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Das Völkerdom-Projekt

Das Völkerdomprojekt, als Idee im Jahre 1998 entwickelt, war ursprünglich ein Vorschlag für das Holocaustmahnmal in Berlin.
An Stelle eines düsteren, mahnenden Symbols, welches an die schlimme Vergangenheit erinnert und in kurzer Zeit mit enormem finanziellen Aufwand und aus steinernem Baumaterial, ebenso wie die Bauten des Schreckens im "Dritten Reich" auch, errichtet wird, schlug ich damals ein Friedensmahnmal, ein positives Denkmal der Zuversicht vor.
Inzwischen ist das Holocaustmahnmal als Stehlenfeld aus Beton umgesetzt worden und hat in dieser Form seine Berechtigung gefunden.

Warum aber sollte man nicht darüber hinaus auch den Plan für ein Friedensdenkmal umsetzen? Die Welt doktort am Frieden bis heute nur herum und kann den Weg dorthin nicht finden. Dabei sind es doch die Ideale des ökonomischen Systems, Egoismus, Machtstreben und Gier, die immer neue Verlierer auf der Erde hervorbringen und einem grundlegenden Frieden im Wege stehen.
Dagegen könnte man ein großes Zeichen in Form des Völkerdoms setzen.
Statt mit heutiger Technik und modernen Materialien sollte das Objekt mittels einer längst vergessenen und nach heutigen Maßstäben völlig unprofitablen Bauweise umgesetzt werden und langsam heranwachsen. Mindestens hundert Jahre würde es bis zur Fertigstellung dauern, und es würde immer wieder Rückschläge geben. Die richtigen Wege zum Erfolg würde man erst allmählich und während der Arbeit am Projekt finden. Viele Menschen aus aller Welt sollten daran über mehrere Generationen hinweg mitarbeiten und Erfahrungen aus ihrem Land in das Bauprojekt einfließen lassen. Das Bauwerk, errichtet als großer Versammlungsraum für alle Kulturen und Religionen würde so niemals aufhören ein Symbol zu sein für den schwierigen Weg zum weltweiten Frieden und die Notwendigkeit aller Menschen, dabei aufeinander Rücksicht zu nehmen und bedingungslos zusammen zu arbeiten. Darüber hinaus könnten sogar überall auf der Welt mit regional vorhandenen Möglichkeiten und unter Verwendung örtlich angepasster Gehölzarten vergleichbare Bauwerke entstehen und die jeweils zuerst gemachten neuen Erfahrungen an sämtliche andere Projekte weitergegeben werden.

Der nachfolgende Text entstammt in leicht aktualisierter Form der im Jahr 1998 verfassten Projektbeschreibung. Hier wird vor allem auch auf die Bautechnik näher eingegangen, wie auch auf die Eignung des Völkerdoms als Symbol und Analogie zum Weltfrieden.
Hier finden sich einige Zeichnungen zur angestrebten Form des Baus,
hier einige Fotos
zum wichtigsten Detail der Bautechnik.

CCR

 

Der "Völkerdom", ein ringförmiges Kuppelbauwerk ganz aus lebendem Holz gewachsen.

Der Völkerdom ist ein Symbol für den lebendigen Austausch, für ehrliche Toleranz und das friedliche Miteinander von Völkern, Kulturen und Religionen. Er ist ein aktives Friedensdenkmal und gerade kein gewöhnliches Großdenkmal, errichtet in kurzer Zeit von Spezialisten und mit moderner Bautechnik. Es soll, ganz anders als die üblichen Arten von Denkmälern, nicht einfach nur schnell hingestellt werden, um fortan nichts neues mehr bieten zu können. Beim Völkerdom ist die Errichtungsphase untrennbarer Teil der Symbolik des Denkmals selbst. Dadurch wird das Denkmal auch über viele Jahrzehnte hinweg immer reichhaltiger, das Interesse an ihm immer größer und die Symbolik immer unauslöschlicher. Analog verkörpert der Völkerdom die Erkenntnis, dass dauerhafter Friede auf der Welt über viele Jahre langsam heranwachsen und von allen Menschen ständig intensiv gepflegt werden muss.
Er wäre ein Zeichen für die Erkenntnis, dass nur mit Geduld, Verständigung und selbstverständlichem Akzeptieren des Andersartigen ein Dach erwachsen kann, das alle Erdenbürger vor der Eskalation menschlicher Abgründe beschützt. Ein Bild dafür, dass wir ein Ziel im Auge haben, Als Projekt, dessen unablässig ansteigende positive Ausstrahlung auch Skeptiker und Gleichgültige früher oder später mitzureißen vermag, könnte es sämtlichen Bemühungen um Frieden zur obersten Priorität verhelfen.

Der Völkerdom zeichnet sich durch sein einzigartiges Baumaterial und durch die neuartige Anwendung einer alten Technik aus. Genaugenommen wird er gar nicht "erbaut", sondern er wächst von selbst empor. Er besteht aus lebendigem Holz, wie ein Baum, das wir allerdings durch entsprechende intensive Pflegemaßnahmen über Jahrzehnte zur endgültigen Gestalt formen müssen.(siehe Skizzen Anlage(1)


1.- Zum Prinzip und zur Geschichte der hier zur Anwendung bestimmten Bautechnik:

Wenn man zwei nebeneinander wachsende Gehölze zueinander biegt und sie mittels Kordel oder besser durch Eindrehen einer Schraube fest und unverrückbar miteinander verbindet, wachsen beide Teile an dieser Stelle zusammen, vorausgesetzt, es handelt sich um Gehölze derselben Art. Im Boden eines Waldes, wo Baumwurzeln durch die sie umgebende Erde nicht ausweichen können, sind solche Zusammenwachsungen sehr häufig, aber selten sichtbar.

In der Geschichte finden sich viele Hinweise darauf, dass die Menschen sich diese Eigenschaft der Pflanzen auf unterschiedliche Art und Weise zu Nutze machten. Am bekanntesten sind wohl die Gitterzaunhecken, lebende Einfriedungen, wie sie in den 1930er Jahren die Baumschule Herr in Bringhausen am Edersee in größerem Umfang anlegte. (Anl.2 bis 5) Friedrich Herr hatte einen Patentstift aus Stahl mit Gegenscheibe entwickelt, mit dem er in Sekunden eine Überkreuzungsstelle zweier Äste so gründlich miteinander verband, dass sie schon einige Wochen später zusammengewachsen waren. Er beschränkte sich auf die Anlage von Zäunen aus weniger stark wachsenden Gehölzen, die durch regelmäßigen Schnitt in Brusthöhe gehalten immer den Charakter von Zäunen behielten. Noch heute gibt es Reste dieser Zaungebilde, die aber zum größten Teil mangels Pflege stark verwildert sind.

Einige Jahre vorher gab es in Berlin einen Mann namens Arthur Wiechula, der wohl den bedeutendsten Versuch in der neueren Geschichte unternahm, die Naturbautechnik anzuwenden. ( vgl. Anl.6) Über die damals auch schon bekannte Einfriedungstechnik hinaus wollte er starkwachsende Bäume verwenden und große Gebäude errichten. Er begann mit großem Elan, gründete eine Baumschule in Berlin-Friedenau und schrieb ein Buch: "Wachsende Häuser aus lebenden Bäumen entstehend". Dort beschrieb und zeichnete er Lauben und Schuppen, große Scheunen und Lagerräume bis hin zu Stützmauern, Brücken, Riesenbäumen und Türmen mit innenliegenden Auffahrrampen. (Anlagen 7 b. 14)
Doch so enthusiastisch wie er begonnen hatte, so kläglich scheiterte Wiechula Ende der 1920er Jahre. Die Ursache dafür lag nicht in der Idee begründet. Vielmehr stellten seine Patente, mit denen er die Gehölze zum Verwachsen bringen wollte, sich später in der
Praxis als nicht tauglich heraus. Den Patentstift der Baumschule Herr, wie auch die simple Schraubtechnik von heute, hatte Wiechula damals nicht zur Verfügung.
Friedrich Herr schrieb dazu später: "Mit großen Versprechungen und übertriebenen Hoffnungserweckungen ging Wiechula mit seiner Naturbaugesellschaft mbH in die Öffentlichkeit und nahm Aufträge in großer Zahl entgegen. Zweckmäßige Arbeitsmethoden zur Verwirklichung des an sich guten und wirtschaftlich sehr wertvollen Grundgedankens hatte er jedoch nicht zuverlässig ermittelt... Den schwersten Schlag gegen die schnelle Verbreitung des Naturbaus führte Wiechula dadurch, dass er den eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkam und die Auftraggeber nach Empfang des Geldes sitzen ließ..."

Erfolgreicher und selbstverständlicher wurde die Naturbautechnik im Mittelalter und in der Neuzeit angewendet, wenn auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise.

Bis ins 15te Jahrhundert gab es in Deutschland Befestigungsanlagen aus lebendem Holz, die kilometerlang etliche Landesgrenzen begleiteten. Meist als Gebücke bezeichnet bestanden sie hauptsächlich aus Hainbuchen, die in breiten Streifen dicht nebeneinandergepflanzt und intensiv miteinander verwickelt, verknotet und verflochten wurden. So entstanden undurchdringliche Grenzbefestigungen teils in Verbindung mit Wällen und Gräben, die über Jahrhunderte sorgfältig gepflegt wurden. Diese Anlagen mussten einen beeindruckenden Anblick geboten haben. Man stelle sich vor, Unmengen von bis über 30 cm dicken Stämmen ragten auf engstem Raum aus dem Boden, jedoch nicht gerade, wie in einem Wald, sondern wie unzählige gewaltige Korkenzieher oder Schlangenleiber unlösbar durcheinandergewirbelt, so dass nur eine Maus noch hindurch gelangen konnte.

Gute Zeugnisse über eine andere Anwendung der Naturbautechniktauchen in Schriften über die Gartenkunst im 17ten und 18ten Jahrhundert auf. In der "Bibel der französischen Gartenkunst" (anl.15) von Dezallier d'Argenville (La Theorie et la Pratique du jardinage,
Paris 1709 bis 1747) finden sich viele Darstellungen, wenn auch nicht im Sinne Arthur Wiechulas, sondern mehr künstlerisch und spielerisch. In einem früheren Werk findet sich folgender Absatz : "Die aus Bäumen errichteten Bauten, die die Räume begrenzen und aufteilen..., bestehen aus Alleen oder geschlossenen Baumgängen mit aus Laub gebildetem Tonnengewölbe oder flacher Decke. Säle, Zimmer, Kabinette werden dort geschaffen, überkuppelt oder spitzbogig geschlossen in Gestalt von Haupttrakt oder Pavillon mit architektonischem Fensterschmuck, der durch Binden und Beschneiden sorgfältig ausgebildet wird." (Jaques Boyceau: Traité du Jardinage selon la raison de la nature et de l'art, Paris 1638)
Schließlich sei noch die gewölbte Allee im Garten von Castellazzo in der Nähe Mailands erwähnt, die von D. Leonardi 1743 beschrieben wurde. Dieses Naturbauwerk riesigen Ausmaßes war aus starken Bäumen gewachsen. Der Anblick muss wegen der Größe und der Regelmäßigkeit im Wuchs für den Betrachter überwältigend gewesen sein. Ein Stich zeigt die Allee umgeben von hohen Heckenmauern. (Anl.19)

Über sehr viel frühere Anwendungen der Naturbautechnik gibt es keine Zeugnisse mehr, wohl aber Spekulationen. Hierzu zählt die Legende vom Entstehen der Gotischen Architektur. In seinem Buch aus dem Jahr 1983, "Imaginäre Realitäten", hat Jurgis Baltrusaitis viele Quellen und Aspekte dieser uralten These zusammengetragen.
Betrachtet er die typischen Formen und Ornamente an gotischen Kathedralen, so wird der unvoreingenommene Besucher an wiederkehrende Formen in alten Wäldern, oder aber auch an das Gewölbe über einer prächtigen Allee erinnert. Baltrusaitis erwähnt hierzu mehrere Texte, unter anderem von Goethe, Chateaubriand und Friedrich Schlegel.
Auch Hegel spricht von einer Waldarchitektur: "Betritt man das Innere einer mittelalterlichen Kathedrale, so wird man... an die Wölbung eines Waldes erinnert, dessen Baumreihen ihre Zweige zueinander neigen und zusammenschließen."
Ein Engländer namens John Hall war auf seinen Reisen durch Europa von den gotischen Kathedralen und von der Theorie ihrer Herkunft derart fasziniert, dass er beschloss, zuhause praktische Versuche zu machen um die Spekulationen zu bestätigen. Im Jahre 1792 pflanzte er eine kleine Kirche aus Eschenstämmen und Weidenruten über einer Fläche von etwa 20qm. Im Frühjahr begann das Gebäude zu knospen, und die Blätter traten an eben den Stellen hervor, an denen man sie sonst in Stein gemeißelt in gotischen Kirchen findet. Die Royal Society in Edinburgh veröffentlichte 1798 einen Bericht über das Experiment von Hall mit zahlreichen Illustrationen.(siehe Anl.16 b.18)

Baltrusaitis schlägt über die christliche Gotik in Mitteleuropa hinaus Brücken hin zu anderen entfernten großen Kulturen. Etliche Quellen behaupten, dass die Gotik aus der maurischen Architektur hervorgegangen ist. Viele Linien führen nach Nordafrika und nach
Persien. Doch auch die alte Architektur Chinas und Indiens weisen typische Merkmale auf, die unsere gotische Architektur kennzeichnen.
Einerseits könnte man fragen, was nun zuerst da war und welcher Baustil aus dem anderen hervorgegangen ist oder von diesem beeinflusst wurde. Andererseits aber könnte man auch den Schluss ziehen, dass die Baustiele der so verschiedenen Kulturen auf der Erde alle von in der Natur vorkommenden Formen und Ornamenten geprägt wurden. Und weil diese Formen der Natur in den Proportionen und Formen überall gleich sind, ähneln sich auch die verschiedenen weltweiten Architekturstile in gewissen Details. Ebenso, wie beispielsweise der goldene Schnitt überall auf der Welt als die harmonischste Proportion angesehen wurde, hat man wohl auch die Spitzbogenform als sehr vertraut empfunden und sehr häufig in Gebäude eingearbeitet.
Ob es aber vor den steinernen alten Baustilen der Welt tatsächlich schon lebende Bauwerke gegeben hat, die, ebenso wie jetzt beim Völkerdom geplant, über längere Zeit systematisch herangezogen wurden, und woraus schließlich mit Aufkommen anderer technischer Möglichkeiten oder durch einen Wandel der Anforderungen an das Bauwerk, die steinernen Kopien entstanden, bleibt wohl immer Spekulation. Anders als bei steinernen Bauten sind eventuelle Reste davon heute längst spurlos verfault und vergangen.

2.- Zur gegenwärtigen Situation des Naturbaus:

In Deutschland spielt der Naturbau bis heute, wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. In den letzten Jahren sind zwar zahlreiche Weidenhäuschen als Spielobjekte für Kinder oder als Gartenlauben angelegt worden, und es gibt auch neuerdings einiges an Literatur dazu. Aber hierbei wird kein geschlossenes Gebäude angestrebt, sondern ein Gebilde zum Klettern und Hineinkriechen oder als schattiger Sitzplatz, meist in Kuppel-, Schnecken- oder Tunnelform. Der Vorteil von Weide ist, dass abgeschnittene Äste, im Frühjahr in den feuchten Erdboden gesteckt, leicht anwachsen. Weide reicht für kleinere Bauten völlig aus. Auch lebende Zäune werden heutzutage vereinzelt angelegt, ebenfalls hauptsächlich aus Weidenruten.
Darüber hinaus, was größere Konstruktionen angeht, wird die Zahl der Experimente in Deutschland sehr dünn. Diese müssen als kleine Bäumchen härterer Gehölzarten sorgfältig gepflanzt und viele Jahre lang aufwändig herangezogen werden. Bewohnbare Häuser, wie sie ein sehr eifriger Naturbaumeister in Osthessen anstrebt, sind höchstwahrscheinlich nur eingeschränkt realistisch, weil eine Beheizung des Naturbaus im Winter den lebenden Holzkörper schädigen würde. Als Sommerresidenz allerdings scheint die Idee sehr reizvoll. Auf jeden Fall entsteht eine ungewöhnlich spektakuläre Sehenswürdigkeit.
Auf der Welt gibt es sicherlich noch etliche Versuche mit dieser Technik und man wird wohl im Internet nur zu den wenigsten davon Informationen finden. Neben Flechtobjekten aus einem oder wenigen Bäumen, gewachsenen Möbeln und Gartenskulpturen sind kaum Projekte dabei, die man als wirkliches Bauwerk im Sinne eines Hauses bezeichnen könnte. Es ist natürlich durchaus möglich, dass irgendwo fleißige Naturbaumeister an der Arbeit sind, die erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn auch etwas Fortgeschrittenes vorzuweisen ist.

3.- Der Bau des Völkerdoms und seine Symbolik:

Der Völkerdom soll nicht nur ein vollwertiges in Naturbauweise ausgeführtes Bauwerk werden, mit ihm wird auch die maximal denkbare Größe angestrebt. Der Arbeitsaufwand dafür ist gewaltig. Möglich wird dieses Projekt nur, wenn solide Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden und viele Menschen über viele Jahrzehnte hinweg unablässig daran arbeiten. Am Ende ist ein 35 Meter hoch überkuppelter ringförmiger Raum von ca. 2000 qm Grundfläche entstanden, bzw. ein elliptischer Raum mit einer mächtigen Mittelsäule. Das kuppelförmige Dach und die Wände bestehen dann nicht nur aus belaubtem Geäst, sondern aus absolut dichtem, zu Flächen ausgebildetem lebendem Holz. (siehe Skizzen Anl. 1 )

Nachdem man den Bauplatz unter Beachtung etlicher Kriterien hin ausgesucht und vorbereitet hat, werden auf einer ellipsenförmigen Grundlinie, (Länge der großen Achse 64,7 m, Richtung West-Ost, kleine Achse 40 m, Nord-Süd), sowie auf einer Kreislinie von 5 m Durchmesser in der Mitte der Ellipse im Abstand von 12 cm junge Platanenbäumchen gepflanzt. Die Ellipsenform stellt symbolisch die Bewegungslinie unserer Erde im All dar. Das Verhältnis von Länge zu Breite der hier gewählten Ellipse entspricht dem goldenen Schnitt, der besonderen Proportion, die in der Natur beim Wachstum von Pflanzen immer wieder auftaucht, wie auch in Kunst und Architektur aller Kulturen. ("Wenn wir eine Blume oder eine andere Schöpfung der Natur genau betrachten, fällt uns auf, dass gewisse Proportionen sich immer wiederholen und dass aus der Verbindung ergänzender Gegensätze immer wieder eine harmonische Ordnung entsteht, die allem Gewachsenen ebenso wie dem von Meisterhand gefertigten eigen ist." - György Doczi, Architekt und Designer in -Die Kraft der Grenzen-)
Die Anzahl der benötigten Einzelpflanzen ergibt sich aus der Länge der Pflanzlinien. Zieht man bei der äußeren Linie eine Lücke von 5 Metern ab, -hier soll die Eingangsöffnung verbleiben- und beim inneren Kreis eine Lücke von 1,2 Meter als Zugang zum Mittelpunkt, braucht man insgesamt 1470 Bäumchen. Anders als bei Jungbäumen zur Einzelpflanzung sollen die Stämmchen hierbei höchstens daumendick sein. Wenn man in größeren Abständen pflanzt, etwa 20 cm weit auseinander, braucht man zwar weniger Pflanzmaterial, die anfängliche Maschengröße des geflochtenen Gitters allerdings wäre dann statt 24 cm, gleich 40 cm groß. Es würde länger dauern, bis diese Maschen geschlossen würden. Dies müsste kein Nachteil sein angesichts der langen Bauphase, sollte aber gegen die Vorteile einer engen Pflanzung abgewogen werden.

Als Baumart sei die Gewöhnliche Platane, (Platanus acerifolia) gewählt , weil sie die drei wichtigsten Voraussetzungen als Substanz für den Völkerdom erfüllt:
a) Sie ist überdurchschnittlich abgastolerant und windverträglich, erduldet also auch die belastete Luft in der Nähe einer Stadt noch relativ gut.
b) Sie ist außergewöhnlich starkwüchsig, wodurch der Völkerdom eine beeindruckende Größe erlangen kann. (Die erreichbaren Dimensionen eines Naturbaus hängen direkt von der Wuchsleistung der verwendeten Gehölzart ab).
c) Die Platane ist sehr schnittverträglich und austriebswillig und wird die ständigen Arbeiten an ihr, Binden, Biegen, Schneiden ohne Schwierigkeiten mitmachen.
Darüber hinaus sei noch ein symbolisches Kriterium der Gehölzwahl genannt: Die gewöhnliche Platane ist eine natürliche Kreuzung zwischen der morgenländischen Platane und der abendländischen Platane. Ihre Eltern stammen aus Kleinasien und aus Nordamerika, und sie selbst ist ab dem 17ten Jahrhundert nach Mitteleuropa eingewandert, wo sie in unseren Orten ein uneingeschränktes Bleiberecht genießt. Sie ist gewissermaßen ein multikulturelles Geschöpf.
Die 1470 Einzelbäumchen symbolisieren alle ethnischen und religiösen Menschengruppen auf der Erde. Das Leben hat sie in diese Welt gepflanzt, aber viel zu dicht nebeneinander, als dass jede einzelne sich unbedrängt von Konflikten entfalten könnte. Es gibt kleine und große Völker, sensible und robuste Kulturen, zurückgezogene und missionarische Religionen.
Ähnlich ist es auch bei den jungen Platanen, wenn sie auf den Grundlinien des Doms eingepflanzt werden. Einige strotzen vor Wuchskraft, sind gerade und besitzen üppige Knospen. Andere machen einen schwächeren Eindruck und haben durch das Verpflanzen einen Teil ihrer Wurzeln verloren.

Wie ist es zu schaffen, dass sie alle gut anwachsen auf diesem engen Raum? Wie lässt sich verhindern, dass die kräftigen Pflanzen oder analog dazu die großen Kulturen der Welt in ihrem Übermut den kleineren den Boden und das Licht wegnehmen?
Würden wir die 1470 jungen Bäume auf die Grundrisslinien setzen und tun dann nichts mehr tun oder uns nur noch aufs Gießen beschränken, so wäre nach den ersten Jahren ein großer Teil abgestorben. Von den übrigen werden einige wenige zielstrebig nach oben wachsen und mit ihrer Krone den Rest zunehmend beschatten. Irgendwie arrangieren die schwachen Bäume sich mit ihrer Lage wachsen langsam oder legen sich krumm, weil von der Seite noch etwas mehr Licht einfällt. Etliche werden absterben, auch nach 10 Jahren noch, und das Ergebnis des langen Kampfes würde jene Betrachter bestätigen, die sagen, der Sieg des Stärkeren wäre eine natürliche Regel.
Am Völkerdom lässt sich verdeutlichen, dass wir Menschen diese Regel durchbrechen können, wenn wir bereit sind, dafür zu arbeiten!

Sind die im Herbst gepflanzten Platanen einige Monate an ihrem Platz, geht die Arbeit im zeitigen Frühjahr weiter. Die Bäumchen werden nun zu einem Gittergebilde mit rautenförmigen Maschen verflochten. Hierzu muss ein provisorisches Gerüst errichtet werden, das dabei hilft, die Maschen gleichmäßig und das Gitter senkrecht zu halten. An den Überkreuzungsstellen, sofern sie gut verholzt sind, wird durch beide Teile vorübergehend eine dünne Schraube eingedreht. Sie gibt festen Halt, und an diesen Stellen wachsen die Bäumchen nun innerhalb weniger Wochen zusammen. Ohne die Schraube diesen kleinen Zwang, den alle Stämmchen erdulden müssen, und ohne die dadurch hervorgerufene Verletzung, würde die Verwachsung, wenn überhaupt, erst Jahre später stattfinden, für viele der jungen Bäume zu spät!
Hier geschieht nun etwas Wunderbares: Die vorher 1350 Platanen auf der äußeren elliptischen Pflanzlinie vereinigen sich durch ihr Zusammenwachsen an vielen tausend Stellen zu einem einzigen Organismus. Das gleiche geschieht mit den 120 Platanen des inneren Rings, sodass aus vorher 1470 einzelnen Pflanzen zwei große lebende Gebilde geworden sind. An den Verwachsungsstellen fließen die Pflanzensäfte nicht mehr nur in der gewohnten Weise, nicht mehr nur von unten nach oben oder umgekehrt, sondern auch kreuz und quer. Das heißt, dass die starke Wurzel der einen Pflanze jetzt auch die schwachen Triebe der benachbarten mit Wasser und Nährstoffen versorgt, während die saftigen Triebe des nächsten Bäumchens verstärkt Sonnenlicht in die spärlicheren Wurzeln des danebenstehenden schickt.
Ist es nicht das, was auch wir Menschen wollen? Der Starke gibt den Schwachen, auf dass beide Weiterleben können! Ist nicht das die Voraussetzung für wahren Frieden?

In den folgenden Jahren geht es nun darum, das Gittergebilde in die Höhe wachsen zu lassen. Im Idealfall können die Schrauben aus der fertigen Verwachsung des Vorjahres herausgedreht und darüber zur Fixierung neuer Rauten verwendet werden. Gewöhnlich müssen diese aber im Holz verbleiben bis die Kreuzungsstelle auch Bewegungen infolge starken Winds auszuhalten vermag. Auch im Sommer muss am Gitter gearbeitet werden, vor allem deshalb, weil Austriebe starker Pflanzen zurückgeschnitten werden müssen, um schwächeren Pflanzen nicht zu beschatten. Überstarker Austrieb wird bis auf 1 oder 2 kräftige Leittriebe pro Pflanze reduziert.
Bald wird man ein neues Hilfsgerüst brauchen, welches neben dem Fixieren des wachsenden Gitters es auch ermöglicht, in zunehmender Höhe arbeiten zu können. Bis auf etwa 12 m wächst die Hülle des Völkerdoms (das Gebilde auf der äußeren Pflanzlinie) senkrecht empor, die des Herzes( Gebilde auf der inneren Linie) bis auf 10 m. Dafür muss ca. 25 bis 30 Jahre gearbeitet werden. In jedem Winter muss die frostfreie Zeit zum verflechten, anbinden, verschrauben und beschneiden genutzt werden, während in der Vegetationsphase von Frühjahr bis Herbst, wo das Bauwerk belaubt ist , eher Erhaltungsmaßnahmen, Kontrollen und begleitende Arbeiten und Vorbereitungen auf den Winter erfolgen. Eine besondere Aufgabe ist die Ausbildung der Eingangsöffnung. Nachdem links und rechts neben der Aussparung in der Pflanzlinie die Gitterwände bis in 8 Metern Höhe senkrecht empor gezogen wurden, muss der Bogen darüber ausgebildet werden. Die neuen oberen Austriebe werden spitzbogenförmig zusammen geführt, bis die beiden Enden der ellipsenförmigen Gitterwand über der Türöffnung zusammengeführt und zum verwachsen gebracht werden.

Während oben die Trauflinie vervollständigt wird, schließen sich unten infolge des Dickenwachstums die ersten Maschen des hölzernen Gitters. Spätestens jetzt muss man an die Fenster denken. Sobald das Holz um die dafür vorgesehenen Stellen gut verwachsen ist, die Maschen aber noch offen sind, werden die Öffnungen, anders als die Lücke für den Eingang, aus dem Gitter herausgesägt. Zweckmäßigerweise beginnt man damit im unteren Fensterbankbereich schon einige Zeit früher, sodass sich das Entstehen der 9 m hohen Fenster ebenfalls über einige Jahre hinzieht. Die Sägewunden verheilen bei Platanen schnell.
Oben beginnt ab der Trauflinie ein neuer Bauabschnitt. Das Gerüst muss auf die neuen dreidimensionalen Arbeitsbereiche erweitert werden, was einen nicht unerheblichen Aufwand verlangt. Von jetzt an muss man die Vereinigung der beiden Domteile, des Herzes und der Hülle, ins Auge fassen. Das Binden, Flechten und Beschneiden wird jetzt auf die ellipsenförmige Firstlinie hin gerichtet sein. Hier zeigt sich nun, dass sich die Fläche des Geflechts der Hülle verkleinern, der Wachs also durch entsprechendes Zurückschneiden etwas abgebremst werden muss, während man das innere Geflecht des Herzes trichterförmig erweitert.
Nur so kann das Dach entstehen, welches schließlich den ringförmigen Raum überkuppeln soll. Das Äußere soll kleiner werden und das Innere größer. Ähnliches sollten die Menschen zu Gunsten des Friedens auch bei sich selbst anstreben. Das Oberflächliche, das Materielle, die zur Schau getragene Fassade von uns selbst muss schrumpfen. Das Gefühl, die Herzensangelegenheit, die Gewichtung des Wesentlichen im Menschen muss wachsen, damit beides sich finden, sich in Harmonie vereinigen kann.

So bewegen sich die beiden Dachteile des Völkerdom langsam aufeinander zu, bis sie schließlich die gemeinsame Firstlinie erreichen. Dort werden dann die Triebe ebenfalls verbunden und zum Zusammenwachsen gebracht, und der Völkerdom besteht von nun an nur noch
aus einem einzigen Organismus. Die äußere Form dieses Lebewesens ist fertig, doch noch ist das Dach löchrig. Aber mit der Zeit, in welcher man den oberen Neuaustrieb nicht zu stark werden lassen darf, werden auch die Maschen im Dachgeflecht enger, bis schließlich eine geschlossene Holzfläche den Innenraum des Völkerdoms überspannt.
Doch welche Zeiträume sind hier notwendig? Ein solches Denkmal hat es noch nicht gegeben. Es braucht über 30 Jahre für die Wände, 60 Jahre bis zum First und mindestens 80 Jahre, vielleicht auch 100 Jahre bis zum Schließen der letzten Lücken. Genaue Angaben kann niemand machen. Es gibt keine Erfahrungen mit dieser Art des Bauens. Wir müssen sie schon selbst machen und sehr wahrscheinlich etliche Rückschläge und nicht geplante Versuchsarbeiten erdulden. Ebenso ist es mit dem Frieden: Kein Mensch vermag zu sagen, wann endlich Frieden geschlossen wird unter den Völkern, und welche Umwege und Irrwege dazu noch beschritten werden müssen.

Eines aber ist sicher: Wenn der Völkerdom begonnen werden sollte, wenn viele Menschen über viele Jahre daran arbeiten und lernen, die Schwierigkeiten zu überwinden, dann wird er fertig werden. Auch wenn in dieser Zeit Rückschläge eingesteckt werden müssen, wenn man einige Besonderheiten der Konstruktion erst während der Entstehung vorgehenstechnisch löst, wird dieses Sinnbild gelingen. Botanisch und organisatorisch ist die Errichtung des Werks eigentlich kein Problem.
Die Kosten dafür spielen sich irgendwann von selbst ein, weil immer mehr Besucher kommen werden, die Geld zahlen wollen um staunen zu können. Aus Neugierde wird echtes Interesse erwachsen, denn dieses Denkmal verändert sich, wächst empor, wird jedes Jahr prächtiger und schlägt die Betrachter in seinen Bann. Man wird darüber nachdenken müssen, Absperrungen aufzustellen, weil eine zu starke Verdichtung des Bodens durch Betrachter unmittelbar neben den Pflanzen für das noch junge Gebilde schädlich sein kann. Übers Jahr je nach Jahreszeit zeigt sich der Bau in völlig unterschiedlichen Erscheinungen.

Wenn das Dach und die Holzflächen geschlossen sind, wird der Austrieb über dem First nicht mehr entfernt. Mit der Zeit wächst diesem merkwürdigen Gebäude schließlich und endlich auch noch eine richtige Krone, ähnlich der einer frei gewachsenen Platane.
Das Wachstum des Völkerdoms hört natürlich nicht auf. Die Wände werden immer dicker. Die Krone überwächst irgendwann die Marke von 40 Metern und der Austrieb an den unteren Wänden läßt ganz nach. Der Eingang und die Fensteröffnungen werden über weitere Jahrzehnte hinweg immer kleiner. Man könnte sich dazu entschließen, Gewandungen aus Stein oder aus dauerhaftem Holz anzufertigen und in die Öffnungen einwachsen zu lassen, um das Dickenwachstum nach Außen und nach Innen abzuleiten. Da die Stabilität dieser sonderbaren Riesenpflanze die eines einzelnen Baumes weit übertrifft, wird ein Alter von über 1000 Jahren leicht zu erreichen sein.

Der Völkerdom kann Kirche sein, Synagoge und Moschee, Ort des Gebets und der Meditation für alle Religionen und Ort der Ehrfurcht und des Staunens für Menschen ohne Religion. Ebenso sollte er Ort der Musik und der Sprache sein, mit seiner sicherlich einzigartigen Akustik, kurz gesagt Ort des Lebens und des Friedens.

CCR