Vorteile
können wiederum genutzt werden, um lobbyistisch
noch effektiver auftreten zu können, - eine nicht
endende Spirale.
Um ein Bild für die Dynamik dieser Spirale zu bemühen:
Was würden wir sagen, wenn Räuber ihr Diebesgut
behalten dürften, um sich davon noch besseres Einbruchswerkzeug
zu kaufen?
Lobbyismus ist um nichts anderes bestrebt, als noch
mehr produktionsbedingte Schadkosten auf die Allgemeinheit
und die nachfolgenden Generationen abzuwälzen.
Die Zeiten, wo Unternehmen sich auf marktwirtschaftlich
zulässige Methoden der Produktivitätssteigerung
beschränkten, sind lange vorbei. Gemeinsam mit
den Politikern sind Druckmacher ausschließlich
auf der Suche nach neuen, noch unentdeckten Perspektiven
und Möglichkeiten zur Fortführung dieses Verbrechens.
Lobbyismus als Maulwurf und Vorhut der Kapitalistischen
Planwirtschaft, will Profitsteigerung, nichts anderes.
Dafür geht er im wahrsten Sinne des Wortes über
Leichen. Die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen,
der demokratischen Freiheit und des inneren sozialen
Miteinanders ist ihm dabei völlig egal. Es interessiert
ihn nur, was er herausholt, nie, was er hinterlässt.
Das herrschende ökonomische System ist die Realisierung
eines in der Menschheitsgeschichte unvergleichlichen
Raubzuges. Die potenten Unternehmen innerhalb des Systems
sind dessen Akteure. Die Lobbyisten sind ausgeschickte
argumentative Pioniere, die das Gelände auskundschaften
und ebnen sollen.
Als was aber müssen wir hierbei die Politiker verstehen.
Welche Rolle spielen sie in diesem Stück um Gier,
Ignoranz und Niedergang?
Im günstigsten Falle könnte man ihnen zugestehen,
sie wüssten nicht was sie tun. Sie glaubten tatsächlich
an den Segen von quantitativem Wirtschaftswachstum.
Sie sind derart geblendet von der Herrlichkeit des sogenannten
Wirtschaftsweisen mit 900-Seiten Expertise oder vom
in Aktien, Gold und Pracht strahlenden Konzernlenker,
der gezielt ihren unterbewussten Hang hin zur Gewinnerseite
anzapft. Sie glauben allen Ernstes an einen nachhaltigen
Nutzen für die Gesamtgesellschaft, wenn sie der
Wirtschaft immer mehr Freiheiten gestatten. Diese Gruppe
von Parlamentarier, die naiven Kurzsichtigen, die sich
selbstbewusst vorkommen trotz ihrer eifrigen Untertänigkeit,
sind gewissermaßen die Rotkäppchen in diesem
Drama.
Neben einer zweiten Gruppe von Parlamentariern, die
zum objektiven Abwägen und unbeeinflussten Handeln
zwar fähig jedoch zahlenmäßig fast vernachlässigbar
und einflusslos ist, gibt es noch eine diffuse dritte
Gruppe in der Politik.
Zunächst könnte man diese Leute der ersten
Gruppe legal gewählter Volksvertreter zurechnen,
und sie sind von diesen auch nicht ohne weiteres unterscheidbar.
Wenn man sie jedoch länger beobachtet, bemerkt
man: Sie wissen, was sie tun. Sie sind so vernarrt in
ihre ökonomische Ideologie, dass sie vor der destruktivsten
Politik nicht zurückschrecken. Mit den Lobbyisten,
für die sie offene Türen pflegen, neigen sie
bedenkenlos zu dissozialem Verhalten, was im Grunde
immer schon die Haupteigenschaft aller Verbrecher gegen
die Menschlichkeit war. Mit dieser Störung konnten
Naziführer und ihre Schergen aufsteigen, Kolonialisten
ganze Völker ausrotten, religiöse Fundamentalisten
Gehirne waschen und junge Menschen zum Selbstmordattentat
treiben, oder Wirtschaftsmächte die übrige
Welt ausplündern.
Diese Leute, momentan sich noch moderat gebend, sind
zu allem fähig und schrecken nicht davor zurück,
Proteste gegen die Kapitalistische Planwirtschaft und
deren Institutionen auch mittels der Einschränkung
der Freiheit und der demokratischen Idee zu vereiteln.
Sie legalisieren den Raubzug der herrschenden Ökonomie
mit entsprechenden Gesetzen, befehlen der deutschen
Polizei die Räuber zu beschützen und betätigen
sich als Hehler zur Nutzbarmachung des Raubguts für
Interessen der eigenen Klientel. Sie unterhöhlen
die verfassungsmäßige Ordnung und behaupten
das Gegenteil, und, sie schaffen es bis heute, die juristische
Gewalt in Deutschland zu blenden, wenn nicht gar auf
ihre Linie einzunötigen.
Wird
den Lobbyisten und anderen neoliberalistischen U-Booten
nicht endlich radikal Einhalt geboten, lässt sich
keine nachhaltige Ökonomie umsetzen. Dieser Umsetzung,
ja schon der Entwicklung, arbeiten Lobbyisten entgegen,
denn dort, wo unternehmerische Leistung im gesamtgesellschaftlichen
Sinne interpretiert wird, wären sie die Verlierer.
Bieten wir dem quantitativen Wachstums- und Wettbewerbsdenken
in der Politik nicht endlich Einhalt, wird unsere Gesellschaft
den totalen Niedergang erleiden. Man muss dem opportunistischen
Lager in allen Parlamenten vor Augen führen, dass
sie die Grundlagen unseres Staates und der Demokratie,
wie auch die natürlichen Lebensgrundlagen ihrer
eigenen Kinder zertreten, oder anders gesagt, für
einen Silberling verscherbeln.
Was kann es zu Anfang des 21sten Jahrhunderts wichtigeres
geben, als eine Gegenlobby zur herrschenden und alles
zermahlenden Ökonomie? Diese Gegenlobby kann nur
aus der Bevölkerung kommen, aus der Gemeinschaft
vieler Menschen, die unter einer umfassenden Zukunftsidee
vereinigt werden konnten.
Deshalb
hat Zukunftslobby das meist negativ besetzte Wort LOBBY
bewusst als Namensteil gewählt. Zukunftslobby stellt
zusammenfassend fest:
Lobbyarbeit im herkömmlichen Sinne ist:
--- undemokratisch, da nicht die gewählten Volksvertreter
Maßnahmen treffen, also etwa neue Gesetze erlassen,
sondern stillschweigend die Gesamtheit der deutschen
und internationalen Interessenverbände. Diese plazieren
diskret ihre Vorgaben, und die Parteien und Politiker
setzen sie meist unverändert um.
--- unmenschlich, da Lobbyarbeit unter dem Diktat der
Profitsteigerung unsere Gesellschaft in eine Richtung
treibt, wo die Menschen nur noch der Wirtschaft dienen,
statt umgekehrt.
--- lebensgefährdend, da für wirtschaftliche
Interessengruppen finanziell wünschenswerte Entwicklungen
fast immer mit der Schädigung der natürlichen
Lebensgrundlagen erkauft werden.
--- unökonomisch, da kurzfristige Vorteile für
die Klientel der Lobbyisten immer mit mittel- und langfristigen
Nachteilen für die Gesamtgesellschaft verbunden
sind, bzw. die Entwicklung eines gesellschaftlichen
Optimums durch Unterlaufung echter marktwirtschaftlicher
Regeln verhindert wird.
--- kultur- und bildungsfeindlich, da die Konzentration
unseres Bildungssystems immer stärker auf die Erfordernisse
wirtschaftlicher Sachzwänge gelenkt wird, bzw.
das ökonomisch weniger verwertbare Wissen, Geisteswissenschaften,
industriefernes Handwerk oder einfache, aber fundamentale
Fertigkeiten für die menschliche Existenz, wie
beispielsweise Nahrungsmittelbereitstellung, zunehmend
aus dem Bildungsangebot entfernt wird.
Sie braucht:
--- stumpfsinnige Politiker und Parteien ohne eigene
Vorstellungen darüber, was gesamtgesellschaftlich
umfassend und nachhaltig positiv wirkend tatsächlich
notwendig ist,
--- kurzsichtige Wirtschaftswissenschaftler, die der
Lobbyarbeit dienlichen ökonomischen Ideologie vom
quantitativen Wirtschaftswachstum den gewissen Anschein
von Seriosität und Wahrhaftigkeit verleihen.
--- die Schwachheit ihrer Gegner, die Machtlosigkeit
der sonstigen gesellschaftlichen Gruppen, die sich nicht
den Aufbau einer eigenen starken Lobby leisten können,
--- die Naivität der Bevölkerung, oder besser
gesagt einer knappen Mehrheit der Bevölkerung,
also zur Festigung der eigenen Position auch noch den
Missbrauch der demokratischen Idee.
Zur
Eindämmung von Lobbyismus braucht die Gesellschaft:
--- transparente Interessenvermittlung an die Politik
unter Ausschluss personeller Verflechtungen.( "In
einer Demokratie muss man die Verbindung von Politik
und gesellschaftlicher Realität über Anhörungen,
über offene, transparente demokratische Verfahren
herstellen, damit verschiedene Interessen in die Politik
eingebracht werden können." - Ulrich Müller
von Lobbycontrol)
--- lückenlos funktionierende öffentliche
Kontrolle und demokratische Nachvollziehbarkeit,
--- ein kompromissloses Verbot für ehemalige Staatsdiener,
als Berater für die Privatwirtschaft tätig
zu werden
--- Möglichkeit zur Aberkennung der Pensionsberechtigung
bei Zuwiderhandlung
--- Einführung weitreichender Befugnisse für
Antikorruptionsorganisationen und Lobbyismuskritiker
--- Verpflichtung der Parlamentarier zur Ableistung
von Praktika zur Steigerung der eigenen Urteilsfähigkeit,
jeweils über die gleiche Zeitspanne bei beiden
entgegengesetzten Polen des Betroffenenkreises einer
Problemstellung
--- die Kategorische Marktwirtschaft als neue ökonomische
Basis, womit jegliche Rechtfertigung für lobbyistische
Aktivitäten ihre grundsätzliche Berechtigung
verliert.